homeallg

Startseite

Glanzpunkte

Shop

Impressum

Lokales


Das Dorf  Das Museum

Veranstaltungen

Bürger-Ehrungen
 

Zu Bürgers Werk

Illustrationen 

Parodien

Ikonographie

   Münchhausen
   

Online-Bibliothek

 

Bürger-Rezeption
 

Bürger-Rezeption Volltexte 1859-1861

   bis 1789    1790-1799    1800-1806    1807-1815    1816-1821    1822-1825    1826-1828    1829-1831

 1832-1836    1837-1840    1841-1845    1846-1850    1851-1855    1856-1858    1859-1861    1862-1865

  1866-1868    1869-1870    1871-1880    1881-1897    1898-1915    1916-1949    ab 1950
 

1859

Fallersleben, August Heinrich Hoffmann von. Unsere volksthümlichen Lieder. Zweite Auflage. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. V] Seitdem Herder auf die Volkslieder der Fremde und des Vaterlandes die allgemeine Aufmerksamkeit gelenkt hatte, wirkte die Kenntniss derselben sehr wohlthätig auf die Dichter und die Kritiker. Während die Dichter sich daran bildeten und ähnliche Lieder hervorzubringen strebten, und die Kunstrichter bessere Ansichten gewannen und denen gemässe Forderungen an die Dichter stellten, kam beiden der Geschmack des Volkes entgegen. Die volkstümlichen Lieder, wie sie zunächst aus dem Göttinger Hainbunde hervorgingen, wurden zum Theil Gemeingut des ganzen Volks, zumal da sie ihm mit singbaren, wohlgefälligen Weisen zukamen.
    So entstand eine ganz neue Poesie, die auf alle Beziehungen zum classischen Alterthum und zu der alten Götterlehre verzichtend, nur deutsch sein wollte in Form, Gefühl und Gedanken. Ihre Blüthezeit waren die 70r und 80r Jahre des vorigen Jahrhunderts, nachdem also zweihundert Jahre fast das deutsche Lied unter der Hand der Poeten entartet und dem Volk entfremdet gewesen war.
    Durch die Musenalmanache seit 1770 verbreiteten sich diese neuen Lieder in die höheren Kreise und hie und da sogar beim Mittelstande, und gingen dann in die fliegenden Blätter über und wurden, ´gedruckt in diesem Jahr', auf den Jahrmärkten und Kirmessen verkauft und fanden ihren Weg in jedes Haus, in jede Hütte, wo man lesen und singen konnte. Die Volkslieder wurden dadurch nicht verdrängt, sie wurden daneben noch beibehalten und hie und da in fliegenden Blättern (´Sechs schöne neue Lieder') noch immer gedruckt. Der glückliche Erfolg, dessen sich die neuere Liederdichtung rühmen durfte, konnte Leuten nicht fremd bleiben, die mehr anstrebten als das Volk für Poesie empfänglich zu machen, es dadurch zu erfreuen und zu erheben. Es gab damals eine Partei, welche sich der Volksaufklärung anzunehmen berufen fühlte, achtbare Männer des Gelehrten- und geistlichen Standes, sogar Staatsbeamte. An ihrer Spitze stand der Berliner Buchhändler Friedrich Nicolai mit seiner 'allgemeinen deutschen Bibliothek' und ihrem ganzen Anhange. Wie nun Poesie und Musik bisher von jeder Partei für ihre Zwecke benutzt wurden, so geschah es auch bei dieser. Ihre beiden Hauptzwecke waren: Aufklärung in allen Ständen, und Anpreisung und Verbreitung des Gemein-Nützlichen. [...] Man begriff nicht, dass alles Schöne schon in und durch sich selbst etwas ist; man wollte die Poesie ohne irgend einen sittlichen und nützlichen Zweck nirgend gestatten. Allerdings sind und waren viele Volkslieder nicht eben ganz sauberer Art, allerdings findet sich in vielen Bruchstücken, die oft ganz verschiedenen Liedern angehörten und jetzt als Ein Lied gesungen werden, kein Zusammenhang, zumal in Liebesliedern der Art viel Unsinn, aber das alles durfte doch noch nicht eine ganze litterarische Partei gegen die Volkspoesie und die volksthümliche Lyrik in Harnisch bringen! So viel Gemeinheit, so viel Unsinn und Geschmacklosigkeit ist doch immer noch nicht in den Volksliedern nachweislich als wirklich in der gelehrten Poesie zu Tage gekommen ist und immer noch kommt. In der That ward ein geheimer Vernichtungskrieg vorbereitet. Nicolai hatte die Bestrebungen der volksthümlichen Dichter lächerlich zu machen gesucht. Jetzt handelte es sich darum ihre Leistungen zu verdrängen.

[S. XI] Viele Sammlungen wurden nun veranstaltet, um den neu gewonnenen Liederschatz zu verbreiten. Das geschah aber nicht mit jener dankbaren und gewissenhaften Rücksicht, welche ein Sammler immer haben sollte: statt aus den Quellen zu schöpfen wurden fliegende Blätter mit oft bereits verdorbenen Texten benutzt, eigene Aenderungen überdem vorgenommen, die Namen der Dichter selten mehr bemerkt, oder beliebige hinzugefügt, bis denn endlich eine Liederlichkeit bei diesen Sammlungen einriss, die wirklich beispiellos ist.
       Die Kritiker hätten diesem Unwesen zeitig genug steuern können, sie hielten sich aber viel zu vornehm, als dass sie sich hätten mit diesen Liedern befassen sollen, die ihnen andern poetischen Erzeugnissen gegenüber zu unbedeutend erschienen, obschon sie der einzige volksthümliche Zweig unserer neueren Litteratur geworden sind. Gelehrte, wie sie selbst waren, wollten sie nur gelehrte Poesie, die ererbte Kunstlyrik gelten lassen und überhörten die Stimmen derjenigen, die sich für ihre besseren Ansichten von Poesie und ihre eigenen volksthümlich-poetischen Leistungen rechtfertigen mussten. Hören wir, wie Bürger sich aussprach!

[es folgen umfangreiche Ausschnitte aus ´Herzensausguss über Volkspoesie´, Vorrede zur ersten Ausgabe seiner Gedichte, Göttingen 1778
und aus der Vorrede zur zweiten Ausgabe seiner Gedichte, Göttingen 1789]

[S. XV] Bürger wurde nicht verstanden und man wollte ihn auch wol nicht verstehen. Nicolai wenigstens machte sich über den Daniel Wunderlich lustig, indem er als Daniel Seuberlich in einer lächerlichen Schreibung und Sprache, die alterthümlich sein sollten, die von Gabriel Wunderlich gesungenen Lieder als ´Eyn feyner kleyner Almanach' 1777 und 1778 mit Vorreden herausgab.“

Das vollständige Werk in der ONLINE-BIBLIOTHEK

 

1859

Polko, Elise. Musikalische Märchen, Phantasien und Skizzen. Vierte Auflage. Digitalisiert von Google.

“[S. 204] Nicht allein die Vaterstadt Zumsteegs, das freundliche Stuttgart, sondern auch ganz Deutschland war entzückt von seinen Compositionen. Keine Soirée musicale konnte gedacht werden ohne seine Lieder, und unsere Großeltern reden mit einer Freude, die sie wieder jung erscheinen läßt, von dem Eindruck, den damals ´die Büßende´, ´Lenore´ Ritter Carl von Eichenhorst´ u.s.w. auf alle fühlende Herzen hervorbrachten.
    Es war eine auffallende Eigenheit von Zumsteeg, daß er bei Allem, was er schuf, niemals die Masse, das große Publikum, sondern einzig nur die kleine Schaar von Auserwählten vor Augen hatte, die den Gedanken des Componisten zu folgen und seine Ideen wahrhaft zu begreifen im Stande ist.”

