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Bürger-Rezeption Volltexte 1869-1870
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1869
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Baur, Gustav. Schiller, Johann Christoph Friedrich v. In: Encyklopädie des gesammten Erziehungs- und Unterrichtswesens. Siebenter Band. Gotha. Digitalisiert von Google
[S.596] Pädagogisch wichtiger ist, zu beachten, wie jene ästhetische Reinigung und diese intellectuelle Klärung zugleich mit einer sittlichen Läuterung verbunden war. Es konnte bei Schiller nicht anders sein, da er bei allem, was er that und erlebte, immer mit seinem ganzen Wesen war, seine Phantasie und seine Erkenntnis aus der Verbindung mit seiner Willensthätigkeit niemals heraustraten. Man braucht aber weder die überschwänglichen, sich selbst überbietenden Redensarten der Lauragedichte bei jedem Worte festzuhalten, noch den alten Kohl des Stadtklatsches über den seiner Freiheit auf eine etwas ungeberdige Weise sich bedienenden jungen Regimentsmedicus aufzuwärmen, um zu dem Zugeständnisse sich gedrungen zu fühlen, daß der jugendliche Dichter auch eine sittliche Läuterung bedurfte. Mehr noch als durch die wilden Roheiten der Räuber, wird diese Nothwendigleit durch die nicht selten trivialen Roheiten der Anthologie bewiesen, von welchen Humboldt doch wohl zu milde urtheilt, wenn er meint, sie hätten die Individualität, die Persönlichkeit des Dichters nichts angegangen. Namentlich erinnert das Uebermaß von Anatomie, welches in der Anthologie dem Leser aufgetischt wird, an die bekannte Unart angehender Studiosen der Medicin, welche, nachdem sie auf dem anatomischen Theater ihre ersten Sporen sich verdient haben, es lieben, mit der Erzählung von ihren dortigen Thaten und Erfahrungen den Commilitonen den Appetit zu verderben; und daneben wird nach der Weise Bürgers oft genug die Popularität mit Roheit und Trivialität verwechselt. Aber wie unter all dem Wilden und Wüsten doch auch der hohe und edle Geist des Dichters mannigfaltig sich bezeugte und z. B. ´Eberhard der Greiner´ im Tone echter Vollsthümlichleit gehalten ist; so beweist ganz besonders die Selbstrecension Schillers auch hier, daß er, sobald die Anthologie gedruckt vor ihm lag, auch schon die Stimmung hinter sich hatte, aus welcher sie hervorgegangen war, und daß er mit gehobenem Haupt höheren Zielen entgegengieng. Schiller durfte Bürgern so streng beurtheilen, wie er es acht Jahre später gethan hat; denn den Grundsatz, von welchem diese Benrtheilung ausgieng, hatte er auch zu dem Maßstabe, nach welchem er die strengste Kritik gegen sich selbst übte, und zu der Maxime gemacht, welche sein ganzes poetisches Schaffen bestimmte: ´Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese muß es also werth sein, vor Welt und Nachwelt ausgestellt zu werden. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredlen, zur reinsten, herrlichsten Menschheit hinaufzuläutern, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft, ehe er es unternehmen darf, die Vortrefflichen zu rühren.´ Auch hat er in seiner strengen Kritik dem Beurtheilten in der That eine weit größere Ehre angethan, als nachher A. W. Schlegel in seiner angeblichen Rettung Bürgers, weil Schiller das, was Bürger wirtlich leistete, nur an dem maß, was er nach seiner Begabung hätte leisten können. Unser Dichter selbst aber hat in der Kunst, die ihm Gott gegeben, auch einen göttlichen Beruf erkannt, nach welchem er nicht in den Dienst der schlechten Wirklichkeit sich begeben dürfe, sondern diese zu einem idealeren Leben erheben müße.“
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1869
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H. Allerhand literarische Nova. In: Didaskalia Frankfurt a.M. Digitalisiert von Google
“[4. September] Eine andere Novität, die wir recht dringend empfehlen möchten, ist die neue Ausgabe von Bürger's Gedichten, welche in der Brockhaus'schen Sammlung der deutschen Nationalliteratur vorliegt. Sie ist von Julius Tittmann besorgt, mit großem Fleiß und einem liebevollen Verständniß. Die historische Einleitung bespricht Bürger´s Leben, ein Leben bekanntlich nicht rosenfarbener Natur. Ueberschätzt hat der Verfasser den Dichter auch nicht; kann man doch, ohne ungerecht zu sein, behaupten, daß der Verfasser der ´Leonore' neben Klopstock das größte lyrische Talent Norddeutschlands darstellt, allerdings nicht sein größtes poetisches überhaupt; denn diese Ehre kommt unbedingt Heinrich von Kleist zu und ihm allein. Die kritische Seite von Tittmann's Arbeit ist etwas schwach und unvollständig.“
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1869
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Egger, A. Zur Geschichte der Romanze und Ballade. In: Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien. Digitalisiert von Google.
“[S. 655] Unbeachtet von den Grossen und Edeln in der Literatur sank also die deutsche Romanze immer tiefer, und das Zeitalter Klopstock's und Lessing's sah in ihr wenig mehr als eine
Possenreisserei. Erst die Sturm- und Drangperiode bringt eine bedeutungsvolle Wendung in die Geschichte dieser Dichtungsart. Der nach des Lebens Tiefen strebende Geist der siebziger
Jahre führte zur reinen, grossen Volkspoesie, lehrte zwischen pöbelhaftem und volkstümlichem Ton unterscheiden und gab letzterem wieder Ernst und Würde. Der alles beherrschende französische Geist, der die Gleim´sche
Romanze geschaffen, war mittlerweile durch Lessing ausgetrieben worden; dafür waren Shakespeare und Ossian von ´Albions Küste´ herübergekommen und britischer Tiefsinn beherrschte die Gemüther. Zur Romanze gesellt
sich nun die Ballade, die Tochter Britanniens. Schon 1766 deutet Raspe's ´Geschichte aus den Ritterzeiten´: ´Hermin und Gunilde´ einen Umschwung an. Der Verfasser nennt sie ´eine im ernsthaften Ton von ihm zuerst geschriebene Mordgeschichte´ und Boie hielt sie für die erste deutsche Romanze.
In dem Jahre aber, das die fünfte Auflage der Schiebler´schen Romanzen brachte, d.i. 1773, erschien Herder's epochemachende Abhandlung ´Ueber Ossian und die Lieder alter Völker´. Sie enthält das Verdammungsurtheil über die Richtung, die Löwen eingeschlagen, und den Fingerzeig für den rechten Weg. ´Auch Sie beklagens´, heisst es im zwölften Brief, ´dass die Romanze, diese ursprünglich so edle und feierliche Dichtart, bei uns zu nichts als zum Niedrigkomischen und Abenteuerlichen gebraucht oder vielmehr gemisbraucht wurde: ich beklage es gewiss mit. Denn wie wahrer, tiefer und dauernder ist das Vergnügen, das eine sanfte oder rührende Romanze des alten Englands oder der Provencalen, und eine neuere deutsche, voll niedrigen, abgebrauchten, pöbelhaften Spottes und Wortwitzes, nachlässt. Aber noch sonderbarer ist es, dass fast nur in dieser letzten Gestalt die Romanze uns bekannt geworden zu sein scheint´.
Voll frischer Begeisterung für den vermeintlichen alten Barden Ossian, ausgerüstet mit tiefem Verständnis homerischer Urkraft, erklärt Herder im Verlaufe seiner Briefe das Wesen der
Volksdichtung und erkennt in ihr den allgewaltigen ´Geist der Natur´, der freilich unähnlich ist jenem, den Wieland in Gleim's Romanzen gefunden. Eine englische Balladensammlung: Dodsley's ´Reliques of ancient
Poetry´, bietet ihm den Hauptstoff für seine Erörterungen. Als Beispiel führt er, wahrlich nicht zufällig, ein ´altes, recht schauderhaftes schottisches Lied´ an, das er unmittelbar aus der Ursprache habe. Es ist
die bekannte Ballade ´Edward´: ´Dein Schwert, wie ist's vom Blut so roth!´ Damit hatte er diese Dichtungsart auf ihren volksthümlichen Ursprung zurückgeführt, zugleich aber von ihr Ernst und Würde gefordert. In
dieser Abhandlung, die von britischen Mustern ausgeht, begegnet man auch zum erstenmale dem Worte ´Ballade´ neben Romanze, aber ohne dass ein deutlicher Unterschied festgestellt würde.
Ein Jahr nach Herder's Briefen über Ossian (1774) brachte der Göttinger Musenalmanach Bürger's ´Leonore´ und mit ihr die erste deutsche Ballade im Geiste der Zeit. Der Eindruck war ein mächtiger, der Erfolg ein durchgreifender. Aus dem Vögelein war in der That ein Löwe geworden, und die Welt liess sich durch starke Leidenschaften erschüttern, die der Anakreontiker für die Gesellschaft nachträglich gehalten hatte. Doch alle Schauer des Todtenrittes im Mondenschein waren nicht im Stande, die heitere Romanze zu bannen, und der Verfasser der ´Leonore´ dichtete um dieselbe Zeit seinen ´Raubgraf´, welcher mit seinen Gespenstern und seinem spasshaften Tone nicht über den Löwen´schen Satiren steht.
[S. 657] Der Hauptvertreter dieser Gattung für die Sturm- und Drangperiode blieb jedoch Bürger. In seinem ´Herzenserguss über Volkspoesie´ nennt er Ballade und Romanze die lyrische oder episch-lyrische Dichtart, charakterisiert sie als Volkslied und behauptet, dieser Art gehörten die Lieder vom rasenden Roland, der Feenkönigin, Fingal und Temora, die Ilias und Odyssee an. In der Originalausgabe seiner Gedichte fehlt jede besondere Bezeichnung, weil der Charakter der Dichtungsart für das Gefühl bereits festgestellt war. A. W. Schlegel scheidet zwanzig Balladen und zwei Romanzen. Die letzteren: ´Die Kuh´ (1774) und ´Das Lied von der Treue´ (1785) erinnern durch Ton und Inhalt noch am meisten an Gleim und Löwen, die eine ist sehr einfach, die andere hat einen satirischen Zug. Doch sind ihnen auch einige Balladen verwandt, wie die lustige Legende ´Frau Schnips´ (1777) und der Schwank ´Kaiser und Abt´ (1784). Es ist überhaupt für Bürger charakteristisch, dass bei ihm der Ton der alten Romanze durch Herder's gewaltigen Einfluss nie völlig verdrängt werden konnte. Der Hauptfortschritt seiner Dichtungen liegt in dem bewussten Festhalten eines natürlichen, volksthümlichen Vortrages und in dem massgebenden Einflusse englischer Vorbilder. Fünf seiner Balladen sind direct nach britischen Mustern bearbeitet: Die Entführung, Graurock und Pilgerin, Frau Schnips, Kaiser und Abt, das Weib von Bath, und Graf Walther. Spuren romanischer Einwirkung fehlen. Den Hauptinhalt bildet auch jetzt noch die Geschlechtsliebe, vom zarten Erwachen bis zur zerstörenden Leidenschaft, vom beglückenden Genuss bis zur tödtenden Qual. Nur sieben Balladen behandeln andere Themen. Vorherrschend ist die Form der Erzählung, die manchmal dramatische Bewegung erhält; aber fünf sind rein lyrisch gehalten, wie: Trautel, das Ständchen, Schön Suschen, Molly's Werth, und das Schwanenlied. Rhythmus und Strophenbau wechseln so mannigfaltig nach dem Bedürfnis des Inhaltes, dass daraus kaum ein Charakteristikon für die Gattung zu gewinnen wäre.”
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1869
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Hettner, Hermann. Literaturgeschichte des achtzehnten Jahrhunderts.
“[S.
333] Und blieb Bürger welcher der neuen volksthümlichen Richtung [Minnelied] am rückhaltlosesten folgte, zunächst auch vereinzelt, wenn er der Odendichtung ganz und gar den Rücken kehrte, so war doch kein Einziger
dieser jungen Dichter, der nicht das Streben Bürger's getheilt und gebilligt und nicht neben Klopstockisirenden Oden auch volksmäßige Lieder mit dem von Klopstock verpönten Reim gedichtet hätte. Ja
es ist sogar mit Bestimmtheit auszusprechen, daß es ausschließlich die schlicht volksthümliche Seite war, welche diesen jungen Dichtern das Herz des Volks eroberte und der eigentlich treibende Kern ihrer
fortschreitenden inneren Entwicklung wurde.