 

1859

Palleske, Emil. Schiller´s Leben und Werke. Zweiter Band. Berlin. Digitalisiert von Google

“[S. 145] Schiller hatte selbst die schmählichsten Beurtheilungen erfahren. Wie hatte Moritz Kabale und Liebe behandelt und wie würdig hatte Schiller das Alles hingenommen. Er hatte doch wahrlich mit seinen Dramen nicht geringeren Anspruch auf Dichterbewußtsein erworben, als Bürger mit seiner Lyrik. Aber wie ruhig verhielt er sich solchen Angriffen gegenüber. Keine öffentliche Entgegnung bezeugte seine gekränkte Eitelkeit. Weil es ihm um eine ehrliche Meisterschaft zu thun war, setzte er wohl gar selber seine Produkte zu tief herab. Er lernte Bürger persönlich kennen, eben als er in den Künstlern ein Manifest veröffentlicht hatte, welches in Moritz-Goethe'scher Weise den Künstler zum Organ einer idealen Natur stempelte. Bürger's Persönlichkeit widersprach durch einen Anstrich von Plattheit diesem Ideal. Dennoch verabredete Schiller mit ihm einen Wettkampf ´der Kunst zu gefallen.´ Beide wollten das nämliche Stück aus Virgil's Aeneide, jeder in einer andern Versart, übersetzen. Schiller mußte glauben, daß es seinem Rivalen ernstlich um die Kunst zu thun sei. Er fand in dem Gedicht an Bürger's zweite Frau ´ganz vortreffliche Stellen.´ Aber er konnte unmöglich die Geschmacklosigkeiten an Bürger loben, von denen er selber sich gereinigt hatte, die ihm um so mehr verhaßt waren, als er sie an sich selber haßte. Nicht die Korrektheit durch eine am Einzelnen geübte Feile konnte hier den Erfolg sichern. Da einmal die glückliche Sicherheit der naiven Natur, man vergleiche in Gedanken Robert Burns mit Bürger, verloren war, und jedes einzelne Kunstwerk unsägliche Feile kostete, so war eine Radikalkur nöthig. Sollte das Schöne den Stempel der Freiheit tragen, so mußte die Persönlichkeit des Meisters so durch und durch gleichsam die Feile erleiden, daß ihm die Erschaffung des Schönen zur andern Natur werde. Von keinem deutschen Dichter konnte man sagen, daß er diese Forderung ganz erfüllt habe. Denn auch Goethe sank mit dem Großkophta und Anderem unter sich selbst hinab. Und es kam auch darauf an, wer bei dieser Ueberwindung und Läuterung zur reinsten Form am meisten Gehalt, am meisten Leidenschaft und Leben zu läutern hatte und mit aufnahm. Zur Popularität im Bürger'schen Sinne, in der Kunst immer nur eine Forderung zweiten Grades, gelangte man nach Schiller's richtigem Ausspruch durch die geeignete Wahl des Stoffes und die äußerste Simplizität der Behandlung.
    Mit dieser Intention schrieb Schiller seine Kritik über Bürger's Gedichte und ohne Frage bleibt diese Intention ewig wahr, ja noch heute empfiehlt die Kritik, daß der Dichter vor Allem an sich arbeite. A. W. Schlegel hat in dem neuen Abdruck seiner Vertheidigung Bürger's Schiller aufs giftigste getadelt und was hat der edle Sophist selbst gethan? Nachdem er jedes Gedicht als ein freies Geschöpf, losgelöst vom Schöpfer, betrachtet wissen will, knüpft er Bürger's Gedichte nur schlimmer an ihre literarische Wurzel, indem er die englische Quelle nachweist, woraus Bürger geschöpft hat und nur noch evidenter die Künstlichkeit dieser sogenannten glücklichen Natur und die Geschmacklosigkeiten hervorzieht, zu welcher Bürger sogar ein besseres Original verfälschte.*)
   Bürger war verletzt und erwiderte. Nun verlor Schiller, damals todtkrank, seine Haltung und setzte in seiner Entgegnung Dichter wie Denis, Göcking, Hölty, von Salis über Bürger, er übersah, daß wer ein leichteres Gepäck zu tragen hat, leichter schreiten kann. Er verkannte die Kraft um des Maßes willen, und um hier sogleich Verwandtes anzureihen, diese Verkennung verführte ihn, später Matthisson's Gedichten eine so milde Beurtheilung angedeihen zu lassen, daß erst dadurch seine Rezension über Bürger zur Ungerechtigkeit ward, indem er zu erwähnen unterließ, daß von dem, welchem viel gegeben ist, viel gefordert wird.

*) Man muß nicht glauben, Schiller habe seine Intention später aufgegeben. Als er der Spekulation einseitig überdrüssig war, schrieb er zwar an Humboldt am 27. Juni 1798: „Wirklich hat uns beide unser gemeinschaftliches Streben nach Elementarbegriff in ästhetischen Dingen dahin geführt, daß wir die Metaphysik der Kunst zu unmittelbar auf die Gegenstände anwenden, und sie als ein praktisches Werkzeug, wozu sie doch nicht genug geschickt ist, handhaben. Mir ist dies vis á vis von Bürger und Matthisson, besonders aber in den Horenaufsätzen öfters begegnet." Dennoch hielt er an der Intention seiner Bürger'schen Kritik fest und erklärte dies ausdrücklich in der neuen Ausgabe von 1802.“

 

1859

Schaefer, Johann Wilhelm. Gottfried August Bürger. In: Geschichte der deutschen Literatur des achtzehnten Jahrhunderts. Zweiter Band.  Digitalisiert von Google.

“[S. 171] Daß Bürger, wie man geneigt ist anzunehmen, unter glücklicheren Lebensverhältnissen ein größerer Dichter geworden wäre, ist eine ungegründete Vermuthung, wie denn schon an und für sich eine solche Frage eine sehr müssige ist; denn der Dichter ist eben Alles durch seine Individualität. Zu dem Ziele, das ihm erreichbar war, ist er schon in seinen guten Tagen gelangt. Die Leidenschaft für Molly hat sein Talent nicht niedergedrückt, sondern gerade die schönsten lyrischen Blüthen hervorgerufen. Auf den Balladen beruht vornehmlich sein Dichterruhm, vor allen auf der Lenore, welche zugleich den Anfang und die Höhe seines epischen Talents bezeichnet. Vieles verdankt er dabei den altenglischen Vorbildern. Die ihm eigenthümliche Sphäre der Erzählung erkennen wir weit mehr in dem ´Liede vom braven Mann,´ ´Frau Magdalis,´ ´der Kaiser und der Abt.´ Es war daher kein innerer Widerspruch, wenn er neben einer Lenore eine Frau Schnips und dergleichen dichtete. Die falsche Vorstellung von der volksmäßigen Dichtung leitete ihn dabei irre. Zwar konnte er in der Vorrede zur zweiten Ausgabe seiner Gedichte von sich sagen: ´Wenn ich wirklich, was man mir bisweilen nachgerühmt hat, ein Volksdichter bin, so habe ich dies schwerlich meinem Hopp Hopp, Hurre Hurre [...].´ Darauf entgegnete Schiller sehr treffend, daß Bürger sich nicht selten mit dem Volke vermische, zu dem er sich nur herablassen sollte, und, anstatt es scherzend und spielend zu sich hinaufzuziehen, es ihm oft gefalle, sich ihm gleich zu machen; das Verdienst des Volksdichters bestehe nicht darin, jede Volksclasse mit irgend einem ihr besonders genießbaren Liede zu versorgen, sondern in jedem einzelnen Liede jeder Volksclasse genug zu thun.
      Wenn Bürger in der letzten Lebensperiode die volksmäßigen Weisen mit dem Schwunge idealer Poesie zu vertauschen bemüht war, so konnte er nur rhetorische Kunststücke liefern, zu denen auch das hohe Lied von der Einzigen zu zählen ist. Lieber hören wir ihn von Molly´s Werth und seiner Trauer in der einfachen Sprache seiner Sonette reden, deren Form, die für weiche Empfindung sich ganz besonders eignet, von ihm wiedererweckt wurde.”