[S. 337] Von Anfang an hatte Bürger sich fast ganz dem Klopstock'schen Wesen ferngehalten. Die Ansicht, welche er 1776 als Daniel Wunderlich in seinen
»Herzensausguß über Volkspoesie« (Deutsches Museum Stück 5, Werke. Bohtz 1835, S. 318 ff.) niederlegte, daß die deutsche Muse nicht auf gelehrte Reisen gehen, sondern hübsch zu Hause ihren Naturkatechismus lernen
solle, war der Kern und der Antrieb seines gesammten Dichtens und Denkens, das sich an Shakespeare und ganz besonders an Percy und Herder herangebildet hatte. Bei ihm zeigt sich unter allen Dichtern des Hainbunds
das Volksthümliche am augenfälligsten und am unvermischtesten. Unter dem Druck schwerer sittlicher Lebensirrungen ist Bürger immer in sich unfertig geblieben. Oft ist er noch zopfig und geschmacklos,
oft sogar platt und gemein. Aber eine ächte und ursprüngliche Dichternatur ist er. Das Ziel, das die deutsche Lyrik in Goethe und Uhland und in den besten Schöpfungen Heine's erreichte, ahnte und erstrebte auch er
bereits, ja kam ihm zuweilen sehr nahe. Bürger erwarb sich seinen ersten Ruhm durch den durchschlagenden Erfolg seiner Lenore. Und gewiß wird diese mächtige Dichtung immer zu den köstlichsten
Perlen der deutschen Literatur gezählt werden. Es ist ein Hineintreten in die Tiefe der Gemüthswelt und ein eingreifend lebendiges Vorführen der düsteren Region des Nächtlichen und Gespenstigen, wie es bisher völlig
unerhört war und in so zwingender Plastik immer nur Auserwählten gelingen kann. Daher ist es üblich, Bürger's Stärke vorzugsweise in der Balladendichtung zu suchen; selbst Schiller hat in seiner bekannten herben
Recension diesem Urtheil wesentlich beigestimmt. Gleichwohl ist Bürger grade in der Balladendichtung am unzulänglichsten; so recht der Ausdruck einer noch ringenden Uebergangszeit. Schon Lenore hat trotz aller Macht
und Pracht der Gestaltung ihre sehr fühlbaren Schwächen. Nicht nur in der Form viel Ueberladung der Tonmalerei, die dem schlichten Naturlaut, in welchem allein solche Dinge wirken, widerspricht und den Ernst der
Stimmung in das Spielende herabzieht; auch die Fassung des Grundmotivs selbst erinnert weit mehr an die moralisirende Lehrhaftigkeit des achtzehnten Jahrhunderts als an die innige Sinnigkeit der Volkspoesie. Während
in der alten Sage und in den auf sie bezüglichen Volksliederresten (vgl. Vilmar Handbuch für Freunde des deutschen Volksliedes. 1867. S. 152) die Grundidee das tiefe Leid der Trennung und das unüberwindliche Sehnen
nach dem Ruhen an der Seite des geliebten Todten ist, hat Bürger, der freilich nur sehr vereinzelte Nachklänge der alten Sage kannte, die undichterische Wendung, daß die schmerzvolle Klage Lenoren's als mit Gott
hadernde Lästerung und daher der gespenstige Bräutigam, welcher sie zum Tod holt, als der vom Himmel gesendete Rächer geschildert wird. Und blieben nur die späteren Balladen Bürger's auf der Höhe dieses ersten
genialen Wurfs! Leider aber sind diese, obgleich es auch ihnen nicht an markigen und wahr empfundenen Zügen fehlt, meist nur eine sich unaufhaltsam steigernde Vergröberung in das Platte und Burleske, eine Verzerrung
des Volksthümlichen in das Plebejische. Und dies selbst in Balladen, die nur Bearbeitungen englischer Vorbilder sind. Um dieselbe Zeit, da Herder seine Stimmen der Völker sammelte und in feinsinnigster Weise
übertrug und Goethe den König von Thule und den Erlkönig dichtete, wucherte in Bürger noch unausrottbar die aus der bänkelsängerischen Verwilderung des Volksliedes entsprungene Anschauung, als müsse die Ballade eine
rührende Schauergeschichte oder eine auf rohe Lachmuskeln berechnete Schwankgeschichte sein. Aber unter Bürger's lyrischen Gedichten giebt es Vieles, das sich in Poesie der Empfindung und in Schmelz und
Wohllaut des Verses dem Schönsten anreiht, was deutsche Dichter gesungen. Besonders gilt dies von seiner Liebeslyrik; vorausgesetzt, daß man diese Gedichte in ihrer ersten Urgestalt liest, bevor eine überängstliche
Feile sie abschwächte und verkünstelte. Eine Gluth und Zartheit, eine Lust und glückerfüllte Munterkeit, die unwiderstehlich hinreißt. Er, der die leidvollste Tragödie in sich erlebte, ist weit entfernt von jener
wilden Zerrissenheit, in deren koketter Schaustellung sich die neuere Lyrik so sehr gefällt; nur selten werden diese schmerzvollen Töne angeschlagen, und dann immer nur mit dem tief elegischen Sehnen nach Friede und
Versöhnung.
[S. 340] Von derselben neckenden Innigkeit sind die Sonette an Molly; eine Kunstform, die seit langer Zeit wieder zuerst Bürger versuchte und sogleich mit genialster Meisterschaft
handhabte. Sicherlich war es Bürger's eigene Schuld, daß er nicht zur künstlerischen Reife kam. Zuletzt glaubte er durch Ueberkünstelung der rhythmischen Form ersetzen zu können, was
doch nur Sache einer Umbildung seines ganzen inneren Menschen sein konnte.“
Der
vollständige Beitrag in der ONLINE-BIBLIOTHEK
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1869
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Fallersleben, August Heinrich Hoffmann von. Unsere volksthümlichen Lieder.
“[S. XXIII] Eine Reihe volksthümlicher Lieder, die im Laufe von anderthalb hundert Jahren gedichtet, in Musik gesetzt und gesungen, und in Almanachen, fliegenden Blättern und Sammlungen
verbreitet wurden, habe ich nun verzeichnet und das Jahr der Entstehung des Textes und der Melodie, und die Dichter und Componisten zu ermitteln versucht. Mein Verzeicbniss ist weder vollständig noch überall
genügend, es soll und kann nur ein Versuch sein, der zu weiterem Forschen anregt, und dem Darsteller des wichtigsten Zweiges unserer poetischen Litteratur, der lyrischen Dichtung, neue Gesichtspunkte und sichere
Anhalte darbietet, damit er ein besseres Verständniss eröffnet über das was das Volk sucht und liebt und das was ihm von unseren Dichtern bisher geboten wurde und wird.”
Von Bürger sind enhalten die Titel:
“ 12. Ach, könnt´ ich Molly kaufen 184 Der Winter hat mit kalter Hand die Pappel abgelaubet 260 Ein Pilgermädchen jung und schön 404 Hast du nicht Liebe zugemessen
420 Herr Bacchus ist ein braver Mann 448 Hurre hurre hurre! schnurre, Mädchen, schnurre! 507 Ich sah so frei und wonnereich die Tage mir entschlüpfen
513 Ich träumte, wie um Mitternacht mein Falscher mir erschien. 521 Ich war wol recht ein Springinsfeld 525 Ich will einst bei Ja und Nein 636 Mädel, schau mir ind Gesicht!
657 Mein Trautel hält mich für und für in festen Liebesbanden 672 Mit Hörnerschall und Lustgesang 723 O was in tausend Liebespracht das Mädel, das ich meine, lacht! 772 Schön Suschen kannt´ich lange Zeit
783 Seht mir doch mein schönes Kind! 960 Wer sagt mir an, wo Weinsberg liegt? 981 Wie selig, wer sein Liebchen hat! “
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1869
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Anonym. Das deutsche Theater seit dem Jahre 1850. In: Unsere Zeit. Leipzig. Digitalisiert von Google
“[S. 935] Eine dritte Richtung Mosenthal's ist das Literaturdrama. ´Bürger und Molly oder ein Dichterleben´ war seine erste Studie aus diesem Gebiet, die sich an Otto Müller's Roman
anlehnte. Das Stück hatte einen jungdeutschen Zug, das Schwankende und Zerrissene im Charakter des Dichters trat, mehr Unbehagen als Theilnahme weckend, hervor; die Doppelliebe gehört zu jenen novellistischen
Problemen, die aus der Bühne keinen oder nur einen verwirrenden Eindruck machen. Auf die Bühne gehört eben nur das allgemein Gültige. So konnte das Stück keinen nachhaltigen Erfolg erzielen, so glücklich einzelne
literarhistorische Genrebilder, der Hainbund, die volksthümliche Wirkung der Lenore u.s.w. ausgeführt waren, und so sehr der Dichter, wie in der ´Deborah´, der Handlung durch theatralische Beleuchtungseffecte zu
Hülfe kam.“
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1869
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Schem, Alexander Jacob (Hg). Deutsch-amerikanisches Conversations-Lexicon. Zweiter Band 1869. Digitalisiert von Google.
“[S. 717] Dazu kam Schiller's herbe Recension in der ´Allg. Lit.- Ztg.´ 1791, die ihn tief verletzte (er warf B. Gemeinheit, Mangel an Idealismus und geistiger Reife vor), so daß
dem armen Dulder, von Schulden und Sorgen gedrückt und geistig wie körperlich (durch Auszehrung) gebrochen, der endliche Tod als wahrer Erlöser erschien am 8. Juni 1794. Als Dichter steht B. unbedingt groß da, wenn
auch nicht durchweg classisch, da der Vorwurf Schiller's so ganz unbegründet nicht ist. Liebeslieder, Sonette (die er in Deutschland wieder eingebürgert), und vor Allem seine Balladen, überdieß die allerersten in
deutscher Zunge, sind ausgezeichnet. Die ´Lenore´ ist unübertroffen; mehrere andere stehen ihr nicht unebenbürtig zur Seite, so ´Das Lied vom braven Mann´ und ´Frau Magdalis´ im Rührend-Erhebenden; ´Der wilde
Jäger´, ´Des Pfarrer Tochter ron Taubenhain´ und ´Lenardo und Blandine´ im Erschütternden. Auch im Hexameter leistete er Tüchtiges (Viertes Buch der Aeneis). Ueberdieß gehört er zu den besseren
Sprachreformatoren.”
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1869
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Evans, Edward Payson. Abriß der Deutschen Literaturgeschichte. New-York. Digitalisiert von Google
“[S. 168] Gottfried Aug.Bürger (aus dem Halberstädtischen 1748-1794) gehörte eigentlich dem Bunde nicht zu, stand aber in intimen Beziehungen mit demselben. Er war Sohn eines Predigers;
kam 1762 auf das Pädagogium und 1764 auf die Universität zu Halle, um nach dem Wunsche seines Großvaters, aber gegen eigne Neigung, die Theologie zu studiren. 1768 bezog er die Universität Göttingen, wo er sich der
Rechte befliß und ein wüstes, unsittliches Leben führte. Seine hochbegabte Dichternatur ging durch gedrückte Verhältnisse, Nahrungssorgen und noch mehr durch wildes, leidenschaftliches Treiben und unglückliche
Ehebündnisse rasch und unaufhaltsam zu Grunde. Seine Balladen (Leonore, der wilde Jäger, die Entführung u. s. w.) nach schottischen Vorbildern verfaßt und zum Theil deutschen Sagen entlehnt, sind an dramatischer
Lebendigkeit, Klang und Wohllaut und echter Volksmäßigkeit des Ausdrucks selten übertroffen worden; ´das Lied vom braven Mann,´ ´des Pfarrers Tochter von Taubenheim,´ ´Robert,´ ´das Lied von der Treue,´ ´der Kaiser
und der Abt,´ sind noch populärer und bekannter, als die meisten neuern Gedichte. (Vgl. H. Döring, ´Bürgers Leben,´ Berlin 1826 und Göttingen 1848 ; H. Pröhle, ´G. A. Bürger. Sein Leben und seine
Dichtungen,´ Leipzig, 1856.) Bürger besaß eine liebenswürdige Bescheidenheit und Gutherzigkeit; hatte auch die Sprache und Verskunst in seiner Gewalt wie wenige andere Dichter; konnte aber seine
Gefühle nicht immer zum Ausdruck bringen, wie Göthe in seinen lyrischen Gedichten. Seine scheinbar vom Naturgenie hingeworfenen Stücke waren in der That mit der größten Besonnenheit und sogar mit der Feile der
Kritik sorgfältig gearbeitet. Zuerst hatte er eine ganz falsche Ansicht der Ballade, die von Gleim herrührte, der die spanischen Balladen nachahmte (Vgl. Prutz S. 220); später hat er sie besser gedichtet, indem er
die englischen Balladen von Percy zum Muster nahm. In der ´Leonore´ hat er den Ton dieser Dichtungsgattung am besten getroffen.“
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1869
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Anonym. Literarisches. In: Westermann´s Jahrbuch der Illustrirten Deutschen Monatshefte. Braunschweig. Digitalisiert von Google
“[S. 151] Gottfried August Bürger und Elise Hahn. Von Friedr. W. Ebeling. [...] Abermals eine Rettung und zwar die des vielgeschmähten „Schwabenmädchens,´ Bürger's dritter Frau.
Trotz Allem und Allem geht übrigens aus Ebeling's Schrift hervor, daß Frau Elise Bürger sich nicht die geringste Mühe gab, ihres Mannes Eigenthümlichkeiten zu schonen und ihm eine, treue, verständige Frau zu sein.
Wir glauben es gern, daß sie nicht Hals über Kopf sich dem Dichter antrug und eigentlich anfänglich gar nicht die Folgen ihres Gerichtes an Bürger berechnete, aber eben damit ist auch ihr ganzes Wesen
charakterisirt. Wir glauben ebenso gern, daß die abscheulichsten Verleumdungen ihr Bild in der Oeffentlichkeit besudelt haben, aber sie war eben eine Frau, die ihren Ruf sorgfältiger hätte wahren sollen. Ein
leichtlebiges, talentreiches Wesen, voll Elasticität und Bedürfniß nach Abwechslung, das sich dilettirend in Poesie und Kunst umhertrieb, konnte sie mit dem äußerlich pedantischen, innerlich tiefgemüthlichen Bürger
unmöglich harmoniren. Daß Letzterer in seiner derb germanischen Manier dann den Zwiespalt weiterführte, ist ihm nicht als Schuld anzurechnen. Ueberhaupt: was ist in solchen Fällen Schuld? Die von fremden Händen
benutzte Uebereilung des etwas excentrischen Mädchens führt den Dichter, der im Leben eine Art Philister ist, zu dem unseligen Entschlusse, sich mit Elise zu verheirathen — zwei Naturen, die sich abstoßen müssen,
sollen nun zusammen leben. Elise macht sich die Sache leicht, sucht sich zu zerstreuen, Bürger dagegen sammelt das Gift der Täuschung, bis es zur Eruption kommt. Dann geht Jedes wieder seinen eigenen Weg, aber die
Natur der Verhältnisse bringt es mit sich, daß Elise von der Welt geschmäht und verurtheilt wird, umsomehr, da ihr Talent sie zur Bühne führt und ihr als Künstlerin Triumphe bringt. Wäre ihr Naturell ein sinniges,
echt weibliches gewesen, so würde sie mit Bürger glücklich geworden sein, und wenn dennoch eine Scheidung entstanden wäre und sie hätte ihr Schicksal im Stillen betrauert, so würde das Urtheil vielleicht auch anders
lauten. Sie war am Ende nicht so schlimm wie ihr Ruf, aber Frauen wie Elise Hahn taugen selten für die Ehe.“
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1869
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Ebeling, Friedrich Wilhelm. Satire und Humor außerhalb der epischen und dramatischen Kunstform.
In: Geschichte der komischen Literatur in Deutschland seit der Mitte des 18. Jahrhunderts. Dritter Band. Digitalisiert von Google.
“[S. 305] Meistentheils jedoch ist die Kritik darauf ausgegangen, die Dichtungen, welche an´s Gemeine und Platte streifen, namentlich sich auf dem Terrain der Geschlechtsverhältnisse
bewegen, sehr zu unterschätzen, nicht als volksthümliche anzuerkennen. Für den gemeinsten Janhagel, ist behauptet worden, wäre die ´Historia von der Prinzessin Europa´ gedichtet, in welcher der Mythus den
Hökerweibern und Eckenstehern verständlich und handgreiflich gemacht sei. Nur die größte theoretische Verwirrung lasse es erklären, daß Bürger solche Nichtswürdigkeiten in die Sammlung seiner Werke hätte aufnehmen
können. In ´Frau Schnips´ glaube man ihn auf dem Jahrmarkt, vor dem grünen, rothbemalten Wachstuche stehen zu sehen und, während er unter höchst populairem Schnaken mit dem Stocke hinaufdeutet, die bekannte
Orgelmelodie gehen zu hören. Allein wenn er ein gutes Stück eigenster Natur des deutschen Volkes aus den Gassenhauern unter den Linden des Dorfs, auf der Bleiche und in den Spinnstuben vernehmen wollte, so war es
ganz natürlich, daß er Lieder dichtete, die eben an solchen Orten heimisch werden sollten. Liegt zum Andern in Öbscönitäten und geschlechtlichen Anspielungen eine starke komische Kraft - und ich wüsste nicht was
hiegegen irgendwie Stichhaltiges eingewendet werden könnte - so hat sie auch in der dichterischen Verwendung ihre volle Berechtigung, wenn sie sich von Unfläterei frei hält, welche allemal unpoetisch ist. Goethe
wollte jene vis comica wenigstens aus der Komödie schlechterdings nicht gestrichen sehen.
[S. 306] Jede Derbheit bewegt sich auch im Volksthümlichen, wenn sie nicht die Gestalt des Verbotenen annimmt,
sondern, wie ich schon früher hervorgehoben, das Bcwusstsein seines dualistischen Druckes im Witze enthebt. Uebrigens muß einer gewissen aesthetischen Anschauung Rousseau's Ausspruch vorgehalten werden, daß in den
verdorbensten Ländern und Zeiten die Ausdrücke immer am gewähltesten und die Ohren am strengsten sind. Mag nun immerhin in der ´Prinzessin Europa´ ein auffälliges Liebäugeln des Statthaften mit
dem Verbotenen sittlich verletzen, so wäre es doch ganz entschiedene Heuchelei, den Humor darin verkennen zu wollen, der über Interesse und Verständniß des Pöbels hinausragt. Auch diese Reime entbehren nicht des
geistreichen Colorits und der nationalen Naivetät, welche selbst an seine verwerflichsten Verse noch fesseln. [...] Unbestreitbar steht diese Romanze [Frau Schnips] in jeder Hinsicht höher als die vorige [Europa];
ja sie würde als eine der trefflichsten der ganzen Zeit, welche uns hier beschäftigt, gelten, wenn man vornehmlich das zu weit getriebene Vergleichen mit dem Urbilde bei Seite gelassen. Es ist Bürger nie darum zu
thun gewesen seine fremden Vorbilder zu übertragen, ihnen blos nachzuahmen; er hat sich durch sie zu seinem eigensten Berufe nur anregen wollen und ihre Stoffe in sein unbedingtes Eigenthum verwandelt. Nur wer seine
Dichtungen ausnahmslos so betrachtet, wie sie betrachtet sein wollen, als unmittelbare Erzeugnisse, kann ihnen ganz gerecht werden.
[S. 308] Diesen alten Stoff [Die Weiber von Weinsberg] nun stellte Bürger
mit seiner gewohnten Klarheit des Vortrags und in einem gefälligen und angemessenen Tone dar. Man meint einen alten, überaus muntern und jovialen Volkssänger zu hören, der einem rohen Haufen ein wunderbares
Abenteuer erzählt; doch einen solchen, der zugleich die Aufmerksamkeit des Mannes von feinerem Geschmack und gebildetem Verstande erwecken kann. Er giebt seiner Sprache einen feinen Anstrich jenes Antiken, das man
in den alten Mordgeschichten findet - durch den Gebrauch alter Worte, Wortfügungen und Formen, durch volksmäßige Sprüchwörter und sprüchwörtliche Redensarten -, allein es ist nur ein feiner Anstrich; der Dichter taucht seinen Pinsel nur leise in die Farben der Bänkelsänger, um das Gemälde sprechender zu machen; das Altfränkische wird durch Mischling mit dem Neuen zum Komischen, und dies zum Ausdruck einer scherzhaften Laune, die durch das Ganze hindurch schimmert, und uns verräth, daß wir blos einen verkappten, keinen wirklichen Bänkelsänger hören. Es ist eine vollständige Verkennung des Charakters diese Dichtung und der entsprechend verwendeten komischen Hilfen, in ihr noch etwas Unedles finden zu wollen. ´Der Kaiser und der Abt´ musste selbst bei dem schärfsten Vergleiche mit dem englischen Vorbilde mindestens bestehen, und so ist diese Romanze denn auch allgemein mit dem Gnadenöle der Kritik gesalbt worden.
Alles in Allem erwogen war Bürger Dichter in der höchste Bedeutung des Worts, in der volksthümlichen Lieder- und Romanzenpoesie bis heute noch unübertroffen. Nichts kann ungereimter sein, als
zu behaupten, Schiller habe in der Romanze das Höchste und Unübertrefflichste geleistet. Denn abgesehen von seinem hohlen Pathos geriet er noch weit mehr in das Breite und Nebensächliche als Bürger. Sonst ist nicht
zu leugnen, daß letzterem ungleich bedeutendere Naturanlagen zum Erhabenen und Tragischen innewohnten als zum Komischen, und manche Verirrungen auf diesem Gebiete entspringen aus dem Bemühen, in beiden Befähigungen
seine Leistungen im Gleichgewicht zu zeigen.”
Der vollständige Beitrag in der ONLINE-BIBLIOTHEK
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1869
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Tittmann, Julius. Gottfried August Bürger. In: Gedichte von Gottfried August Bürger. Bibliothek der Deutschen Nationalliteratur.
"[S. XLIX] Bürger´s Balladen wurden von der Härte dieses Urteils [Fr. Schiller 1791] ausgeschlossen, dasselbe konnte eben nur gegen dessen eigentliche Lyrik gerichtet sein.
Schiller gesteht, daß in jener Gattung nicht leicht ein deutscher Dichter es ihm zuvorthun werde. Die Sonette aber nennt er geradezu Muster ihrer Art, die sich auf den Lippen des Declamirenden in Gesang verwandeln,
ein Gebiet der Poesie, das er außer von Bürger nur noch von August Wilh. v. Schlegel betreten zu sehen wünschte.
[S. LI] Schiller´s Kritik war durchaus berechtigt. Wenn z.B. August Wilh. v. Schlegel die
Recension ´eine nach den Gesetzen der literarischen Moral nicht zu rechtfertigende Handlung´ nannte und das Anstößige in Schiller´s eigenen Jugendgeschichten hervorhob, so war er im Unrecht. Jene Anstöße waren
überwunden, und Schiller wollte, daß auch Bürger die seinigen überwinde.
[S. LII] Den Vorwurf Schiller´s, daß in Bürger´s lyrischen Gedichten die von ihren Schlacken nicht befreite Individualität des
Verfassers hervortrete, haben wir noch zu erweitern: die volksthümliche Dichtung soll das subjektive Wesen überall nicht verrathen, der Dichter eines ´Volksliedes´ tritt so sehr zurück, daß nicht einmal sein Name
aufbewahrt bleibt. Die ´Popularität´ der bessern lyrischen Gedichte Bürger´s liegt eben im demjenigen, was Schiller vermißte, im Mangel idealisirter Empfindungen; in ihnen spricht das rein Menschliche derselben mit
seinen Fehlern, Schwächen und Verirrungen, dem Erbtheil aller Sterblichen, allgemein an, da es an eigene innere Erlebnisse anklingt. Die Erhebung, welche nur durch die reine Darstellung des Schönen erreicht wird,
werden sie nimmermehr weder dem Geiste noch dem Herzen bringen. Bürger´s Leben entbehrt aller wirklich poetischen Conflicte, sein Geschick war nicht tragisch, sondern beklagenswerth. Auch in der Liebe zu Molly liegt
kein tragisches Moment; die subjective Willkür hatte über den geregelten Gang des bürgerlichen Lebens gesiegt, Bürger genoß ohne Kampf, und nur das allgemeine Menschengeschick raubte ihm diesen Genuß.
Wo Bürger´s Individualität vor der Macht des Inhalts durchaus zurücktritt, also in der Ballade, da werden auch wir mit vollster Ueberzeugung in das ohne Rückhalt gespendete Lob Schiller´s einstimmen; was
der Dichter in seinem Sinne unter dem Begriff der Popularität gedacht wissen wollte, hat er durch die glückliche Wahl der Stoffe sowol wie durch die Art der Behandlung wirklich erreicht. Freilich hatte er gerade
hier die Kunst der Darstellung an den besten Mustern geübt; eine Anzahl der besten kleinen Dichtungen dieser Art ist der Percy´schen Sammlung in Uebersetzung oder freierer Nachbildung entnommen.
[S. LIV] War
durch Bürger die episch-lyrische Dichtart der deutschen Literatur in ihrer Bedeutung zurückgegeben, so hat er auch durch die Wiederbelebung des Sonetts diese Form für dieselbe neu gewonnen.
[S. LV] Man muß
die Perlen und Edelgesteine seiner Gedanken an ihre besten und liebsten Kleider zu heften und so zu heften suchen, daß es unmöglich ist, sie davon zu trennen, ohne Schmuck und Einfassung zugleich zu zerstören. In
der Taht ist in diesem ziemlich oberflächlichen Vergleiche die Art treffend gezeichnet, wie unser Dichter zu arbeiten pflegte. Gerade die Gedichte, die er selbst am höchsten hielt, gaben davon Zeugniß; die
´Nachtfeier der Venus´ hat ihn sein ganzes Leben hindurch beschäftigt, ehe er dieselbe, seiner Meinung nach in annähernder Vollendung, aus der Hand geben mochte. Das Streben nach vollendeter Wiedergabe eines fremden
Originals mag ein solches Verfahren gerechtfertigt erscheinen lassen; aber unter den übrigen bedeutenden Productionen ist das meiste ebenfalls erst nach einer Reihe von Wandlungen abgeschlossen worden, die nur in
seltenen Fällen eine Vollendung zu nennen ist. Ja, wir dürfen geradezu behaupten, daß die ältern Lesarten den neuen fast überall vorzuziehen sind; [...]
[S. LVI] Dazu kam noch in den letzten Jahren Schiller´s einschneidende Kritik, die Bürger zu größerer Strenge gegen sich selbst mahnte; diese aber setzte er nur in die erhöhte Gewissenhaftigkeit
nach der Seite der Form. Seine Gedichte machen auch in dieser Hinsicht und im kleinen den Eindruck, den wir aus dem Einblick in sein ganzes Leben gewinnen: es haften an ihnen die Spuren einer Unruhe, die zur
Vollendung zu gelangen mit Mühe und doch vergeblich bestrebt ist."
Tittmans Ausgabe von Bürgers Gedichten in der ONLINE-BIBLIOTHEK
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1869
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Goldbeck, Karl. Sprache. In: Schiller-Lexikon. Erläuterndes Wörterbuch zu Schiller´s Dichterwerken. Zweiter Band. Berlin. Digitalisiert von Google
“[S. 347] Die folgenden Seiten sollen in der Kürze, wie sie der beengte Raum noch gestattet, den Laien mit den Hauptgesichtspunkten bekannt machen, unter welchen die Sprache eines
Dichters zu betrachten ist, wenn man sich von derselben, von ihrem Bau, von ihrer Art, von ihrem Werthe eine Vorstellung machen will. Dem einfachen Leser, der an den Werken des Dichters sich zu erholen, zu erfreuen
und auch zu erheben wünscht, scheint zuerst nichts natürlicher, als daß die Sprache dem Dichter eben nur so vom Munde fließt, nach dem Worte, daß dieser übergeht von dem, wovon das Herz voll ist. Gern giebt er zu,
daß Stoff und Plan zu erfinden und zu entwickeln Arbeit des Geistes kosten könne, aber die Sprache? und nun gar die der Prosa? In der Poesie thue ja auch die Begeisterung das Beste, und sind die Verse gar reimlos,
wo sei da die Schwierigkeit? Solche Vorstellungen wird aber vielleicht die Mittheilung erschüttern, daß Bürger seiner Leonore, von der man meinen sollte, sie habe sich etwa in den Schauern einer schlaflos
quälerischen Nacht ans Licht gerungen, monatlange Sorgfalt im Ausarbeiten der Einzelnheiten gewidmet hat, wie die Berliner Sage Aehnliches auch von Heine und dem scheinbar in einem schönen Augenblicke hingehauchten:
´Du bist wie eine Blume´ erzählt. Dabei nährt ferner der Laie, und hier und da auch ein Lehrer, eine ausgesprochene Abneigung, welche auch ihre ästhetische Berechtigung hat gegen das ´Zerpflücken´ der Schönheit
eines dichterischen Ganzen. Doch wird nun einmal auf Erden nichts ohne Mühe und Schmerz geboren, und die Kunst ist weit entfernt, davon frei zu sein, wenn es auch eine Forderung des Kritikers wie des einfachen
Betrachters ist, daß man dem Werke diese Spuren der Sterblichkeit nicht ansehen dürfe.“
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1869
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Klein, Julius Leopold. Das italienische Drama. In: Geschichte des Drama´s. Leipzig. Digitalisiert von Google
“[S. 18] Ganz Italien wäre zu einem solchen Circe-Thierpark verwildert, ohne die von der deutschen Reformation geweckten, von den englischen Freidenkern und Volksschriftstellern des 17.
und 18. Jahrhund. in Schwung gesetzten und in Wissenschaft und Kritik hineingeworfenen, von den französischen Schöngeistern, Oekonomisten und Staatslehrern aufgefangenen und zu Brandfackeln gefachten Lichtfunken,
woran die italienischen Volkslehrer und Staatswesen, im Verein mit einigen verbesserungsfreundlichen aufgeklärten Fürsten, die Leuchten entzündeten, in deren goldenem Scheine das zerstückelte Italien sich zum
Einheitsstaate zusammenfügte, wie der Lichtglanz jener Bauernlampe in Goethe's ´Märchen´, die in Juwelenstücke auseinandergefallene ´schöne grüne´ Schlange wiederherstellt. Hierbei wirkten die poetischen
Geistesfunken ihr gut Theil mit, welche die englische und deutsche Balladenpoesie, Ossian's feuchte Mondstrahlen und Geisterwolken, Young's Nachtgedanken, und die über Stock und Stein hinsausenden und
funkenstiebenden Hufe des schwarzen gespenstischen Rosses in Bürgers Leonore, der italienischen Lyrik im letzten Drittel des 18. Jahrh. und in dem ersten des 19. zuwehten.“
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1869
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Mähl, Joachim. Jean. Lütj Denkmal. In: Stückschen ut de Mus´kist. Zweiter Theil. Altona. Digitalisiert von Google
“[S. 62] ´Jean,´ seggt Johann Bäcker, ´dreg mal en Stück vör!´ - ´Man to! Man to, Jean!´ seggt de Annern, un Jean fangt denn an:
´Knapp´, sattle mir mein Dänenroß, Daß ich mir Ruh erreite! Es wird mir hier zu eng im Schloß, Ich will und muß ins Weite usw.´ -
un dat deklameert he denn ok up en Art so ganz anners, as sünst. “
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1869
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Mähl, Joachim. Stückschen ut de Mus´kist. Erster Theil. Altona. Digitalisiert von Google
“[S. 30] Wa is he nett un sinnig un fein! un he lehrt de Annern örndlich Lebensart, vertellt ehr ut de Zeitungen un deklameert ehr mal en Stück vör: ´Wer wagt es, Rittersmann oder
Knapp,´ oder: ´Knapp´, sattle mir mein Dänenroß,´ oder: ´Leonore fuhr ums Morgenroth,´ oder ´Festgemauert in der Erden´ usw. un makt ehr dat klar un handgrieplich un ogenschienlich mit sin Gesicht, [...]. “
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1869
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Hiemer, Karl. Die unterbrochene Verlobung. In: Leselust für das Volk und seine Freunde. Sechster Band. Augsburg. Digitalisiert von Google
“[S. 171] Der Graf reiste nach Italien. Er wußte nicht, warum. Er konnte nur mit den Worten jenes rastlosen Ritters sprechen: ´Knapp´, sattle mir mein Dänenroß,
Daß ich mir Ruh´ erreite, Es wird mir hier zu eng im Schloß, Ich muß, ich muß in's Weite.´ * Er besaß Alles, was er sich wünschen konnte, nur die Ruhe nicht. Selbst
seine Verlobung mit der holdesten Jungfrau, die er je gesehen hatte, gab ihm die Ruhe nicht, welche er suchte.