Der vollständige Beitrag in der ONLINE-BIBLIOTHEK

 

1859

Kurz, Heinrich. Epische Poesie: Gottfried August Bürger. In: Geschichte der deutschen Literatur. Dritter Band.

“[S. 308] Goethe wurde hier seinem Grundsatz, von allen zu lernen, vollkommen untreu, und daß sich von Bürger selbst für Goethe, z.B. in Bezug auf Balladenpoesie und volksthümliche Dichtung, etwas Brauchbares hervorlocken ließ, ist gewiss ohne Frage. Daß der Dichter der ´Lenore´, welcher in Deutschland seinerzeit sogar einer größeren Popularität als selbst Schiller und Goethe genoß [Hervorhebung K.D.], daß er, der eigentliche Schöpfer der deutschen Ballade, der er mit kecken genialen Griffe sofort Ton und Richtung anwies, sich selbst einem Goethe gegenüber in seinem eigenthümlichen Werthe fühlte, wird man ihm schwerlich verdenken können.

[S. 310] Mit welchem Fleiße, mit welcher Hingebung er die altenglischen Balladen in Percy´s Sammlung studirte, wie glücklich er dieselben in sich aufnahm und sie zu seinem Eigenthum machte, ersehen wir am besten aus denjenigen, welche er nachbildete oder überarbeitete, unter welchen wir nur die allbekannten und beliebten Stücke ´Der Kaiser und der Abt´, ´Bruder Graurock´, ´Die Entführung´ nennen. Die sprechen uns wie unmittelbare Erzeugnisse des Dichters an, es weht uns aus ihnen ein ursprünglich deutscher Hauch entgegen, wie aus den schönsten Volksliedern. Daraus wird es aber klar, daß diese volksthümliche Auffassung der Ballade nicht erst angelernt war; sie lag schon in seinem innersten Wesen, Herder und Percy brachten sie nur zum Bewußtsein des Dichters.
   Bürgers Balladen haben einen kräftig ausgesprochenen Charakter, der sie aus allen andern leicht erkennen läßt. Sie sind von einer seltenen Jugendfrische und Kraft, wie sie außerdem nur in den ächtesten Volksliedern gefunden wird, aber wie in diesen artet die Kraft oft in Derbheit aus, ja sie gränzt oft an das Rohe, was in der bei ihm zuweilen durchblickenden Vermengung des Volksthümlichen mit dem Pöbelhaften seine Erklärung findet. Dies tritt namentlich in der Sprache hervor, und wir müssen in dieser Hinsicht lebhaft bedauern, daß er so wenige ältere deutsche Volkslieder kannte, die ihn vor der Ausartung bewahrt hätten, in welche er nicht selten verfiel. Eben daraus ist auch zu erklären, daß er hauptsächlich durch starke Farben zu wirken suchte, und darin oft die Gränze der Schönheit überschritt. Aber abgesehen von diesen Mängeln ist seine Sprache und Darstellung nicht bloß untadelhaft, sie kann als trefflich bezeichnet werden. Mit einem für Wohllaut äußerst empfänglichen Gefühl begabt, verwandte er den größten Fleiß auf die Ausarbeitung seiner Dichtungen, und erwägte mit bewundernswürdiger Gewissenhaftigkeit alle Ausdrücke, alle Sprachformen, alle Satzbildungen, bis ihm die Darstellung dem Gedanken oder der besonderen Situation seiner Personen vollkommen zu entsprechen schien. Und eben deshalb, weil seine Darstellung sich mit bewundernswürdiger Kunst an den Inhalt anschmiegt, erscheint sie in solcher Lebendigkeit und Frische, in solcher Naturwahrheit, daß sie die Wirkung macht, als wäre sie zugleich mit dem Gedanken geboren.

[S. 311] Seine Kunst beruht vornämlich auf der Darstellung des Einzelnen, sowohl der Situationen als der Charaktere. Und hierin ist er in der That noch unübertroffen; ja es erreicht ihn kein anderer Dichter in der Wahrheit und der Natur der Gemälde, keiner an Stärke aller auch noch so kleinen Züge, keiner an dramatischer Lebendigkeit der Darstellung. Daher ist die Wirkung seiner Balladen auch geradezu unwiderstehlich, und wenn wir bei manchem andern Dichter erst die rechte Stimmung abwarten müssen, um seine Schöpfungen vollständig genießen zu können, rufen Bürgers Balladen diese Stimmung selbst hervor. [...] Die ´Lenore´ bezeichnet die gänzliche Umgestaltung der Balladenpoesie in Deutschland, wie Göthe´s ´Götz von Berlichingen´ die Umgestaltung des Dramas. [...] Wenn auch die übrigen Balladen Bürgers diese erste an Großartigkeit nicht erreichen, so sind viele derselben doch vollkommene Meisterwerke, und insbesondre werden ´Der wilde Jäger´ durch die ächt volksmäßige Behandlung, ´Die Kuh´ durch die dem Dichter sonst nicht eigene kunstvolle Composition, ´Der Kaiser und der Abt´ durch den trefflichen Humor immer gefallen und nur mit der deutschen Literatur selbst vergehen."

Kurz Epische Poesie: G. A. Bürger in der ONLINE-BIBLIOTHEK

 

1859

Kurz, Heinrich. Lyrische Poesie: Gottfried August Bürger. In: Geschichte der deutschen Literatur. Dritter Band.

"[S. 63] Bürger besaß alle die Eigenschaften, die einen wirklichen Dichtergeist bezeichnen; er hatte eine lebendig regsame Einbildungskraft, ein tiefes und eben so weiches, als warmes Gefühl, und wie er alle Eindrücke rasch und sicher in sich aufnahm, so war er zugleich mit einer großen Kraft schöpferischer Gestaltungsfähigkeit begabt. Zudem beherrschte er die Sprache mit wunderbarer Gewandtheit; alle ihre geheimsten Schätze standen ihm zu Gebote, und insbesondere gelingt es ihm in hohem Grade, das tiefe, den ganzen Menschen erfassende Gefühl in den einfachsten, aber eben deshalb auch wirkungsvollsten Lauten darzustellen, und an Wohllaut erreicht ihn außer Göthe kaum ein anderer deutscher Dichter. So oft er sich seinem Talent überläßt, ist er wahrhaft groß, im Lyrischen, wie im Epischen, und seine bessern Dichtungen in beiden Gattungen gehören zu den Meisterwerken der deutschen Literatur.

[S. 64] Seine Liebe zu Molly bildet den Stoff der zum größten Theil hieher gehörigen Gedichte; aber weil diese Liebe, wie er selbst sagt, eine Krankheit war, so bot sie an und für sich keinen glücklichen Stoff dar, da das Krankhafte seinem Wesen nach Schönheit ausschließt und einer wahrhaft künstlerischen Entfaltung widerstrebt. Uebrigens war dieses Verhältniß, wie schon Schiller in seiner oben angeführten Recension mit vollem Recht bemerkte, zu individuell; denn wenn auch jeder Stoff, und namentlich der lyrische, eine individuelle Grundlage haben muß, weil sich die Dichtung nur bei einer solchen zur anschaulichen Wahrheit gestalten kann, so muß er doch zugleich auch allgemeiner Natur sein, weil er sich nur dann zum Idealen zu erheben vermag. Dies war aber bei dem so ganz speciellen, eigentlich nur ihm verständlichen Verhältniß nicht der Fall, und es erscheint daher der Dichter stets von seiner verzehrenden Leidenschaft beherrscht und zerrissen, statt daß er sie beherrsche und das in ihr liegende tragische Element durch eine höhere Weltanschauung versöhne. Nur dann, wenn es ihm gelingt, das besondere Verhältniß ganz zu vergessen, wird er vortrefflich, mag er dann das Glück der belohnten Liebe feurig besingen, wie in dem ´Neuen Leben´, die Geliebte mit der Begeisterung des Liebenden preisen, wie in dem trefflichen Liede ´Die Holde, die ich meine´, oder den Schmerz der unglücklichen Liebe so wahr und so treu schildern, wie in ´Himmel und Erde´. Aber freilich sind im Ganzen nur wenige Lieder, welche diesen Stoff behandeln, in dieser Höhe gehalten, und wenn man auch an ihnen die Meisterschaft der Darstellung, die Fülle der poetischen Malerei, die glühende Sprache und den unübertrefflichen Wohllaut bewundern muß, obgleich die meisten einzelne, beinahe unübertreffliche Schönheiten haben, wie die Elegie ´Als Molly sich losreißen wollte´, so hinterlassen sie doch aus den oben entwickelten Gründen einen peinlichen Eindruck, der die Freude an der Schöpfung nicht aufkommen läßt.

   Am höchsten steht er aber, wenn er andere Stoffe behandelt, und man erkennt bewundernd die ganze Größe des dichterischen Talents, das ohne Zweifel das Höchste hätte erreichen können, wenn es mit sittlicher Kraft gepaart gewesen wäre. So ist ´Das Dörfchen´, eines seiner früheren Gedichte, in Absicht auf Leichtigkeit und Geschmeidigkeit, noch unübertroffen, nur wenige bieten eine solche Harmonie des Inhalts und der Form, und wie ist jener so anmuthig und gefällig, diese so zart und lieblich! ´Das Blümchen Wunderhold´ ist eine der trefflichsten Allegorien, die irgend eine Literatur aufzuweisen hat; es ist gedankenreich, voll Anschaulichkeit und stellt die Bescheidenheit, ihren Einfluß, ihre Wirkungen, ihren hohen Reiz mit hinreißender, wahrhaft entzückender Lebhaftigkeit dar. Die Anlage zeugt von hoher Kunst, und die gefühlvolle Anspielung auf Molly (Str. 9,10] ist von ergreifender Wirkung: sie verletzt nicht, weil ihr Tod uns mit ihr und dem Dichter versöhnt, der seiner Geliebten kein schöneres Denkmal setzen konnte.
   Bürger hat sich auch dadurch kein geringes Verdienst erworben, daß er die schöne, seit Gottsched ganz in Vergessenheit und Mißachtung gekommene Form des Sonetts wieder einführte, die er mit Meisterschaft behandelte, und einige (´Die Eine´, ´An das Herz´) derselben sind nach jeder Beziehung hin vollendet zu nennen, wie denn selbst Schiller Bürgers Sonette für Muster ihrer Art erklärt, ´die sich auf den Lippen des Declamators in Gesang verwandeln´. [...]
   Obgleich Bürger in seinen epischen Gedichten am großartigsten ist und am meisten wirkte, war er auch als Lyriker von mächtigem Einfluß auf die Entwicklung der deutschen Poesie, indem er gleichsam das verbindende und versöhnende Mittelglied zwischen Wieland und den Originalgenies wurde, indem er, wie diese, das Leben in seine poetischen Rechte einsetzte und, wie jener, nach Schönheit der Form strebte und das musikalische Element der Sprache mit ausgezeichnetem Glück ausbildete, wodurch er zugleich der von seinen Göttinger Freunden wieder hervorgesuchten Klopstock´schen Manier mit ihrer Strenge und Härte einen erfolgreichen Widerstand leistete, und der Posie die Anmuth und lebendige Fülle rettete, die außer ihm keinen Vertreter hatte."

Kurz Lyrische Poesie: G. A. Bürger in der ONLINE-BIBLIOTHEK

 

1859

Kriebitzsch, Karl Theodor. Das Lied vom braven Manne. In: Musterstücke mit Erläuterungen für die Mittelstufe des Sprachunterrichts. Digitalisiert von Google.

“[S. 108] Seine Gedichte, wenngleich bisweilen in das Niedere herabsinkend, tragen doch den Stempel der Naturwahrheit, und zeichnen sich durch Wohllaut und Leichtigkeit aus. Er strebte nach dem Ruhme eines Volksdichters, und ist es geworden, wie wenige. Zu den Lieblingen des Volkes gehören außer dem obigen [Das Lied vom braven Mann]: Lenore, die Weiber von Weinsberg, der Kaiser und der Abt, die Entführung, die Kuh, der wilde Jäger.”

Der vollständige Beitrag in der ONLINE-BIBLIOTHEK

 

1859

Schmidt, Julian. Schiller und seine Zeitgenossen. In: Geschichte der deutschen Literatur seit Lessing's Tod: Das classische Zeitalter, 1781-97.

“ [S. 24] Wenn Fiesco, als er sein Weib umgebracht, ´viehisch um sich haut´ und "mit frechem Zähneblöken gen Himmel" den Wunsch ausspricht, "den Weltbau Gottes zwischen den Zähnen zu haben und die ganze Natur in ein grinsendes Scheusal zu zerkratzen; bis sie aussehe, wie sein Schmerz;" - wenn Verrina "bei allen Schaudern der Ewigkeit" ihm zuschwört, "einen Strick wolle er drehen aus seinen eigenen Gedärmen und sich erdrosseln, daß seine fliehende Seele in gichtrischen Schaumblasen ihm zuspritzen solle": - so empfindet man wohl, daß jene bittere Anklage gegen Bürger zugleich ein reuiges Bekenntniß enthält.

[S. 61] Die drei Gedichte [u.a. Lied an die Freude] wurden in jenen Jahren ausnehmend populär; die ganze Jugend wußte sie auswendig. Doch fehlte es nicht an Stimmen, die auf das Bedenkliche dieser Gedichte hinwiesen. In den Göttinger Gelehrten Anzeigen schrieb damals A.W. Schlegel - es ist das erste Mal, daß wir diesem Kritiker begegnen: "sie verrathen die kühne Hand desselben Verfassers, und verlieren nur hier und da durch kleine Incorrectheiten etwas an ihrer Schönheit. Selbst bei denen, welche die schaudervolle Erhabenheit in den beiden letzten Stücken ganz fühlen, möchte doch eine leise Stimme gegen manche Stelle sprechen. Sie werden es dem Dichter nicht verargen, daß er so etwas im Drange der Leidenschaft sagte, aber wohl, daß er es bei ruhiger Ueberlegung drucken ließ. Die kränkende Betrachtung, daß Kraft auch unwillkürlich oft schadet und zerstört, sollte den Mann von Genie um so behutsamer machen, es nie willkürlich zu thun." - Bald darauf sagte Schiller über Bürger etwas Aehnliches, nur feuriger, psychologischer, zusammenhängender; was derselbe A.W. Schlegel sehr ungehörig fand.

[S. 309] Die Bemerkungen über verschiedene dichterische Erscheinungen um die Begriffe sentimental und naiv zu erläutern, sind theilweise sehr fein. Was Schiller über Klopstock sagt, steht noch heute fest. Doch sind sie sehr ungleich, nicht blos weil Schiller´s Kenntniß unvollständig war, sondern weil es ihm mehr um ein Beispiel für seine philosophischen Sätze, als um eine sachgemäße Darstellung des Gegenstandes zu thun war. Wie wenig sich Schiller zum Kritiker im strengen Sinn eignete, zeigen seine Recensionen über Bürger (1790) und Matthisson (1794). Bei den letztern handelte es sich nur um die Berechtigung, die Natur als solche zum Gegenstand der modernen Poesie zu wählen. Wie wenig dieser außerhalb der Sache gelegene Gesichtspunkt geeignet war, den Gegenständen gerecht zu werden, hat Schiller in spätern Jahren laut genug ausgesprochen.