*Bürger “
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1869
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Eichrodt, Ludwig. Das geliehene Pferd. In: Lyrischer Kehraus. Fliegendes und Sauser. Lahr. Digitalisiert von Google
“[S. 89] ´Freund, sattle mir dein Dänenroß, Daß ich mir Ruh´ erreite,
Mir ist verhaßt der Menschentroß, Ich such´ das Einsam-Weite,
Beim ersten Frühroth laß´ mich fort, Zur Nacht bin ich zurück am Ort!´ “
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1869
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Eichrodt, Ludwig. Das Menschenlied*. In: Lyrischer Kehraus. Fliegendes und Sauser. Lahr. Digitalisiert von Google
“ [S. 124] In sonderbarer Grille, Gewiesen von der Thür, Mit Büchern die Sybille, Im Gegensatz zum Thier.
Lenore vor dem Grabritt
Mit ihrem Offizier, Der Bürger aus dem Abtritt, Im Gegensatz zum Thier.
Am goldnen Bettelstabe Homer, der blinde Chier, Zeno an seinem Grabe,
Im Gegensatz zum Thier
*Ein kulturhistorisches Gedicht als Schlußpunkt der deutschen Lyrik (in Geselligkeit ausgesponnen)“
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1869
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O. K. Das liebe Vieh. In: Daheim. Leipzig und Bielefeld. Digitalisiert von Google
“[S. 182] Der deutsche Landmann setzt einen point d'honneur in glattes, sattes Vieh, und der deutsche Dichter verschmäht es nicht, dasselbe unter allerlei menschlichen Vorwänden zu
besingen, sei es als ´Lied von der Treue´ oder als ´Frau Magdalis weint auf ihr letztes Stück Brot.´ Auf diese Weise ist manches liebe Vieh in die Classiker aufgenommen worden “
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1869
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Gerberding, W. Rez. Deutsche Poesie mit den vorzüglichsten englischen Uebersetzungen
(German Poetry [...]) Leipzig 1869. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen, Braunschweig. Digitalisiert von Google
“[S. 218] Nur zu oft sind wir bei unserer vergleichenden Lectüre auf unnöthige Abweichungen von dem Gedanken des Originals gestossen, auf willkürliche Veränderung der Bilder, auf
Plattheiten und wässrigen Wortschwall, und manche der Uebersetzungen sind im Versmass und Strophenbau so verschieden von dem deutschen Gedichte, dass der eigentümliche Charakter desselben nicht bewahrt worden ist.
Gleich die an der Spitze des Buches stehende Bearbeitung der Bürger-schen Lenore von Taylor [...], wird von diesen Vorwürfen getroffen, obgleich, wie wir aus einer Anmerkung
(S. 473) erfahren, Walter Scott gestand, dass diese ´incomparable version´ ihm den Entschluss in die Seele gegeben habe, sich ganz der Poesie zu widmen. In durchaus unstatthafter Weise ist die Handlung von
Deutschland nach England und aus der Zeit des siebenjährigen Krieges in die der Kreuzzüge verlegt worden, sodass an die Stelle des Königs Friedrich Richard Löwenherz getreten ist. Es liegt auf der Hand, dass dadurch
das locale und nationale Gepräge des deutschen Originals verloren gegangen ist.
[S. 219] Von demselben Taylor haben wir S. 88 noch eine Uebertragung des Monologs der Iphigenia (Act 1.), die wörtlich und treu,
aber ohne allen dichterischen Schwung ist. Als Uebersetzer Bürger'scher Balladen ist er weitaus übertroffen worden von Rev. W. Skeat, dessen Lay of the brave man (S. 25) in der That vorzüglich gelungen ist und den
Ton des deutschen Meisters oft in vollendeter Weise getroffen hat.“
Der vollständige Beitrag in der ONLINE-BIBLIOTHEK
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1869
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Konzertbericht. In: Signale für die Musikalische Welt, Januar. Leipzig. Digitalisiert von Google
“[S. 91] In München wird jetzt unter Dr. Hans von Bülow's musterhafter Leitung außerordentlich viele, aber nicht minder gute Musik gemacht. [...] Großen Erfolg errangen die
Melodramen ´Schön Hedwig´ von Schumann und ´Lenore´ von Liszt, von Fräulein Johanna Meyer declamirt und von Herrn von Bülow am Clavier begleitet.“
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1869
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Augsburg. Neue Berliner Musikzeitung, 10. März. Digitalisiert von Google
“[S. 83] Concert-Soirée zu milden Zwecken von Herrn Hof-Kapellmeister Dr. v. Bülow: 3te Sonate Op. 49 D-moll von Weber, [...] und Leonore von Liszt und Sonate appassionata
von Beethoven.“
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1869
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Anonym. Zweites Flugblatt der Fortschrittspartei. In: Lindauer Tagblatt, 28. April. Lindau. Digitalisiert von Google
“[o. S.] Die freisinnigen Blätter loben sie deshalb, in der schwarzen Presse geht es grimmig über sie her, aber das Zweite macht ihnen nicht weniger Ehre als das Erste. Denn wie sagt da
Sprichwort? ´Die schlechtesten Früchte sind nicht, woran die Wespen nagen.´ “
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1869
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Anonym. Ein Flugblatt. In: Bayreuther Anzeiger, 29. April. Bayreuth. Digitalisiert von Google
“[o. S.] Die freisinnigen Blätter loben sie deshalb, in der schwarzen Presse geht es grimmig über sie her, aber das Zweite macht ihnen nicht weniger Ehre als das Erste. Denn wie sagt
das Sprichwort? ´Die schlechtesten Früchte sind es nicht, woran die Wespen nagen.´ “
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1869
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Leendertz, P. Geschiedenis der Letterkunde. In: De Navorscher. Digitalisiert von Google
“[S. 399] I ets over citaten, (XVIII, bl. 612). De heer G P. Roos vraagt of het gedichtje: Als u geen lastertong ontziet
Zoo moet gij naar geen reden vragen: Het zijn de slechtste vruchten niet, Waaraan de wespen knagen." niet van Adam Simons is ? Deze nederlandsche vertaling moge
van Simons zijn, oorspronkelijk is het een gedicht van Bürger, te vinden in zijne Sämmtliche Gedichte (Ed. Hempel) bl. 198 en aldus luidende: Trost.
Wann dich die Lästerzunge sticht, So lass dir dies zum Troste sagen: Die schlechtsten Früchte sind es nicht, Woran die Wespen nagen." Velp in Gelderland. Dr. juris LEONARD VAN IJSSELSTEYN. “
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1869
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Anonym. Die österreichische Frage. In: Politische Briefe über Russland und Polen. II. Serie. Lemberg. Digitalisiert von Google
“[S. 175] Angesichts der unausgesezten Angriffe auf Oesterreich, nüzt es ebenso wenig, den Anschein selbstbewusster Kraft, dann Verachtung der Lästerer zur Schau tragen zu wollen, sich tröstend mit dem Heine'schen: ´Je grösser der Mann, desto leichter trifft ihn der Pfeil des Spottes; - Zwerge sind schon schwer zu treffen´; - oder wohl mit dem vom sel. Meidinger reproducirten leidigen:
´Wenn Dich die Lästerzunge sticht, So lass es Dir zum Troste sagen, Wohl schlechte Früchte sind es nicht, An den' die Wespen nagen.´
denn, macht man sich auch die Genugthuung, Grafen Bismark und Fürsten Gortschakoff als ´Wespen´ sich anzusehen, die an Oesterreichs süsser, edler Frucht nagen, - so ist denn doch schon das ´Nagen´ an und für sich, eine bedenkliche Sache, [...]. “
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1869
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Künstlerbriefe aus den Jahren 1809 bis 1844. Xeller an Carl Barth. Biberach, 2. Januar 1810. In: Archiv für die zeichnenden Künste. Leipzig. Digitalisiert von Google
“[S. 20] Noch eine Bitte! Du hast bessere Gelegenheit, dann und wann ein gutes Buch, wohlfeiles Buch zu kaufen. Ich wünschte mir nach und nach so etwas zu sammeln. Es ist gar traurig, nichts zu haben. So verwünschenswerth die Nachdruckerei auch ist, so bin ich doch geneigt, da das Uebel einmal da ist, Gebrauch davon zu machen. Soll darum ein armer Teufel sich den Genuss versagen, zu dem nur Reiche und Dummköpfe das Recht haben? Ich mache einen Unterschied unter diesen und den ächt gelehrten, wissenschaftlichen Männern. Genug! Findest Du Gelegenheit, für wenig Geld etwas Gutes, als Goethe, Schiller, Bürger, Matthison etc., zur Hand zu bekommen, so versäume die Gelegenheit nicht; besonders Schiller's Gedichte, als die Hauspostille der Künstler, besitze ich noch nicht. “
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1869
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Brunner, Sebastian. Die Begräbnißfrage und wie sie ausgebeutet wurde. In: Die Mysterien der Aufklärung in Oesterreich. Mainz. Digitalisiert von Google
“[S. 183] Der Tag zum Exempel ist helle, die Sonne sticht und da stürmen die Gäule aus ihren dunklen Ställen in das reine Tageslicht
hinaus. Hurre hurre hopp hopp hopp! und zerschmetterten alles, was ihnen nur unter die Augen kommt. “
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1869
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Wackernagel, Wilhelm. Papagei. In: Voces variae animantium. Basel. Digitalisiert von Google
“[S. 56] Papagei: plappern; in Baiern der Vogel selber Papperl (Schmeller I, 290. Brentanos Märchen II, 22 fgg.), eine Umdeutung des fremden Namens auf pappern pappeln schwatzen, während das anderswo gebräuchliche Papchen nur eine Abkürzung desselben ist. In Bürgers Papelpapchen (Vogel Urselbst) beiderlei Worte zusammengesetzt. “
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1869
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Ploennies, Wilhelm von. Lips vom Rabenstein.
In: Leben, Wirken und Ende weiland Seiner Excellenz des Oberfürstlich-Winkelkramschen [...], Darmstadt & Leipzig. Digitalisiert von Google
“[S. 72] Allerdings, mein
verwegener Knopf, Sie hätten bedenken müssen, daß Ihr Angriff das gnädige Fräulein und dessen hohe Familie immerhin schmerzlich berührt — aber nennen wir keinen Namen, keinen Namen, wenn ich bitten darf! Sagen wir
die Dame des Erkers, um jede officielle Benennung zu meiden und die Würde des allerhöchsten Hofdienstes ganz aus dem Spiele zu lassen. ´Ich sah nur so hinauf, Herr Rittmeister´ —
Kenne das, guter Knopf. Lenardo sah hin und Blandine sah her — auch haben Sie furchtbare Töne von sich gegeben, fast wie ein Hirsch in der Brunst - - aber es ist jetzt geschehen..
Lassen Sie mich die Sache richtig bezeichnen: Sie haben Angesichts einer allerhöchsten Dame und mehrerer Hof-Officianten, direct vor dem Dienstlocal und vor der Mannschaft der Schloßwache, der
Tochter eines hochverdienten Staatsmannes, oder Staatsdieners, wenn Sie das lieber wollen, unter dumpfem Liebesgebrüll einen pantomimischen Antrag gemacht, und zwar, wie ich leider sagen muß, mit Mißbrauch einer
dienstlichen Stellung in doppeltem Sinne!”
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1869
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Anonym. Carnevalistisches. In: Siebenbürgisch-Deutsches Wochenblatt, Hermannstadt, den 10. Februar. Digitalisiert von Google
“[S. 90] Ohne meine Gedanken mit einem Punkt oder Ausrufungszeichen geschlossen zu haben, war ich mit einer kleinen Nachtragsconfusion im Kopfe eingeschlafen. Um's Morgenroth fuhr ich empor aus
schweren Träumen. ´Suleika!´ stammelte ich und langsam kehrte mir das Bewußtsein wieder zurück.”
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1869
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Kohut, Adolph. Ein Doktorand der Philosophie, als Mann der goldenen Mitte. In: Die Gegenwart, Prag 1. Juni. Digitalisiert von Google
“[S. 103] Uibrigens ersuchen wir Herrn Fr. durch diese unsere Kritik sich in seiner Skriblerei nicht stören zu lassen; sollte selbst hierdurch das schlimme Prognostikon Bürgers in Erfüllung gehen:
Vor Feuersgluth vor Wassernoth Mag sicher fort der Erdball rücken. Wenn noch ein Untergang ihm droht, So wird er in Papier ersticken!
Breslau, den 12. Mai. Adolph Kohut.”
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1869
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M. F. Der Esel als Heirathsstifter. In: Neueste Nachrichten aus dem Gebiete der Politik, Unterhaltungs-Blatt 25.04.
“[S. 386] Quer hinüber ging's im vollen Carriere über die Wiesen, da half kein Haltruf und kein noch so verzweifelter Versuch, den Lauf der Thieres zu hemmen; wie es in der Bürger'schen Eleonore
heißt: ´Und hurrah, hurrah, hopp, hopp, hopp, Ging's fort im sausenden Galopp,
Daß Roß und Reiter schnoben Und Kies und Funken stoben!´ So sauste der verwegene Reiter dahin [...].”
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1869
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Carnevalistisches. In: Siebenbürgisch-deutsches Wochenblatt, 10.02.
“[S. 90] Ohne meine Gedanken mit einem Punkt oder Ausrufungszeichen geschlossen zu haben, war ich mit einer kleinen
Nachtragsconfusion im Kopfe eingeschlafen. Um's Morgenroth fuhr ich empor aus schweren Träumen. ´Suleika!´ stammelte ich und langsam kehrte mir das Bewußtsein wieder zurück.”
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1869
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Lagers Rund- und Heerschau. In: Schweinfurter Tagblatt, 20.10.
“So ist überhaupt es das Loos des Schönen auf der Erde, daß man ihm immer und wo man kann, ein Blättchen anzuhängen sucht. - Doch es sind ja nicht die schlimmsten Früchte, an denen die Wespen nagen!”
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1869
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Anmerkung zu Der Liberalismus und die Priesterherrschaft. In: Tag- und Anzeigeblatt für Kempten und das Allgäu, 26.09.
“Die ´bissige´ Bemerkung des Bucher'schen Jesuiten-Moniteurs, genannt ´Allgäuer Volksblatt´, in Nro.3 desselben, ´tangirt´ uns wenig. Uebrigens scheint uns eine ´Kritik´, wenn sie zutreffend ist, wie die vorliegende, am rechten Platze, ob sie nun in Kempten oder München oder - Passau geschrieben wird; jedenfalls halten wir es für ehrenvoller, der Verdrehung und Lüge mit Wahrheit zu begegnen, als in ächt jesuitischer Weise Politik mittelst der Religion zu treiben. Wir trösten uns mittelst dem Spruche: ´Es sind wohl nicht die schlechtesten Früchte, an denen die Wespen nagen´. D. Red.”
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1869
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Wochenbericht. In: Der katholische Volksfreund, 11.03.
“Kirchliche Rundschau. Wenn das Sprüchwort gilt,
daß diejenigen Früchte nicht schlecht sind, an denen die Wespen nagen, dann müssen die Exercitien für die Frauen und Jungfrauen Regensburgs wirklich etwas besonders Gutes gewesen sein, weil die kirchenfeindlichen
Blätter mit gar so großem Ingrimme und selbst jede Anforderung des gewöhnlichsten Anstandes vergessend über sie hergefallen sind.”
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1869
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WR. Phantasie aus dem Mittelalter. In: Augsburger Neueste Nachrichten, 7. August
“[S. 2328] Da träumte ich
von stolzen Ritterburgen, [...], auf den Burgzinnen lagern die müssigen Knappen und drinn in den Prunkgemächern der Ritter, ihm zur Seite der mächtige Humpen, und dann rollt durch die engen steinernen Gängen die
Donnerstimme des Gebieters und hallt dröhnend durch die Räume: "Auf, Knappe, sattle mir mein Dänenroß!" und dann sprengt der Ritter und sein Troß hinab in das Thal zum festlichen Turniere.”
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1869
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Anzeige. In:
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1869
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Anzeige. In: Constitutionelle Bozner Zeitung 11.03.
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1869
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Anzeige. In: Neues Wiener Tagblatt 26.03.
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1870
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Lewald, Fanny. Für und wider die Frauen. Vierzehn Briefe. Berlin. Digitalisiert von Google
“[S. 89] Neunter Brief. Karlsbad, im Juni 1869.
In der Bürger'schen Leonore heißt es: ´die Todten reiten schnell,´ aber die Lebendigen sind auch schnell geritten in unserer Zeit, und es ist oft originell, zu sehen, in welcher Weise die gegenwärtige Woche die
Fragen, die Voraussetzungen und die Bedenken der ihr vorangegangenen Woche beantwortet.“
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1870
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Hahn, Werner. Deutsche Literaturgeschichte in Tabellen. Berlin. Digitalisiert von Google
“[S. 28] Gottfr. Aug. Bürger, 1748 aus
Molmerswende; Halle, Göttingen; Justizamtmann in Altengleichen; verunglücktes Leben; Prof. der Aesthetik in Göttingen.
Lenore; der wilde Jäger (Balladen). - Lieder; Sonette. - Poet. Erzählungen (der Kaiser und der Abt) “
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1870
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Frankfurter Thalia-Theaters./ L.D. Literatur- und Kunstnotizen. In: Didaskalia, Frankfurt a.M. Digitalisiert von Google
“[Donnerstag,
28. Juli.] Zum Besten der Familien der im Felde stehenden Krieger. Lenore, vaterländisches Schauspiel mit Gesang in 3 Acten von Carl v. Holtei.
[12. Mai]
Man schreibt aus Karlsruhe, den 9. Mai: .Unsere Bühne wird Ende Mai geschlossen; [...] Im Schauspiel haben zur Verjüngung des Personals zwei Wienerinnen gastirt; im Fräulein von Walden ein offenbares, freilich noch
fast in den Kinderschuhen gehendes munteres Talent, und eine junge tragische Liebhaberin, die leider fast gänzlich noch in einem geschraubten Schuldeclamationston befangen ist. Trotzdem soll auch sie engagirt worden
sein. Wenn sich dieß bewahrheitet, so ist dieser erste bedeutendere Schritt der neuen Direction der Bühne aller Voraussicht
nach nicht zum Segen, wie denn auch die Wahl der alten ´Lenore' als erste Neuheit schon sehr befremdet hat.”
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1870
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Prof. S--. Rez. Bürgers Gedichtausgabe von Tittmann. In: Allgemeine Literatur-Zeitung, zunächst für das katholische Deutschland, Wien. Digitalisiert von Google
“[S. 124] Vorliegende neue vollständige Ausgabe der ´Gedichte Bürgers, eines der merkwürdigsten Dichter´ der Deutschen, bildet den 21. und 22. Band der von der Firma Brockhaus in Leipzig
herausgegebene ´Bibliothek der deutschen Nationalliteratur des 18. und 19. Jahrh.´ und empfiehlt sich diese Ausgabe durch mehrere Vorzüge. Da ist vor Allem auf S. I. — LVI. eine auf Grund der neuesten Erforschungen
ausgearbeitete treffliche Biographie und Charakteristik Bürgers, in der namentlich den unstreitig bedeutenden Geistesgaben des Dichters gerechte Anerkennung zutheil wird, ohne aber die ebenso großen sittlichen
Gebrechen des Menschen Bürger und die geistigen Mängel des Dichters Bürger zu verschweigen. Das Urtheil in letzterer Beziehung ist seit Schillers Recension über Bürger in der Jenaischen ´Allg. Literaturzeitung´ v.J.
1791 (Nr. 13 und 14) festgestellt. Großes Verdienst besitzt Bürger um die episch-lyrische Dichtung der Deutschen und um die Wiederbelebung des Sonnetts, das er mit kunstvoller Hand zu gebrauchen verstand. Die
Gedichte selbst sind correkt gedruckt, möglichst chronologisch geordnet, ohne daß jedoch hier (durch Bürgers absichtliche Schuld) Genauigkeit walten kann. Sie sind möglichst vollständig und bieten überdies
´Nachträge´, doch gesteht der Herausgeber ein, ´daß er einigen Stücken die Aufnahme versagen mußte, entweder weil ihr poetischer Werth zu unbedeutend war oder weil dieselben ihres Inhalts wegen zur Veröffentlichung
für die große Leserwelt sich nicht eigneten´, die ´Noten´ bringen Hinweise auf die Quellen einzelner Gedichte und geben überdies bei jedem Gedichte an, wo dasselbe zuerst gedruckt wurde — eine mühselige, doch
dankenswerthe Arbeit. Somit empfiehlt sich diese Ausgabe jedermann und sehen wir dem Fortschreiten des Brockhaus'schen Unternehmens mit Vergnügen entgegen; dasselbe wird zur allgemeinen Verbreitung und Würdigung der
deutschen Literaturprodukte Vieles beitragen. Druck und Ausstattung befriedigen. “
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1870
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Joukoffsky, Wasily Andrejewitsch. Vergleich Bürger - Schiller. In: Karl Johann von Seidlitz, Wasily Andrejewitsch Joukoffsky. Ein russisches Dichterleben.
“[S. 33] Dass Joukoffsky grade mit dieser Ballade [Ljudmila, freie Bearbeitung der Lenore] seinen Anfang in dieser Dichtungsart machte, hing mit dem Unterrichte zusammen, den er, wie wir
wissen, den Töchtern der Frau Protassow gegeben hatte. In einem wahrscheinlich dazu ausgearbeiteten Hefte findet sich eine Vergleichung zwischen Schiller und Bürger, die wir hier anführen wollen. ´Bürger´, so
schreibt er, ´ist in diesem Genre ganz einzig! Er hat den richtigen Ton für diese Dichtungsart: diejenige Einfachheit, wie ein Erzähler sie haben muss. In der Wahl des populären Ausdrucks ist er stets glücklich, er
mag die Natur oder Gefühle malen; er hat etwas Elastisches, Lebendiges in der Diction, passt seine Versmasse genau den Gedanken an. Besonders versteht er das Grausige, wenn es durch finstre, geisterhafte Gestalten
erregt werden soll, wirksam darzustellen. Seine Bilder nimmt er aus der geheimnisvollen Natur einer Welt, welche nicht durch die Phantasie der alten Dichter geschaffen ist, sondern aus dem Reiche des Aberglaubens.
-Schiller ist weniger einfach, seine Sprache hat nicht die anziehende Popularität der Bürger´schen, sie ist aber edler, wohlklingender. Er zeichnet nicht so naturgetreu die Gegenstände, aber er giebt ihnen eine
glänzende Färbung. Bürger wirkt auf die nüchterne Vorstellungskraft, Schiller auf eine Phantasie, welche ihre Bilder durch das Prisma der Poesie in einer künstlichen Form und Färbung anschaut. Schiller´s Sprache ist
durchweg schön, wenn auch nicht so lebhaft; die Vollkommenheit des Ganzen verdeckt die Mängel der Theile. Schiller ist Philosoph - Bürger einfacher Erzähler, der sich um Nebensachen wenig bekümmert.´ Das war
geschrieben 2 Jahre nach Schiller´s Tode.”
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1870
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Anonym. Correspondenz aus Rom. In: Beiblatt zum Kladderadatsch, 2. Januar Digitalisiert von Google
“Wir befinden uns also
glücklich mitten im Oecumenlichen. Die Eröffnung war - wie die des Suez-Kanals über alle Beschreibung großartig. Ein Heidengeld war auch hier auf die Decoration der Räumlichkeiten verwendet worden. Als nun gar im
Moment, da Alles seinen Sitz eingenommen hatte, die 500 Mann - nein! 500 Castraten starke päpstliche Kapelle das feierliche Lied des Kirchenvaters Gottfried August Bürger:
´Wer in schnöder Wollust Schooß´ u. s. w. anstimmte, da blieb wohl kein Cardinalsauge trocken. “
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1870
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Bernays, Michael. Ein kleiner Nachtrag zu Bürgers Werken. In: Archiv für Litteraturgeschichte
“[S.
110] Er [Bürger] hat in dieser Arbeit alle rohen Elemente seiner Dichternatur gewissermassen concentrirt. Die Erhabenheit der Tragödie scheint ihm wenig Ehrfurcht einzuflössen; ohne Scheu dringt er mit seiner
Individualität in das Reich der Shakespearschen Poesie vor. Er hat nicht gelernt, sich dem Dichter mit Freiheit unterzuordnen; er meistert den Meister; die Scheckensschauer, die der britische Poet hervorgerufen,
sind ihm noch nicht wirksam genug; er sucht sie mit seinen eigenen Mitteln zu überbieten. Hier wird, zwecklos und unvernünftig, die Reihenfolge der einzelnen Scenen gestört; dort wird ohne Noth, dem Werk etwas
genommen, und dort gar, gewiss ohne Noth, dem Werk etwas hinzugefügt. Bürgers Phantasie, die sich leider nur zu oft, indem sie das Volksmässige zu ergreifen glaubte, am Gemeinen behagte, gibt sich in diesem Behagen
vielleicht nirgends rücksichtsloser hin, als in einigen Hexengesängen, die er selbständig erfunden und der Tragödie Shakespeares einverleibt hat.”
Bernays Meinung zu Bürgers Macbeth-Bearbeitung in der ONLINE-BIBLIOTHEK
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1870
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Dr. Carl Loewe´s Selbstbiographie. Für die Öffentlichkeit bearbeitet von C.H. Bittner, Berlin
“Die Mutter und zwei Schwestern spannen
in diesen Abendstunden. Die ältere [in den 1780er Jahren geborene] war mir besonders dadurch interessant, dass sie die damals ganz neuen Bürger´schen Balladen auswendig konnte. Diese Dichtungen machten auf uns alle
einen grossen Eindruck. Im Geiste des Volkes waren sie geschrieben, das Volksleben hatte sie erfasst und bis in unser Bergstädtchen getragen. Besonders ´Des Pfarrers Tochter von Taubenhain´ musste die Schwester
mir immerfort wiederholen; auch Stolbergs Büssende liebte ich sehr.”
[Besonders merkwürdig: der Komponist vieler bekannter Balladen hat nicht ein einziges Werk von Gottfried August Bürger vertont! - K.D.]
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1870
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Bäßler, Ferdinand. Ueber die Sage vom ewigen Juden. Berlin. Digitalisiert von Google
“[S. 23] Es hat der ewige Jude auch mit seinen
übrigen Sängern kein sonderliches Glück gehabt. Denn Niemand wird den Heißhunger, womit das deutsche Publicum Eugen Sues gleichnamigen Roman zu seiner Zeit verschlang, dafür rechnen wollen. Keinem, weder Schubart,
noch Aloys Schreiber, noch Lenau, noch Julius Mosen ist es gelungen, ihn in einer Dichtung uns vorzuführen, die im Herzen unsers Volkes sich eingewurzelt hätte, wie etwa Bürgers Lenore, wiewohl man anerkennen muß,
daß Friedrich Wilhelm Schlegels meisterhafte Ballade ´die Warnung´ eines solchen Erfolges nahezu Werth gewesen wäre. “
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1870
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Anonym. Die Geheimnisse Indiens. In: Neue Didaskalia, 27. April. Digitalisiert von Google
“[S. 109] Kaum hatte die Unbekannte diese
Worte gesprochen, als Sangor schon im Garten war und sich auf das Pferd geschwungen hatte. Er flog dahin in die schweigende Nacht, eine phantastische Erscheinung, mit einer Geschwindigkeit, wie der gespenstige
Reiter in Bürgers Leonore. “
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1870
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Weidmann, F. C. Concert im Kärntnerthortheater in Wien 1828. In: Sophie Schröder wie sie lebt im Gedächtniß ihrer Zeitgenossen und Kinder. Wien. Digitalisiert von Google
“[S. 174] Es erübrigt uns nur noch, von einer der glänzendsten Leistungen dieses Abends zu sprechen, und dieß ist die Declamation von Bürgers ´Leonore´ durch die k. k.