[S. 313] Schiller fühlte das Bedürfniß, mit seiner eignen lyrischen Vergangenheit abzurechnen, und ließ es Bürger entgelten. Der Läuterungsproceß, dem er seine Seele unterwarf, machte ihn auch gegen Andere hart. Es ist immer ein Mißbrauch, wenn man eine dichterische Erscheinung, statt sie in ihrem vollen Umfang zu würdigen, nur zur Entwickelung allgemeiner Ideen benutzt.

[S. 314] Bei Bürger's Gedichten dagegen empfindet er [Schiller] durchweg, „daß der Geist, der sich darin darstellt, kein gereifter Geist sei, daß seinen Producten nur deshalb die letzte Hand fehlt, weil sie ihm selbst fehlte." „Sie sind nicht blos Gemälde einer eigenthümlichen und sehr undichterischen Seelenlage, sondern sie sind auch Geburten derselben. .. Aber die Musen dulden auf ihrem Altar nicht gern ein ander Feuer als das einer reinen Begeisterung. . . Das Idealschöne wird schlechterdings nur durch eine Freiheit des Geistes möglich, welche die Uebermacht der Leidenschaft aushebt." Zum Schluß freilich: „Gern gestehen wir, daß wir das ganze Heer von unsern jetzt lebenden Dichtern, die mit Herrn Bürger um den lyrischen Lorbeerkranz ringen, gerade so tief unter ihm erblicken, als er selbst unter dem höchsten Schönen geblieben ist."
      Die Vorwürfe waren sehr aus der Oberfläche geschöpft, und was etwa davon gegründet sein mochte, traf Schiller´s eigne Gedichte doppelt und dreifach. Bürger's Talent war er in keiner Weise gerecht geworden: die Pfarrerstochter von Taubeuhain, der wilde Jäger, Kaiser und Abt, die Kuh, das Lied von der Treue — sämmtliche Balladen aus der Zeit von 1781—1788, waren fast gar nicht, oder nur in Bezug auf den häßlichen Stoss erwähnt, da doch die künstlerische Behandlung das Höchste war, was die Deutschen überhaupt in diesem Fach geleistet haben.

[S. 548] Durch seine Balladen ist Schiller noch populärer geworden als durch seine Dramen; sie enthalten keinen Verstoß gegen die Decenz, sie geben prächtige Schilderungen und in der Regel eine haltbare Moral. Jeder Quartaner lernt sie auswendig, und es scheint gewagt, etwas gegen sie einzuwenden. Doch muß gesagt werden, daß sie gegen Bürger ein ganz entschiedener Rückschritt sind. Durch Bürger's Balladen geht in langem Athem ein gewaltiger Zug der Leidenschaft, die alle einzelnen Gemälde in brausendem Fluß fortreißt; jede Schilderung ist diesem Geist des Gedichts dienstbar. Bei Schiller stehen die Schilderungen, glänzend wie sie sind, ganz für sich; wie sie mit dem Ganzen zusammenhängen, weiß man nicht; die Farbe kommt nicht von Innen. Im Kampf mit dem Drachen ist die Moral vortrefflich, und ebenso die Schilderung, aber beide haben nichts mit einander zu schaffen; ebensowenig im Grafen von Habsburg die prachtvolle Stelle über die Macht des Gesanges mit der Anekdote: überall zwei Elemente, die an einander geschweißt, nicht organisch aus einander hervorgegangen sind. Wo ein einheitlicher lyrischer Ton ist, wie im Ritter Toggeuburg oder im Polykrates, wird man durch den sonderbaren Stoff betroffen: die ganz fremde Vorstellung vom Neid der Gotter drängt sich der Phantasie unvermittelt und unvorbereitet auf, und der sentimentale Ritter, der immer nach dem Fenster der Geliebten sieht, ist vollends ein Bild, das Schiller's Seele ganz fremd ist.  Den Preis verdienen die Kraniche, wobei freilich der schöne Eumenidenchor dem Aeschylns angehört, und bei dem Dichter mehr das Geschick als das Gesicht zu bewundern ist. - Die Uebertragung der Balladenform auf griechische Stoffe war im Ganzen keine glückliche Wendung.
Wenn man eine beliebige deutsche Sage behandelt, so entspringt Ton und Farbe von selbst aus dem Gegenstand; bei den Sagen aus dem Alterthum dagegen, die durchweg auf eine epigrammatische Wendung ausgehn, muß man beides aus eigner Kraft hinzufügen, und daraus entspringt niemals ein organisches Ganze.“

 

1859

Anonym. Rezension von Gedichte von Heinrich Pröhle 1859. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen, Bände 25-27 Digitalisiert von Google

“[S. 217] Der Epiker, der Dramatiker, überhaupt jeder Dichter, der zum Stoffe noch ein Verhältniss hat, findet an diesem einen Halt, findet im Ringen mit dem Stoff dieselbe Erkräftigung und Erfrischung, dieselbe Erhöhung des Selbstbewusstseins, welche dem Menschen der Kampf mit dem Leben und seinen feindlichen Gewalten giebt. Unsere Gefühlslyriker, welche diesen Wiederhalt und Gegensatz am Stoffe nicht haben, hören auf zu singen, wenn die Wogen jugendlicher Empfindung minder hoch zu gehen anfangen, oder sie reiben sich auf, wie Lenau, Hölderlin, Heine, auch Bürger und schon Günther sich aufgerieben haben. Nicht durch ihr Leben, wie man mir in Betreff mehrerer von diesen entgegnen könnte, nein durch ihr Dichten haben sie sich aufgerieben, weil sie den Gegenstand und Gegensatz, den sonst der Stoff giebt, stets in sich selbst erzeugen mussten und so in sehnlicher Selbstbeschauung und wollüstigem Selbstgenuss zu Grunde gingen. Der Conflict muss sein, sie schufen ihn in sich, und ihr edleres Theil rieb das unedlere auf.“

 

1859

Scherr, Johannes. Schiller und seine Zeit. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 176] Die Anthologie berührt nicht selten die Gränzlinie, wo die Poesie aufhört und die pathologische Rhetorik, ja der physiologische Cynismus anfängt. Es fehlt auch in den Gedichten der Anthologie nicht an echt Schiller'schen Wendungen, an Kraft des Ausdrucks, an einzelnen Silberblicken des Genius. Allein im Ganzen stoßen wir hier doch auf ausreichende Beweise, daß in Schiller's Seele die rein lyrische Saite fehlte. Es ist eigen, daß der Dichter, welcher in seinen Dramen den vollen lyrischen Brustton so oft, vielleicht nur zu oft gefunden hat, kein eigentliches Lied hervorbrachte. Freilich, die Erklärung ist leicht. Schiller's Dichtung ist wesentlich Gedankenpoesie. Der Gedanke vermittelt bei ihm stets den Ausdruck der Empfindung. Die Stimmung geht bei ihm nicht unmittelbar heraus, sondern, wenn ich mich richtig ausdrücke, durch das Medium der Idee hindurch. Nur in ganz wenigen seiner Gedichte strömt das Gefühl unmittelbar. Deßhalb ist er als Lyriker nur groß, — dann aber auch unerreicht groß, — in der philosophischen Rhapsodie. Hier erfüllt er auch lyrisch, was Bürger so bündig wie schön als die Aufgabe der Poesie bezeichnet hat.

[S. 414] So faßte auch Schiller den Dichter, als er noch 1790 seine Rezension von Bürger's Gedichten schrieb, welche im folgenden Jahr in der Allgemeinen Literaturzeitung erschien und dem Schöpfer der Lenore freilich Unrecht that, weil der Maßstab, den Schiller an ihn legte, ein zu hoher war. Aber sie ist höchst merkwürdig, insofern Schiller hier der Welt und sich selber das Bild des Dichters, wie er sein soll, vorzeichnete. ´Es ist nicht genug — sagt er — Empfindung mit erhöhten Farben zu schildern; man muß auch erhöht empfinden. Begeisterung allein ist nicht genug; man fordert die Begeisterung eines gebildeten Geistes. Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese muß es also werth sein, vor Welt und Nachwelt ausgestellt zu werden. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, zur reinsten, herrlichsten Menschheit hinaufzuläutern, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft, ehe er es unternehmen darf, die Vortrefflichen zu rühren. Vom Aesthetischen gilt eben das, was vom Sittlichen: wie es hier der moralisch vortreffliche Charakter eines Menschen allein ist, der einer seiner einzelnen Handlungen den Stempel moralischer Güte aufdrücken kann, so ist es dort nur der reife, der vollkommene Geist, von dem das Reife, das Vollkommene ausfließt." Von diesem hohen Standpunkte der Kritik herab ermaß Schiller die Wegstrecke, welche ihn selber noch von seinem Ideal eines Dichters trennte, und ging rüstig daran, diesen Zwischenraum zu verringern.“

 

1859

Anonym. Sitzungen der Berliner Gesellschaft. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen, Bände 25-27 Digitalisiert von Google

“[S. 197] Herr Pröhle hielt darauf einen Vortrag, worin er Nachträge zu seiner Schrift über Bürger gab, anknüpfend an Dasjenige, was er in seinen Nachträgen und Berichtigungen zu dieser Schrift früher schon in Herrig's Archiv niederlegte. In diesen Nachträgen im Archiv ist das in Göttingen erschienene Bild von Molly schon als unecht vermuthet. Es ist in der That das Bild einer Cousine Molly's. Aus Pröhle's mündlichen Mittheilungen erfuhr die Gesellschaft ferner 1) dass noch jetzt eine unverheirathete Tochter Bürger's am Leben ist und 2) dass sich Bürger selbst bei seinem Tode nicht in so schlechten Umständen befand, als man gewöhnlich glaubt. Dieses und Anderes erhellte ans der vollständigen Vorlesung eines an Dr. Pröhle gerichteten Briefes, zu dessen Anhörung er die Gesellschaft um so lieber einlud, als sein Inhalt sich theilweise zur Mittheilung durch den Druck in mehrfacher Beziehung nicht eignet. Er ist übrigens, seit sein Buch über Bürger bei Gustav Mayer in Leipzig erschien, noch in den Besitz vieler anderer werthvoller Mittheilungen über Bürger gekommen, welche er bald für den Druck zu bearbeiten gedenkt.“

 

1859

Seemann. Rezension H.Pröhle (G.A. Bürger, Sein Leben und seine Dichtungen / Zusätze und Berichtigungen zu meiner Schrift) . Heidelberger Jahrbücher der Literatur, Band 52. Digitalisiert von Google.

“[S. 758] Seine in diese Zeit fallende persönliche Bekanntschaft mit Schiller wird kurz berührt, die Einwirkung des Lichtenberg-Kästner´schen Kreises ("in welchem man seine Frau Schnips bewunderte und Spielereien anregte") auf die weitere Entfaltung seines Dichtergenius als ungünstig geschildert. In der That bleibt es unbegreiflich, wie ein so plattes um nicht zu sagen rohes Machwerk also die Frau Schnips einem Lichtenberg ernstlichen Beifall abzunöthigen vermochte.

[S. 758] Nicht dass wir in das allgemeine Geschrei unserer Zeit nach sogenannten populären Schriften einstimmten, allein wir meinen, gerade Bürger, der als Volksdichter im eigentlichsten Sinne unsterbliche Bürger, hätte eine wärmere, vom Herzen zum Herzen sprechende Darstellung verdient. Es fehlt dem Verf. das nach unserer Ansicht für einen Biographen unerlässliche Maass der Begeisterung für seinen Gegenstand, der allein harmonisch durchgebildete und lebenswarm dahinströmende Darstellungen zu entquillen vermögen.

[S. 759] Nur dem Urtheile des Verf. über Bürgers erotische Poesien vermögen wir nicht ganz beizustimmen. Dass in diesen "dieselbe dunkle verzehrende Flamme, wie in seinem Leben, lodert", ist leider nur zu wahr, dennoch aber finden wir es zu hart, wenn der Verf. von der herrlichen und bis jetzt in der Form noch nicht erreichten Bearbeitung des übrigens trotz der entgegenstehenden Behauptung Dörings sicher nicht von Catull herrührenden Pervigilium Veneris sagt, dass die Schwüle brünstiger Genussucht, nicht die Heiterkeit lieblicher Sinne darüber schwebe. Wollten wir überall einen sо strengen Maasstab anlegen, welchen erotischen Dichter des Alterthums dürften wir dann wohl ohne das tiefste Schamerröthen zur Hand nehmen? Wir glauben dagegen nicht zu viel zu behaupten, wenn wir sagen, dass die Durchdringung von antikem Stoff und moderner Form noch in keinem Kunstwerke so vollendet zur Darstellung gelangt ist, als gerade in der Nachtfeier, und dass Bürgers Name unsterblich sein würde, auch wenn er nichts weiter geschrieben hätte.”

Die vollständige Rezension in der ONLINE-BIBLIOTHEK

 

1859

Menzel, Wolfgang. Die Sturm- und Drangperiode. In: Deutsche Dichtung. Dritter Band. Digitalisiert von Google.