Hofschauspielerin Madame Schröder. Referent bekennt, sich darüber in einiger Verlegenheit zu befinden, denn die Leistung ist so colossal, so der tiefsten innigsten Beachtung und Zergliederung würdig, daß der Raum
eines Referates, wie es in unseren Blättern gewöhnlich ist, nicht zureicht, auch nur die allgemeinen Grundzüge einer solchen Erscheinung zu bezeichnen. Referent war von jeher der Meinung, daß, besonders in der
Declamation, Madame Schröder durchaus unüberboten und einzig sei. Wer ihren Vortrag von Schillers ´Glocke´ hörte, wird ohne Zweifel dieser Ansicht beistimmen. Die heutige Declamation, womit die Künstlerin das
Publicum enthusiasmirte, dürfte ein neuer Beleg dafür sein, und durchaus eine neue Erscheinung in diesem Kunstzweige genannt werden. Wie mit einem Zauberstabe weckte die Künstlerin durch die Macht und den Klang
ihres herrlichen Sprachorganes, durch die zweckmäßigste Malerei des Ausdrucks und ein hinreißendes Feuer des Vortrages alle Gefühle im Herzen der Zuhörer. Unser Auge füllte die Thräne des Mitgefühls bei Leonorens
Jammer, ein leiser Schauer überrieselte den Hörer bei dem entsetzlichen Auflehnen der Verzweifelnden gegen die unbegreiflichen Wege der Vorsehung. Wie eine Ahnung des Geisterreichs erschloß sich uns das Erscheinen
Wilhelms, die Einladung zu dem ´Ritt von hundert Meilen´, immer schauerlicher sich verwirklichend bei dem spukhaften Walten während des Rittes. So wechselten alle Empfindungen, als ob ein scenisches Bild über die
Bretter ´welche die Welt bedeuten´ schritte. Und was bewirkte diesen Zauber? Nichts von alle den äußeren Mitteln, welche die lebensvolle dramatische Kunst aufbietet, uns in ihren Erscheinungen das Leben und seine
unendlichen Gefühle zu versinnlichen: eine Künstlerin allein, blos über den Zauber der Rede mit der Urkraft des Genies den Herrscherstab schwingend, riß uns in diesen magischen Kreis, und bewährte dadurch abermals
die hohe Meisterschaft ihres Talentes. Der Beifall war der Leistung angemessen. Madame Schröder war bereits bei ihrem Erscheinen mit dem rauschendsten Applause begrüßt worden. Als die Declamation geendet war, brach
der, durch die lautloseste Aufmerksamkeit, welche die Künstlerin zu fesseln wußte, gebannte Beifall mit verdoppelter Macht hervor, und Madame Schröder wurde zweimal gerufen.“
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1870
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Weber, Carl Julius. Die weibliche Jugend oder das Geschlecht. In: Demokritos oder hinterlassene Papiere eines lachenden Philosophen. Berlin. Digitalisiert von Google
“[S. 219] Unser unsterblicher Geist und seine Stärke und Schwäche hängt gar sehr beim Manne von dem ab, was ihn zum Manne macht, und so auch beim Geschlecht von Gebärmutter.
Eierstock und der Monatskrankheit, womit die Natur das männliche verschont hat. Wer weiß, ob Elisabeths preiswürdige Regierung mit der Hinrichtung der schönen Maria Stuart befleckt wäre, wenn ihr das Todesurtheil
acht Tage früher oder später vorgelegt worden wäre? Es ist bekannt, daß die schönsten Fräuleins oft recht blaß drein sehen, aber die schönsten rothen Wangen bekommen, sobald sie aufs Stroh gelegt werden, wie die
Borsdörfer, auf dem sie ohnehin Bürgers Lenore fast täglich spielen. Lenore fuhr ums Morgenroth Empor aus schweren Träumen: Bist untreu, Wilhelm, oder todt?
Wie lange willst du säumen? Das weibliche Geschlecht ist für leichte und schnelle Eindrücke weit empfänglicher, keine Sorge der bürgerlichen Welt zerstreut und drückt sie, wenn es nur in der häuslichen gut
steht, und daher sind ernste, finstere, gelehrte Wesen Monstrositäten, die jedoch nicht die Natur machte, sondern die Gesellschaft.“
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1870
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Grein, C. W. M. Amphibrachische Verse. In: Anfangsgründe der deutschen Grammatik. II. Verslehre. Marburg und Leipzig. Digitalisiert von Google
“[S. 202] Die amphibrachischen Verse (§. 177), die man gewöhnlich unter den deutschen Versen als für muntere Erzählungen angewandt und geeignet anführt, bedürfen keiner besonderen Darstellung, da
sie sich auch als anapästisch und daktylisch meßen laßen (vgl. §. 231); z. B. Bürger der Kaiser und der Abt: Ich will euch erzählen ein Märchen gar schnurrig:
Es war mal ein Kaiser, der Kaiser war kurrig; Auch war mal ein Abt, ein gar stattlicher Herr: Nur schade, sein Schäfer war klüger als er. etc. des Pfarrers Tochter von Taubenhain:
Im Garten des Pfarrers von Taubenhain Gehts irre bei Nacht in der Laube. Da flüsterts und stöhnts so ängstiglich; Da rasselt, da flattert und sträubet es sich,
Wie gegen den Falken die Taube, etc. und Lied von der Treue: Wer gern treueigen sein Liebchen hat, Den necken Stadt Und Hof mit gar mancherlei Sorgen.
Der Marschall von Holm, den das Necken verdroß, Hielt klüglich deswegen auf ländlichem Schloß Seitweges sein Liebchen verborgen. “
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1870
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Sicherer, Carl August Xavier Gottlieb Friedrich. Holland zur Zeit des Schlittschuhlaufens. In: Lorelei. Plaudereien über Holland und seine Bewohner. Zweiter Theil. Leiden.
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“[S. 48] Als es auf vier Uhr ging und Essenszeit wurde, brach ich auf, kehrte aber nicht, wie ich gekommen, auf dem Eise, sondern per Diligence nach dem
Haag zurück. Denn als ich von meinem Stuhle mich erhob, fühlte ich mich von der gehabten Erschütterung, wie weiland Frau Magdalis, ´an jeglichem Gliede zerschlagen.´ - Und damit war mein holländisches ijsvermaak zu
Ende.“
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1870
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Börnstein, Heinrich. Ein Seesturm auf dem Lago maggiore. In: Italien in den Jahren 1868 und 1869. Erster Band. Berlin. Digitalisiert von Google
“[S. 41] Leben Sie wohl, - ich flüchte in's Bett und lege Plaid, Waterproof-Röcke und was ich finde, auf mich. - Gute Nacht! Wenn ich diese Nacht nicht erfroren bin, sollen Sie morgen Weiteres von
mir hören. Bis dahin - Geduld - Geduld! ´Wenn's Herz auch bricht. - Mit See und Stürmen had´re nicht; Das ´Heute´ sind wird ledig, Gott sei zu ´morgen´ gnädig.´
Puh! Der Sturm bläst mir beinahe das Licht aus.“
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1870
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Masius, Hermann. Litteraturgeschichtliche Notizen. In: Deutsches Lesebuch für höhere Unterrichts-Anstalten. Dritter Theil. Halle. Digitalisiert von Google
“[S. 677] Bürger, Gottfried August, geb. 1. Jan. 1748 zu Molmerswende, stirbt 8. Jun. 1794 als (unbesoldeter) Professor zu Göttingen. Seiner glänzenden Begabung fehlte das harmonische
Gleichgewicht. Sinnlichkeit und Einbildungskraft überwogen in seinem Dichten und Leben, und überlieferten ihn einem tragischen Geschick. Der erste und einer der größten Balladendichter Deutschlands. Seine Sprache
voll hinreißender Musik. ´Wie wenn das Ange ein unbekanntes holdes Land erblickt, so ist es dem Bürgers Werke lesenden Deutschen; freudig überrascht sieht er seiner Sprache ungeahnte Schönheit´ (Ludwig von Baiern). “
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1870
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Horst, Klotilde von der. Klopstocks Nachfolger. Der Hainbund. In: Geschichte der deutschen Literatur, Dritter Theil. Detmold. Digitalisiert von Google
“[S. 104] Ueber Bürgers dichterische Begabung und über den wohlthätigen Einfluß, den er auf die deutsche Literatur ausgeübt hat, herrscht wohl auch bei der schärfsten Kritik kein Zweifel mehr. Er
war es, der Herders Ideen über die Volkspoesie zuerst durch die That in's Leben rief, er war es, der mit allen Kräften die in Schulzwang gebundene Poesie zur Wahrheit und Natur zurückzuführen strebte, er war es
endlich, der das Sonett, welches seit Gottsched ganz vergessen schien, durch seine meisterhafte Behandlung wieder erweckte. Er wird daher für die Literaturgeschichte stets wichtig bleiben, sowohl durch den Einfluß,
den er mit seinen volksmäßigen Dichtungen auf Andere übte, als auch durch diese Dichtungen selbst, die, namentlich die Balladen und Sonette, zu dem Bedeutendsten gehören, was die deutsche Poesie aufzuweisen hat.
Erstere, einzelne weniger gelungene ausgenommen, sind bis jetzt an Klang und Wohllaut noch nicht, nicht einmal von Schiller, an wahrer Volksmäßigkeit der Behandlung und des Ausdrucks nur von Goethe übertroffen. Aber
wenn auch Bürger ein Dichter in der eigentlichen Bedeutung des Wortes ist, so weht doch in seinen Poesien, auch den gelungensten, von den in´s Frivole und Lüsterne fallenden gar nicht zu reden, etwas, was unangenehm
berührt, ein Hauch des Unedlen, um es gelinde auszudrücken. Das schöne Wort, welches Goethe über Schiller sagte: Und hinter ihm, in wesenlosem Scheine,
Lag, was uns alle bändigt, das Gemeine könnte man auf Bürger umgekehrt anwenden, ihn beherrschte das Gemeine mehr wie Andere. Dies Unedle in seinen Dichtungen lag ebensowohl in seinen
Charaktereigenschaften, die unläugbar neben der größten Biederkeit und Herzensgüte, Leichtsinn und Sinnlichkeit waren, als auch in seiner einseitigen Auffassung der Herder´schen Ideen über Volkspoesie. Herder sagt
ganz richtig, daß keine Poesie echt und innerlich gesund sei, die nicht aus dem Leben und dem Ideenkreise des Volkes hervorgegangen ist, aber der Volksdichter soll nicht, wie Bürger diesen Ausspruch auffaßte und in
manchen seiner Poesien verwirklichte, nur für die Fassungskraft der Masse des Volkes schreiben, sondern den Abstand, der nach und nach durch Kenntnisse und Cultur zwischen den Gebildeten und dem Volke entstanden
ist, durch seine Kunft aufheben, und ebensowohl für den gebildeten Geschmack des Kenners, wie für den natürlichen des Volkes schreiben. Eine der schwierigsten Aufgaben der Poesie, die zu jeder Zeit nur dem größten
Genius zu lösen gelingen wird. Das aus den berührten Gründen entstandene Unedle in Bürgers Poesien war es auch, was Schiller in der berühmten Recension der Bürger´schen Gedichte tadelt (Allgemeine Literaturzeitung von 1791). Diese Recension, deren Grundgedanke war, daß kein noch so großes Talent dem einzelnen Kunstwerke verleiht, was dem Schöpfer desselben an sittlichem Werthe gebricht, und daß Mängel, die aus dieser Quelle entspringen, selbst die Feile nicht wegnehmen kann, war für Bürger, der, als sie erschien, von Unglück gebeugt und von Krankheit geschwächt daniederlag, ein harter Schlag, da sie ihn weniger als Dichter, denn poetisches Genie spricht ihm Schiller darin nicht ab, wie als Mensch angreift; aber Recht hatte Schiller damit, und man kann dieser Recension nur beipflichten, wie Jeder selbst finden wird, der die Gedichte und die Recension mit Aufmerksamkeit liest, obgleich manche spätere Kritiker Schiller zu widerlegen suchten.
Das angeführte Urtheil gilt von allen Bürger´schen Gedichten, sowohl den Liedern, die Liebeslieder an Molly mit eingerechnet, als den Episteln, Epigrammen, Balladen und Romanzen, ernsten wie
scherzhaften Inhalts. Am freiesten davon sind die Sonette und die Balladen: ´Lenore´, ´Der wilde Jäger´, ´Robert´, ´Das Lied vom braven Mann´, ´Das Lied von Treue´, ´Der Kaiser und der Abt´, sowie die Allegorie:
´Das Blümchen Wunderhold´, die Legende: ´St. Stephan´ und noch einige.
[S. 106] Außer als Dichter machte sich Bürger auch als Uebersetzer und prosaischer Schriftsteller auf ästhetischem Gebiete bekannt. Er
übersetzte Bruchstücke von Homers ´Ilias´ in Jamben und in Hexametern, sowie noch einige Bruchstücke aus griechischen und lateinischen Dichtern, die ihn, hätte er eine der Uebersetzungen vollendet, wohl den besten
Uebersetzern der Alten gleichstellten. Auch aus dem Englischen übersetzte er Shakspeare's: ´Macbeth´, und einzelne Proben Ossianischer Gedichte in Prosa.
Seine prosaischen Aufsätze über Volkspoesie, deutsche Sprache, Reim u. s. w. enthalten manches recht gelungene. “
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1870
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Friesen, H. Freiherr von. Wie soll man Shapespeare spielen? Ein Fragment. In: Jahrbuch der deutschen Shakespeare-Gesellschaft. Berlin. Digitalisiert von Google
“[S. 176] Sie reden von einer Kinderschule, liess sich der ungeduldige Enthusiast wieder vernehmen. Ich sehe nicht ein, was unsere Schauspieler davon gebrauchen könnten, da sie doch
meistenteils schon als gebildete Leute die Bühne betreten. Aus der Schule sind sie doch alle entlassen und haben schon reden gelernt, ja sind wahrscheinlich schon wohl unterrichtet in der Kunst des Declamirens.