“[S. 178] Bürgers Werke erschienen 1835 gesammelt. Schiller griff ihn ungerecht an, A.W. Schlegel vertheidigte ihn. Sein Verdienst ist, daß er sich zum Ton und Geist des Volksliedes hingedrängt fühlte und eine Menge alte Sagenstoffe in Romanzen verarbeitete. Allein er trug noch zu sehr den Zopf der Zeit, um nicht, wie Stolberg, in ein rohes Poltern zu fallen. Die heilige Zartheit des echten Volksliedes hat er nie erreicht. Er lermt, prahlt zu viel und wird burlesk, wenn er populär seyn möchte. Er wird gemein, indem er sich zum Volk herabzulassen vermeint, ohne zu merken, daß das alte Volkslied voll Adel ist. In diesen Fehler waren auch schon Claudius und Löwen gefallen. Auf Bürger wirkten auch die altenglischen Balladen ein, die damals gesammelt worden waren. Aus ihnen entlehnte er hauptsächlich die Geisterschauer, z.B. seiner Lenore:
  Zu Lenoren kommt bei Nacht plötzlich ihr Liebhaber, ein in der Schlacht (im siebenjährigen Kriege) gefallener Reiter als Gespenst, holt sie ab, setzt sie hinter sich aufs Roß und reitet mit ihr in die Hölle. Vgl. die kleine Abhandlung über sie von Wackernagel in Haupts altdeutschen Blättern I. 174 f. August Wilhelm Schlegel hat diese Ballade so sehr gepriesen, daß er sagt: um ihretwillen allein würde Bürger unsterblich seyn. Gleichwohl vermag ich in der Form der Bürgerschen Ballade den echten volksthümlichen Ton nicht zu erkennen. Es ist ein Poltern, ein Aufhebens, ein Wichtigthun darin, die der edeln Einfachheit des echten Volksliedes geradezu widersprechen. Doch kann das dem poetischen Inhalt keinen Abbruch thun. Dieser gehört nicht Bürger, sondern der deutschen Sage an. Vgl. Müllenhoff, Sagen aus Schleswig, Holstein Nr. 224.
    In Lenore und in des "Pfarrers Tochter von Taubenheim" sind Treue und Untreue schön und in ihrer ganzen leidenschaftlichen Tiefe contrastirt. Der wilde Jäger macht mehr nur Lermen. Weniger volksthümlich erscheint Lenardo und Blandine. Etwas zu gedehnt ist das einem reizenden alten Fabliau entlehnte "Lied von der Treue". Viel Lerm um nichts macht das lange Gedicht "die Entführung". Gut ist der altdeutsche Schwank vom Abt und Schäfer.
 Viel zu prahlend das berühmte Lied vom "braven Manne". Eins der bekanntesten Gedichte Bürgers ist sein Zechlied:
    Ich will einst bei Ja und Nein
    Vor dem Zapfen sterben!
 Es ist gleichfalls verschroben. Halb hat es die herrlichste Trinkerlaune, halb ist es wieder gemein und niedrig. Schubarts und Schillers Kraftgefühl und Oppositionsgeist regt sich in folgenden Liedern: Männerkeuschheit.
    Wer nie in schnöder Wollust Schooß
    Die Fülle der Gesundheit goß
und:
    Wer bist du Fürst, daß ohne Scheu
    Zerrollen mich dein Wagenrad,
    Zerschlagen darf dein Roß? usw.
Am merkwürdigsten ist aber in einigen Liedern Bürgers der erhabene Schiller´sche Schwung. In der Nachtfeier der Venus glaubt man schon die Klage der Ceres von Schiller zu hören. So erinnert "Adeline" an Schillers begeistertes Lied auf Laura.
    Es war jedensalls ein richtiges Gefühl, was Bürgern aus der Classicität heraus riß zum deutschen Volksgeist und Ton; wenn er auch vorerst nur das Drastische daran vorzog. Es bedurfte erst starker Nervenschläge, ehe die feinern Nerven leichtere Berührungen ertrugen.
  Einige Lieder Bürgers verrathen noch ganz die Gleim´sche Schule anakreontisch-catullischer Tändelei, z. B.:
    Freund Amor, kannst du machen
    Für einen hübschen Kuß,
    Daß mein Agneschen lachen
    Aus frommen Augen muß? usw.
Ein paar Lieder sind ganz Voßisch, so besonders das Spinnlied:
    Hurre, hurre, hurre,
    Schnurre, Rädchen, schnurre usw.
Andere ganz nach Claudius Weise, z. B. an den Mond:
     Ei schönen guten Abend dort am Himmel,
     Man freuet sich, Ihn noch fein wohl zu sehn  usw.
und
     Herr Bacchus ist ein braver Mann,
     Das kann ich euch versichern,
     Mehr als Apoll, der Leyermann
     Mit seinen Notenbüchern   usw.
Echt bürgerisch sind vorzüglich die Lieder, worin der nachlässigste Ton der Vertraulichkeit angestimmt wird:
     Mein Trautel hält mich für und für
     In festen Liebesbanden  usw.
oder:
     Mädel schau mir ins Gesicht  usw.
Im Löwen- und Blumauerschen Styl burlesker Travestie der classischen Mythendichter ist besonders die Menagerie der Götter gedichtet. Desgleichen die Travestie der Europamythe, das Lied von der Frau Schnips, die auch noch im Himmel ihre Galle ausläßt und alle Heiligen ausschimpft.”

 

1859

Storm, Theodor. Deutsche Liebeslieder seit Johann Christian Günther. Eine Codification von Theodor Storm.

“[S.XV] Bürger´s unkritische und ungezügelte Natur läßt - ähnlich wie bei Günther - nur selten eine reine Produktion aufkommen. Welch´ ein Sonnenglanz des vollsten Liebeslebens liegt nicht auf den Strophen:

    Mädel, schau´ mir in´s Gesicht!           Bist nicht häßlich, das ist wahr!
    Schelmenauge, blinzle nicht!             Aeuglein hast du, blau und klar;
    Mädel, merke was ich sage!              Stirn und Näschen, Mund und Wangen
    Gib Bescheid auf meine Frage!            Dürfen wohl ihr Lob verlangen.
    Holla, hoch mir in´s Gesicht!              Reizend, Liebchen, das ist wahr,
    Schelmenauge, blinzle nicht!             Reizend bist du offenbar!

Aber im weitern Verlauf verläßt den Dichter jede concrete Anschauung, und er fällt aus einer Redensart und aus einem Gemeinplatz in den andern. Und ähnlich geht es ihm in den meisten seiner Lieder. Freilich, wo es ihm einmal gelingt, wie in der “Abendphantasie eines Liebenden”, erhebt er sich dafür auch zu einem Hymnus, der noch späte Geschlechter die berauschende Kraft jener unseligen Leidenschaft mitempfinden lassen wird.”

 

1859

Vernaleken, Theodor. Der Todtenritt. In: Mythen und Bräuche des Volkes in Oesterreich. Wien. Digitalisiert von Google

“[S. 75] In ganz Deutschland ist Bürgers Lenore bekannt, weniger das Volkslied ´Wilhelms Geist´ (bei Herder 6, 8) und das im ´Wunderhorn´ (2, 9) mitgetheilte. “

 

1859

Radic, Peter von. "Zur Schillerfeier." Vortrag gehalten in der November-Versammlung des histor. Vereins für Krain. In: Mittheilungen des historischen Vereines für Krain, November. Laibach. Digitalisiert von Googfle

“[S. 86] Aus dem Deutschen übertrug unser gefeierter sloven. Dichter Presern Bürgers Lenore in den ´Ubelice´1830.

[S. 87] Bürgers Lied vom braven Mann ´pesem od verliga moza´ brachten aus [Jovan] Koseski´s Feder die ´Novice´ 1844 und dessen wilden Jäger ´Divji love´ aus derselben Feder der nämliche Jahrgang. Den Abt von Bürger übertrug der verstorbene Dr. Tusek in den ´Óbelice´
 “

 

1859

Alvensleben, Ludwig von. Die Grafen von Saint-Romain. Dritter Band. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 74] Mein lieber Ernst! Das Verschwinden der schönen Madame Brand hat trotz aller politischen Tagesinteressen ungeheures Aufsehen gemacht, und zwar noch mehr durch die Nebenumstände, als durch das Ereigniß selbst; denn da seit Bürgers Lenore kein Weib durch einen Geist entführt worden ist, also auch auf Dich, den Todten, kein Mensch rathen kann, zerbricht man sich die Köpfe darüber, wer wohl der Glückliche sein mag? der sich auf so schlaue Weise, daß alle Nachforschungen nach ihm nicht die geringste Spur entdecken ließen, in den Besitz der schönen Frau und des noch schöneren Geldes zu setzen gewußt hat. “

 

1859

Anonym. Literarische Miscellen. In: Bibliographisches Central-Organ des österreichischen Kaiserstaates. Wien. Digitalisiert von Google

“[S. 142] Bürger´s Balladen in´s Italienische übersetzt In den letzten Jahren sind im lomb.- venetianischen Königreiche mehrere und darunter recht gelungene Versuche gemacht worden die Meisterwerke deutscher Wissenschaft und Poesie auf italienischen Boden zu verpflanzen So sind von ersteren zu nennen Schlegel´s Vorlesungen über Literatur, Humboldt´sCosmus u. a. Unter den Uebertragungen poetischer Werke erschienen auch die Ballate di G. A. Bürger tradotte da C. Varese. (Vicenza Paroni 161 S. 3 Bl gr 8.) Unter den übersetzten Gedichten befinden sich das Lied von der Treue, der Kaiser und der Abt, das Lied vom braven Manne, die Tochter des Pfarrers von Taubenhain (Colombosco), Lenore, die Weiber von Weinsberg, Lenardo und Blandina, der wilde Jäger. Eine kurze Lebensbeschreibung Bürgers und eine Darstellung des Standpunkts den er in der deutschen Dichtung einnimmt, geht der Uebersetzung voran. So gelungen Einzelnes ja Vieles in diesen Uebertragungen ist, so sind wir doch der Ansicht des berühmten Paduaner Professors, welcher Bürger in die Kategorie der unübersetzbaren Poeten einreiht und stimmen ganz mit Cesare Cantú überein, wenn er sagt: ´der sehr familiäre´ d. i. nämlich der Volkston, in welchem Bürger die erhabensten Fantasien vorzutragen versteht, macht jede Uebersetzung desselben sehr schwer und so zum Beispiel gerade in der Lenore ist das Streben, den aus dem Wunderbaren abgeleiteten Schrecken durch den unentbehrlichen Parallelismus in der Fügung der Worte und Reime zu bewahren, eine unbesiegbare Schwierigkeit. Uebrigens erfahren wir von Varese, dass Bürger die Idee zur Ballade ´der Kaiser und der Abt´ aus einer bekannten Novelle Sacchettis genommen haben dürfte. Auch dem Gedichte ´Das Lied vom braven Manne,´ liegt eine Begebenheit zu Grunde, welche sich in Verona 1759 thatsächlich ereignet hat. Ein Graf Spolcerini war es, der dem Retter die Belohnung anbot, und der Name des heroischen Retters ist Bartolomeo Rubell.“