Bei diesem Worte verzog sich das sonst ruhige Gesicht unseres alten Freundes zu einer ihm sonst fernstehenden Bitterkeit. Sie sprachen da ein Wort aus, hob er nach einer Pause wieder an, das, ich muss
es zu meiner Schande bekennen, mir immer ein unheimliches Grauen, fast wie Cholera, schwarzer Tod, oder sonst eine Seuche erregt. Sie haben es nicht gleich mir erleben können, wie diese wunderbare Kunst aufkam. Ich
befand mich noch auf der Schule, in einer der unteren oder mindestens mittleren Classen, als ein begabter Bäckergeselle, mit Namen Solbrig, im Lande umherzog und mit seinen declamatorischen Vorstellungen Wunder
wirkte. Er wurde auch uns Jungen als Muster aufgestellt und musste zu dem Ende in den Räumen der Schule eine Vorstellung geben. Nun bemeisterte sich der lebhafteren Gemüther unter uns eine wahre Wuth des
Declamirens. Die längsten Balladen Schiller's, - selbst sein Lied von der Glocke, - waren uns nicht zu lang, um sie als die geeignetsten Gegenstände der neuerlernten Kunst unserm Gedächtniss einzuprägen. Es war eine
Lust, wie wir diese Gedichte mit einem leicht angefachten Feuer in erhabenen Tönen vortrugen, und ich läugne nicht, dass auch ich von diesem Miasma angesteckt wurde. Aber wie tief war ich beschämt, als ich im
Verlauf der Zeit erlebte, dass dieselbe Kunst von Knaben und Mädchen weit untergeordneterer Bildung mit kaum geringerem Erfolg geübt wurde. Auch in den kleinsten Städten kam es zu declamatorischen
Abendgesellschaften, und ich hörte in einer derselben einen Beutlergeselleu den Handschuh von Schiller salbungsvoll declamiren, ein hoffnungsvoller Schornsteinfeger-Lehrling war kat´antiphrasin auf den Taucher
verfallen, dazwischen wimmerte uns eine engbrüstige Nähterin die Würde der Frauen vor, und eine wohlbeleibte Küchengehülfin verherrlichte heroisch die Kindesmörderin. Als ich mich unter meinen Genossen genauer
umsah, bemerkte ich auch bald, wie wenig dazu gehörte, die Fülle der Töne und den schwungvollen Rhythmus, worin Schiller Meister ist, zur genügenden Befriedigung vorzutragen, wenn man es in der Betonung nicht
überall genau nahm und die Tiefe seiner Poesie kaum annähernd fasste. Sonderbar, dass die Bürger´schen Balladen der allgemeinen Misshandlung weniger ausgesetzt waren, nur die Entführung und das Lied vom braven Manne
mussten sich zuweilen ähnlichen Unglimpf gefallen lassen. “
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1870
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Schachl, H. Die Baukünstler unserer Vögel. In: Jagd-Zeitung. Wien. Digitalisiert von Google
“[S. 285] Aus der Familie der Rohrsänger
möge die Beschreibung vom Neste des durch Bürgers Frau Schnips sprichwörtlich gewordenen Rohrsperlings, eigentlich Teichrohrsänger oder wissenschaftlich Calamoherpe arundinacea genannt, hier folgen.“
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1870
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Wissenschaftliche Beilage der Leipziger Zeitung No. 73 vom 11. September. Digitalisiert von Google
“[S. 360] Dresden, Anfang Sept.
[...] Novitäten kamen in der letzten Zeit nicht zur Darstellung, und von neu einstudirten Werken ist nur Carl v. Holtei's ´„Lenore´ zu verzeichnen. Dieses Schauspiel mit Gesang (Musik von Carl Eberwein) war hier
seit drei Decennien vom Repertoir verschwunden. Wenn dasselbe von Neuem zum Leben erweckt wurde, so mag bei der Wahl weniger der künstlerische Werth des Stückes, als vielmehr der Umstand maßgebend gewesen sein, daß
der Inhalt von ´Lenore´ an vielen Stellen der Tagesstimmung entgegenkommt, und so fand denn auch das Werk eine sehr beifällige Aufnahme.“
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1870
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Anzeige. In: Regensburger Anzeiger vom 25. März. Digitalisiert von Google
“Concert am 2. April 1870 von Käth'chen Rabausch, [...]
Programm [...] 8. Lenore. Ballade von Bürger mit melodramatischer Klavierbegleitung Liszt “
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1870
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Gottschall, Rudolf. Der Geist der Dichtkunst. In: Poetik: Die Dichtkunst und ihre Technik. Erster Band. Breslau. Digitalisiert von Google
“[S. 82] Man kann z. B. nicht an die Eiche denken, ohne sich an Manneskraft und deutsche Gesinnung erinnern zu lassen. Aehnlich geht es mit der Rose, dem Veilchen, dem Vergißmeinnicht! Von
Goethe's ´Röslein auf der Haiden,´ von Bürger's ´Blümchen Wunderhold,´ von der blauen Blume des Novalis, der Zauberblume der Romantik bis zu den fleurs animées der neuen Miniaturlyrik haben Blumen aller Art in den
dichterischen Rabatten gewuchert.“
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1870
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Saphir, Moritz Gottlieb. Das Pfänderspiel in der Paniglgasse und der Humorist vom Thury. In: Ausgewählte Schriften, Erster Band. Brünn und Wien. Digitalisiert von Google
“[S. 160] Mit Stolz bemerkte ich, daß Pamela eine Art von imposanter Macht in der Gesellschaft war. Es war die Gewalt der Bildung, die Obermacht der Belesenheit! Pamela wußte
den Monolog: ´Lebt wohl, ihr Berge,´ und den andern: ´Eilende Wolken, Segler der Lüfte,´ auswendig; Pamela deklamirte die ´Pfarrerstochter von Taubenhain,´ und wußte mehrere Stellen aus ´Menschenhaß und Reue,´
´Ahnfrau´ und ´Tasso's Tod´ zu citiren;[...]. “
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1870
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Anonym. Feuilleton. In: Süddeutscher Telegraph, 10. September. München. Digitalisiert von Google
“[S. 7] Theater. Dienstag 6,
September: Neu einstudirt Holtei's L eonore. Es sind 25 Jahre beiläufig verflossen, seit der letzten Aufführung dieses Stückes auf der Münchener Hofbühne. Wir wollen über die Wahl des Stückes nichts sagen, und uns
nur auf einige Bemerkungen über den Werth desselben beschränken. Der Hauptinhalt, (der tragische) ist der Stoff von Bürgers ´Lenore,´ im Holtei'schen Stück in den letzten Aufzügen benützt. - Was vorhergeht, ist eine
dazu verfertigte Einleitung; der Schluß erscheint uns nicht als organisch dem Anfang entwachsen, sondern mechanisch angeschweißt. Der Stoff ist für eine Ballade passend, durch und durch, wie es Bürger beweist, aber
nicht für ein Drama. Die Epik kann mehr und weniger als das Drama. Der Tod Wilhelms ist undramatisch, hätte Bürger eine ähnliche Scene seiner ´Lenore´ vorangeschickt, er hätte sie gebrauchen und gestalten können,
denn der Held im Epos kann den Tod schuldlos erleiden, durch das Verhängniß demselben geopfert; nicht so der Held des Drama's. Dieses fordert Willensfreiheit in den Schranken der sittlichen Weltordnung, und die
durch diese Freiheit bedingte Schuld; dann ist der ganze Schluß, den Holtei ganz und gar, oft bis auf die Worte nach der Ballade gedichtet hat, ein unkünstlerischer. Er wirkt durch keine Katastrophe, die uns tief
innerlich ergreift, es ist nur ein Kitzel des Schauerlichen, der eine empfindsame Nahrung zur Folge hat. Man könnte diese Holtei'sche ´Lenore´ zur Schenk'schen ´Henriette´ legen. Was die Aufführung betrifft, war
dieselbe sehr ungleich. Die Titelrolle hatte Frln. Johanna Meyer. Den Theil bis zum Abschied von Wilhelm spielte sie mit inniger wahrer Empfindung, da war sie ganz in ihrer Rolle, - In der Scene, welche Holtei
einfach nach Bürger in Prosa übersetzte, bei welcher Gelegenheit aber alle Poesie verloren ging, in der Scene mit der Mutter machte sich ein Contrast zwischen der Darstellerin und der Rolle bemerkbar. Die Zeichen
des Affectes waren da, aber sie waren nicht genug verinnerlicht, es fehlte die künstlerische Abrundung. Die Scene nach dem Abgange der Mutter bis zu dem Zeichen, das Wilhelm Kommen kündet, war wieder sehr gut. Das
Darauffolgende, bis zu ihrem Abgange weniger. Doch da liegt die Schuld am Dichter. Wie Lenore vom Anfange gezeichnet ist, wird sie nicht erst lange am Fenster stehen und Bemerkungen über die Blässe Wilhelms machen,
diese Lenore, soll selbst mit gestörtem Geist, gleich nachdem sie Wilhelm's erblickt, hinauseilen. Die vielen Worte machen diesen Moment unwirksam. Im Ganzen ist die Leistung eine noch nicht abgeschlossene, was bei
der kurzen Zeit, die für das Studium gegeben, was nicht zu verwundern ist. Herr Rohde hatte gute Momente, besonders beim Abschied von Lenore und früher vom Vater. Die HH. Herz (Starkow) Richter (Pastor) und Rüthling
(Wallheim) waren recht gut. Herr Herz sprach hie und da undeutlich und machte mehrere Male unmotivirte Kunstpausen. Rüthling ist für den Wallheim zu jung, wenn wir auch anerkennen müssen, daß er den größten Theil
der Rolle vortrefflich spielte.“
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1870
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Bürger, Gottfried August. Mittel gegen den Hochmuth, Trost. In: Woodbury, W. H. Elementary German Reader. New York. Digitalisiert von Google
“[S. 65] 72. Mittel gegen den Hochmuth der Großen. Viel Klagen hör ich oft erheben Vom Hochmuth, den der Große übt. Der Großen Hochmuth wird sich geben,
Wenn unsre Kriecherei sich gibt.
73. Trost. Wenn dich die Lästerzunge sticht, So laß dir das zum Troste sagen:
Die schlecht'sten Früchte sind es nicht, Woran die Wespen nagen. Bürger. “
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1870
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Schmidt, Philipp. Sophie Schröder wie sie lebt im Gedächtniß ihrer Zeitgenossen und Kinder. Wien. Digitalisiert von Google
“[S. 58]
Fast glauben wir mit Bestimmtheit behaupten zu können, daß Sophie Schröder, nachdem sie mit der Gestaltung ihrer Rolle in sich abgeschlossen, derselben sich immer und an allen Orten, unter allen Stimmungen des
Geistes und Körpers, in gleicher Vollendung entledigt habe. Sie spielte nie eine Rolle, sondern ging gänzlich in ihr auf. - Die merkwürdige Eigenschaft, sich im Augenblick der Inspiration hingeben zu können, blieb
ihr auch bis zum höchsten Alter treu. Abends, im trauten Freundeskreise führte sie immer ein rothes Buch mit sich, wohl wissend, daß sie der Aufforderung zum Vortrage eines Gedichtes nicht entgehen könne, und nie
ließ sie sich lange bitten, sondern fügte sich bereitwillig den Wünschen; da rief es denn im lauten Durcheinander: ´o, liebe Frau Schröder, ´die Frühlingsfeier´! - nein, ´den alten Hans´! nicht doch, ´Lenore´! -
´Nun Kinder sagt, was soll es denn sein?´ Man einigte sich nun über ´Lenore´. Das rothe Buch kam dann zum Vorschein, das mehr einem Zauberstabe glich, mit dem sie die Geister beschwor, als einer Hülfe für das
Gedächtniß, denn nur flüchtig blickte sie über dasselbe hin, hob die schönen Augen wie fragend aufwärts und setzte dann mit fester Stimme ein: Lenore - von Bürger!
Und nun ging die Ballade unseres größten Volksdichters mit all´ den grauenhaften Eindrücken an den Anwesenden vorüber.“
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1870
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Stahr, Adolf (Hg.). Edouard Schuré´s Geschichte des deutschen Liedes. Berlin. Digitalisiert von Google
“[S. 34] Mehr und mehr
richtete sich die Aufmerksamkeit der jungen Dichter auf die deutschen Volkslieder, von denen Herder einige in seine Sammlung aufgenommen hatte. Während seines Aufenthaltes in Straßburg gewann er einen bedeuteuden
Einfluß auf den zwanzigjährigen Goethe und machte diesen auf die Schönheit der Volkslieder des Elsaß aufmerksam. Der feurige Jüngling, dessen schneller Genius sich jedes Gegenstandes wie im Fluge bemächtigte, ließ
diesen Wink nicht unbenutzt; aus seinen schönsten lyrischen Gedichten klingt der rührende Ton des Volksliedes. Bürger folgte ihm, verwebte alte Sagen in seine fantastischen Balladen und fand viel Nachahmer. Alle
lauschten aufmerksam der Stimme des Volkes, die man bis dahin vernommen hatte, ohne sie zu verstehen.
[S. 313] Unter den lyrischen Dichtungen Goethe's befindet sich noch eine Gruppe von Meisterwerken, die
sich eng an die Volkspoesie anschließen, nämlich die Balladen. Vor Goethe hatte sich Bürger das Verdienst erworben, die Ballade aus dem Munde des Volkes wieder aufzunehmen und seine ´Lenore´ und ´der wilde Jäger´
bezeichnen einen Abschnitt in der deutschen Poesie. Auch ist es keine romantische Laune, welche die Welt zu diesen sagenhaften Gebilden hinzog, sondern der Reiz ihrer lebhaften poetischen Auffassung und ihrer
dramatischen Form. Im Liede ließ der Volksdichter dem persönlichen Gefühl freien Lauf, in der Ballade lenkt er die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer auf ein außergewöhnliches ergreifendes Ereigniß, das Bewunderung oder
Entsetzen erregt, und sucht ihnen die Empfindungen mitzutheilen, welche der Vorfall in ihm selbst erregt hat. Dazu bedurfte es eines knappen, belebten und fesselnden Vortrages. Wie das Lied, ist auch die Ballade
eine ursprüngliche, poetische Form, welche ihre Berechtigung aus dem Leben und der Natur des Menschen herleitet. Den geselligen Abenden des Volks verdankt sie ihre Entstehung; sie zieht ihre Kraft aus dem
gemeinsamen Gefühl des frommen Schauers, der Rührung oder der leidenschaftlichen Begeisterung, welche die Zuhörer bewegt und zu deren Dolmetscher sich der Dichter macht. Bei dem Volk besteht der Hörerkreis in einer
gefüllten Spinnstube oder einer fröhlichen Zechergesellschaft, für die neuen Dichter war es die ganze Nation. Daher hatte die Ballade jetzt mehr als je ein Recht auf Pflege. Von den Lyrikern des achtzehnten und
neunzehnten Jahrhunderts aufgenommen, veredelte sich die Ballade und gewann über die Seelen eine Zaubermacht, wie die Nixe, die unten im See auf ihrer Wunderharfe spielt und die Menschenkinder verlockt.
Bürger, der erste Wiederhersteller der Ballade, nahm besonders das fantastische Genre auf, machte damit hohes Aufsehen, erreichte aber nicht die rührende Einfachheit seiner Vorbilder. Dieser Triumph war
Goethe vorbehalten.“
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1870
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Anonym. Etwas vom Standpunkt des Gefühls. In: Todesurtheil und Hinrichtung. Krems. Digitalisiert von Google
“[S. 35] Kindsmörderinnen
wurden Jahrhunderte hindurch mit der Strafe des Lebendigbegrabens, Säckens, Enthauptens u. s. w. gestraft. Vor nicht gar so langer Zeit ward gegen die unglücklichen Mütter barbarisch mit dem Schwerte gewüthet. Ein
unvergängliches Verdienst wie um so manches Andere haben die deutschen Dichter sich erworben, indem sie gegen diese Barbarei die Welt der edleren, besseren Menschlichkeit in Bewegung, die Welt der Gefühle in
moralischen, ideelen Aufruhr gegen diese juristische Grausamkeit und Ungerechtigkeit gebracht haben. Nur für das Sistem der Besserung kann sich die ethische Weltanschauung jeden echten Dichters begeistern, nur mit
diesem einverstanden sein. O wie viele ´Pfarrerstöchter von Taubenhain´ mögen auf dem Schaffot geblutet haben! Wie wahr schildern des herrlichen Dichters Worte das Anormale, Krankhafte der That!
´Erst als sie vollendet die blutige That Mußt, ach ihr Wahnsinn sich enden. Kalt wehten Entsetzen und Grausen sie an. -
´O Jesu mein Heiland was hab' ich gethan?´ - - - ´Hoch hinter dem Garten von Rabenstein,
Hoch über dem Steine vom Rade Blickt hohl und düster ein Schädel herab, Das ist ihr Schädel, der blickt aufs Grab,
Drei Spannenlang an dem Gestade.´ (Bürger.)
[S. 43] O Schöpfer der Welt, - der
Sterblichen! Du urtheilst gewiß anders! Du urtheilst ganz anders, also hoffe und vermeine ich in der Einfalt meines Herzens! Urtheiltest auch Du m enschlich, - oh und man vermenschlicht Dich oft und sehr - ich möchte fürchten, der ´arme Sünder´ könne mit einer zweiten Tasse Kaffee vor'm Tod am Galgen zu sich genommen, Deine Gnade verscherzen! Aber nein, das geschieht nicht, Allbarmherziger, das geschieht nicht von dem, den Alle, Pharisäer und Zöllner, arme und nicht arme Sünder, ´Vater´ nennen.
´Allgütiger, mein Hochgesang Frohlocke dir mein Lebenlang!´ Wahrhaftig, die Augenblicke und Wege menschlicher Irrsamkeit und Schwäche sind vielfältig und wunderbar! “
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1870
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Grothe, Hermann. Spinnen und Weben bei den Deutschen. In: Bilder und Studien zur Geschichte der Industrie und des Maschinenwesens. Berlin, Heidelberg. Digitalisiert von Google
“[S. 293] Diese Spinnstuben sind auch so recht eigentlich als der Sitz für die Beförderung des Volksgesanges zu betrachten, und erschufen selbst die in der deutschen Poesie und Musik so
reich erschienenen Spinnlieder, die meistens leicht und rein. wie harmlose, frohe, aufblühende Mädchen dahin schweben, oder aber zuweilen träumerisch trübe das schnurrende Rädchen begleiten. Keiner hat den Ton
derselben so zu treffen gewußt wie Bürger. Hurre, hurre, hurre! Schnurre Rädchen, schnurre! Trille, Rädchen, lang und fein, Trille fein ein Fädelein,
Mir zum Busenschleier. [...] “
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1870
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Anonym. Die preußische Geschichte und die deutsche Poesie. In: Wochenblatt der Johanniter-Ordens-Balley Brandenburg, 13. April, Berlin.
Digitalisiert von Google
“[S. 88] Endlich Schiller trug aus seiner württembergischen Heimath, die damals trotz ihres Herzogs im Geiste zu Friedrich gestanden, jene frühe Jugend-Begeisterung für ´Deutschlands größten Sohn´ mit hinweg. Unbewußt zieht der preußische Geist durch jedes kriegerische Bild in seinen Dichtungen. Schon sein Jugendgedicht ´die Schlacht´ klingt wie ein Abbild von Leuthen, Kunersdorf oder Liegnitz. In den ´Räubern´, wenn der falsche Bote den Karl Moor auf dem Bett der Ehre und des Ruhms sterben lassen will, wählt er die Prager Schlacht — ganz wie Bürgern, beiläufig, auch der kühne Reiter vorschwebt, der ´mit König Friedrichs Macht gezogen in die Prager Schlacht.´”
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1870
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Drobisch, Theodor. Das Neujahrblasen. In: Kemptner Zeitung, 1. Januar. Digitalisiert von Google
“[S. 5] Nach Verlauf von fünf Minuten rückte die kleine Kapelle leise wie Feentritt beim Magazin-Verwalter ein, der soeben erst seinen Leichnam aus den Federn gewunden hatte. Leonore,
seine Nichte, ein unverheirathetes Dämchen, welche bereits das Kap Vierzig passirt, gratulirte ihm mit einem Kuß zum neuen Jahr, und da so mit in die Nähe der Nase kam, so konnte man hier getrost ausrufen: ´Leonore
fuhr um's Morgenroth,´ denn der in der vergangenen Sylvesternacht hinabgesenkte Burgunder hatte aus Gefälligkeit heute recht hübsch aufpolirt.”
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1870
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Hübner, P. Ein moderner Othello. In: Cafe chantant, Berlin. Digitalisiert von Google
“[S. 7] Erst gestern Abend sagte sie mir: August, sagte sie, Du bist mein einziges Viehchen! Und das sprach Leonore so schmelzend, daß mir ganz schwärmerisch wurde und ich die ganze
Nacht kein Auge schließen konnte! Und doch bin ich eifersüchtig auf Leonore, die noch nie mit Wilhelm um's Morgenroth fuhr; aber ich bin ihr zu gut, ich möchte sie vor Liebe aufessen, zu knabbern habe ich bereits
angefangen - ach, sie ist zu knusprich!, Du bist mein einziges Viehchen! Und das sprach Leonore so schmelzend, daß mir ganz schwärmerisch wurde und ich die ganze Nacht kein Auge schließen konnte! Und doch bin ich
eifersüchtig auf Leonore, die noch nie mit Wilhelm um's Morgenroth fuhr; aber ich bin ihr zu gut, ich möchte sie vor Liebe aufessen, zu knabbern habe ich bereits angefangen - ach, sie ist zu knusprich!”
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Severus. Der Mann im blauen Rocke. In: Böse Zungen, Samstag, 2. April. Digitalisiert von Google
“[S. 237] Der Mann im blauen Rocke, der gute Samuel . . . bald hätten wir Schmuhle geschrieben, erinnern uns aber bei Zeiten, daß der süße Samuel sich von dem jüdischen Gotte abgewendet und die Religion der Liebe zur Seinigen gemacht hat . . . sieht sich bitter enttäuscht; er, der Uneigennützige, der Hingebende sieht sich von den Männern, die er seines Vertrauens, seiner Freundschaft würdigte, betrogen und verlassen, vielleicht sogar vergessen denn seit Vincenz Kirchmayer und Friedrich Reicher davon sind, ´haben sie ihm nicht geschrieben, ob sie gesund geblieben,´ wenn er ums Morgenroth, gleich Leonoren, aus süßen Träumen emporfährt, sieht er die theuern Gestalten nicht wieder.”
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Anonym. Augsburg, II. Station. In: Deutscher Theater-Correspondent, 20. April, München. Digitalisiert von Google
“[o. S.] Dann sangen Barbarino und Malvoglio ihr Duett um dem alten Wallheim Platz zu machen, der seinen zu Tode getroffenen Lieutnant Wilhelm mitten auf der Bühne sterben lassen wollte. Nachdem
ihm die letzte Ehre erwiesen ging der alte Unteroffizier mit seinem dreißigjährigen Mantel und Aurora-Dangl fuhr ums Morgenroth. Lassen wir ihr das kindliche Vergnügen. Wilhelm aber hatte eine zähe Lieutnantsnatur und mit dem Vorsatz, daß er zu etwas Beßerem geboren sei, erwachte er meuchlings wieder von seinem Heldentode als ´Einer, von's Gerüste Gefallener´ und feiert unbekümmert um die wirren Träume seiner Leonore das Fest der Handwerker mit, so gut es geht.”
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Anonym. Von den deutschen Universitäten. In: Siebenbürgisch-Deutsches Wochenblatt, Hermannstadt, 22. Juni. Digitalisiert von Google
“[S. 393] Hier
sah man aus der Schaar der Zuschauer einen von langem Krankenlager Erstandenen seinem Regimente nacheilen; er wollte an dem Ehrentage seiner Kameraden Antheil nehmen in deren Mitte er schwer verwundet niedersank;
dort stürmte die Mutter mit hellem Jubelruf in die Arme des langersehnten Sohnes; hier sah eine Braut mit vergrämtem Antlitz die glänzenden Reihen der Sieger vorüberziehen; ihr Liebster ´hatte nicht geschrieben, ob
er gesund geblieben.´ Selbst der Haß des überwundenen Feindes hätte beim Anblick der vorüberziehenden Regimenter die Tüchtigkeit dieser Truppen anerkennen müssen, und doch geschah es von einer Seite nicht, aus
Verkleinerungssucht gegen Alles was Deutsch heißt.”
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Anonym. Fränzchen Flüchtig seinem Hänschen Richtig. In: Münchener Grog, 6. Februar. Digitalisiert von Google
“[S. 8] Schickt dir da am Freitag Abend der Großbojar Siglnitschönano oder sein Schwager, der Großhaiduk Zandrescu eine Einladungskarte zu einer Judenhetz, einzutreffen am Sabbath Morgens am Galgenberg, wo die Präfektenpiqueure mit ihrer Dorobanzenmeute bereits Deiner Ankunft harren. Sobald ein schweinernes Halali geblasen, setzt sich das Bojarengesindel zu Roß, und, wie Bürger in seiner Leonore, die um's Morgenroth fuhr, so schön singt, geht es mit Hurriduh und Hussasah brausend und sausend dahin, die Meute voran und hinterdrein die, die die Beute kriegen.”
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Gravenhorst. Apis miraculosa Mehringii. In: Bienenwirtschaftliches Zentralblatt für Hannover, 1. Februar. Digitalisiert von Google
“[S. 45] Ein
einfacher, nicht gelehrter Imker hat die wichtigste Entdeckung des Jahrhunderts gemacht, das Einwesen entdeckt und das neue Einwesensystem aufgestellt! Was Ihr Euch, Gelehrte, für Geld nicht erwerbt, das hab' ich
von meiner Frau Mutter geerbt! sagt der Schäfer Hans Bendix. Und ich sage: Was Ihr gelehrten Imkerkoryphäen durch Jahre lange Studien mit Hilfe eines unendlichen Krempels von Vergrößerungsgläsern etc. nicht gesehen, nicht erkannt, nicht herausgefunden habt, das hat der einfache Handwerker Mehring so leicht herausgefunden.”
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Anonym. "Unfehlbarkeit." In: Der freie Landesbote, 30. Dezember. München
“Durch Zusätze verändert
oder zerlegt man in der Scheidekinst oder Chemie die Stoffe und ebenso verändert man in der Denklehre durch willkürliche Zusätze den wahren Sachverhalt. Bekannt ist z. B. der Spruch: der Mann, der das wenn und das aber erdacht, hat sicher aus Häckerling Gold schon gemacht.
Durch das ´wenn´ verändert man die Sachlage, man macht das Allgemeine zur Ausnahme, u. dgl.”
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Anonym. Vermischte Nachrichten. In: Ingolstädter Tagblatt, 18. November.
“[S. 1151] Da wäre ja also, meint
die ´Köln. Ztg.´, der Weltkrieg da. Aber nur nicht bange! Graf Beust weiß recht gut, daß er sich den Ruhm kriegerischer Entschlossenheit hier leicht verdienen kann. Wenn England helfen will! Mit Wenn und Aber kann
man aus Häckerling Gold machen.”
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Auswärtiges. Wien. In: Berliner Gerichts-Zeitung, 10.03.
“In den Worten ´Muth zeigt auch der Mameluk,
Gehorsam ist des Christen Schmuck; übrigens kann er auch von einem Juden sein, wenn der Schmuck nur echt ist´, sowie in den Schlußworten: ´Jetzt heißt's sich mit den Juden auf guten Fuß stellen´, werde ich als in einem intimeren Verhältnisse zu einem Juden stehend geschildert, eine Anspielung, welche nur dasjenige wiederholt, was in dem früher besprochenen Aufsatze ´Eine Confiszirte´ durch die Anfangsworte: ´Elias fuhr um's Morgenroth, empor aus schweren Träumen´ bereits angedeutet ward.”
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K. Hof- und National-Theater. In: Der Bayerische Landbote, 6. September
“Dienstag 6.: Mit ermäßigten Preisen: Neu einstudirt: ´Lenore.´ Schauspiel mit Gesang von Carl von Holtei.”
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Dresdner Journal 10.04.
„'Wir aber sagen mit altpreußischer Ehre und Treue: Jedem das Seine! Und Nordschleswig gehört uns nicht.' — Auf diesen Artikel bringt nun heute die 'Norddeutsche Allgemeine Zeitung'
ihre Erwiderung. Die 'K. Z.' habe sich 'wieder einmal ihr Dänenroß satteln lassen, um gegen das deutsche Interesse in die Schranken zu reiten.'"
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Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 16.8.
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Anzeige. In: Tagespost 3.9.
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Anzeige. In: Wiener Theater-Chronik 16.12.
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Anzeige. In: Deutsche allgemeine Zeitung 20.11.
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Anzeige. In: Dresdner Journal 23.08.
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Anzeige. In: Dresdner Journal 27.08.
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Anzeige. In: Dresdner Nachrichten 16.08.
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Anzeige. In: Elbeblatt und Anzeiger 20.12.
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Anzeige. In: Frankenberger Nachrichtsblatt und Bezirksanzeiger 11.11.
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Anzeige. In: Frankenberger Nachrichtsblatt und Bezirksanzeiger 21.12.
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Anzeige. In: Hallesches Tageblatt 17.11.
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Anzeige. In: Karlsruher Tagblatt 20.04.
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Anzeige. In: Karlsruher Zeitung 24.04.
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Anzeige. In: Kölnische Zeitung 13.02.
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Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 01.08.
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Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 31.07.
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Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 12.08.
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Anzeige. In: Süddeutscher Telegraph 14.09.
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bis 1789 1790-1799 1800-1806 1807-1815 1816-1821 1822-1825 1826-1828 1829-1831
1832-1836 1837-1840 1841-1845 1846-1850 1851-1855 1856-1858 1859-1861 1862-1865
1866-1868 1869-1870 1871-1880 1881-1897 1898-1915 1916-1949 ab 1950
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