 

1859

Romang, Johann Peter. Die neuere Pädagogik und Volksbildung in ihren religiösen Consequenzen. In: Ueber Unglauben, Pietismus und Wissenschaft. Bern und Zürich. Digitalisiert von Google

“ [S. 60] Und schon die Zersplitterung der zu verwendenden Zeit und Kraft, und die Ablenkung des Interesses vom Religiösen, durch die unverhältnißmäßige Mannigfaltigkeit der Unterrichtsgegenstände, hat unvermeidlich die Wirkung, daß nicht die ehemalige tiefeingeprägte Bekanntschaft auch nur mit dem Geschichtlichen und Stofflichen der christlichen Lehre, und noch weniger die ehemalige Festigkeit der Conviction zu Stande kommen kann. In vielen Primarschulen werden die Kinder kaum mit den wichtigsten äußerlichen Thatsachen der Religion recht vertraut. Und die Schullehrer des XIX. Jahrhunderts sind so aufgeklärt geworden, daß sie keinen Katechismus in der Schule toleriren, ja kaum noch einige geistliche Lieder und etliche Bibelverse ernstlich wollen auswendig lernen lassen. Nichtsdestoweniger läßt man den trefflichen Unterricht in der ´Sprachdenklehre´ zu einer fast mechanischen Trüllerei werden, und Bürgers Leonore, den Abt von St. Gallen, und noch Unpassenderes von den Bauern- und Bettelkindern memoriren.
   Ueberall strebt man, in kleinlicher Eitelkeit, mehr darnach, unterrichtet, als gut und fromm zu sein.“

 

1859

Anonym. Paris im September. (Die Ary Scheffer´sche Austellung). In: Die Dioskuren, 1. Oktober. Berlin. Digitalisiert von Google

“[S. 160] Blühende Einbildungskraft warf ihren poetischen Zauber über jene Schöpfungen, in denen sich die Scheffer'sche Muse zu immer höherer Vollendung emporschwingen sollte. 1831 entstand der gleichfalls dem Luxembourg angehörende ´Larmoyeur´ (Eberhard der Greiner), und von nun an ward die deutsche Dichtkunst der nie versiegende Bronnen, ans dessen Tiefe des Künstlers Genius stets frische Nahrung schöpfte. Bürgers ´Leonore´ eröffnet die Reihe. Der Künstler hat den Moment der Heimkehr dargestellt. Die tapfern Ritter haben soeben ihre Schlachtrosse verlassen und begrüßen freudig die zurückgelassenen Lieben; manch schlanke, blonde, liebliche Mädchengestalt jubelt beglückt am Halse des heimgekehrten Geliebten. So reizvoll, mannigfaltig und bewegt ist jene Scene, daß die Hauptgestalt der ´Leonore´ durch das bunte Lebensbild fast verdunkelt wird. Der ganze Zauber des alten romantischen Ritterthums durchweht jenes Gemälde, die reichste blühende Farbe duftet uns daraus entgegen. Die Gräber der auferstandenen Todten, die grauen, geheimnißvollen Schatten des Mondlichts bilden den Hintergrund seiner zweiten ´Leonore.´ Bedeutend tritt aus dem schwankenden Gespensterchor das schöne, bloße Profil, der weiße glänzende Nacken, das rothe, im Nachtwind flatternde Gewand der rabenhaarigen Todtenbrant hervor. Auf geflügeltem, feuerspeiendem Rosse, im Arm ihres Geisterbräutigams, rauscht sie an uns vorüber.“

 

1859

H. M. [Hermann Marggraff?] Goethe's ´Faust´ in Frankreich. In: Blätter für literarische Unterhaltung. 6. Januar. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 42] Sehr wahrscheinlich infolge der gelegentlich von uns schon erwähnten Aufführung des Dennery'schen ´Faust´ in der Porte St.-Martin und der angekündigten Absicht, den echten Goethe'schen ´Faust´ auf dem Odeon in Scene gehen zu lassen, mag sich die ´Illustration´ bewogen gefunden haben, die Cornelius'schen Zeichnungen zum ´Faust´ durch Nachbildungen, die in Nr. 46 beginnen, zur Kenntniß des französischen Publikums zu bringen. Der Erklärer bemerkt im Eingange seines Artikels, daß keine Nation, selbst nicht die französische, ein Werk besitze, welches wie Goethe's ´Faust´ so tief in das Volk eingedrungen sei; Gelehrte und Studirende, Hofleute und Bauern wüßten, jeder nach seiner Weise, Stellung und Bildung dieser ´création magistrale´ zu würdigen. Das rühre daher, weil ´Faust´ ein „oeuvre éminement nationale´ sei u. s. w. Dies ist sicherlich sehr richtig und dieses specifisch Deutsche, welches dem Goethe'schen ´Faust´ zum Unterschiede von allen überhaupt existirenden Dichtungen eigenthümlich ist, mag auch einer seiner Hauptreize für den Ausländer sein, während doch auch wieder keine andere Dichtung so reich an allgemein menschlichen Gesichtspunkten ist, keine wie diese den ganzen Kreis des modernen Bewußtseins so nach allen Richtungen ausschreitet. Ob aber, wie der französische Interpret versichert, Goethe's ´Faust´ auch in die Hütte des Bauern gedrungen, möchte doch wol zu bezweifeln sein. Sehr wahrscheinlich beschränkt sich die Kenntniß des Landmanns von der Faustsage auch jetzt noch auf das alte Faustbuch. Ueberhaupt ist die angebliche Popularität selbst oder gerade unserer größten Dichter wol nur eine Illusion; der eigentliche Bauer, das eigentliche Volk liest sie nicht und ersteht sie nicht, kann sie auch seiner ganzen Anschauungsweise nach nicht verstehen, denn sie reden zu dem Volke in einer Sprache und in Vorstellungen, die es erst mühsam lernen müßte. Von unsern Dichtern ersten Ranges hat es wol nur Bürger mit einigen seiner Lieder und Balladen, namentlich der ´Lenore´, wirklich zu einiger Volksthümlichkeit gebracht. Noch jüngst schrieb uns ein preußischer Schulmann, auf dessen briefliche Bemerkungen wir schon dann und wann Bezug genommen haben: ´Ja, ja, predigen Sie unaufhörlich die Wahrheit, die reine wenn noch so traurige Wahrheit, ´daß unsere classischen Dichter wenig oder vielmehr ganz und gar nicht ins Volk gedrungen sind´, predigen Sie dieselbe unermüdlich eben darum, weil es allein die Wahrheit ist, von jedem andern Beweggrunde vorerst ganz abgesehen.´ Die gäng und gäbe gewordene Meinung, daß z. B. Schiller, von Goethe gar nicht zu sprechen, im eigentlichsten Sinne populär sei, ist deshalb schädlich, weil sie unsere Begriffe über das, was das Volk begehrt und versteht, gänzlich irre führt. [...].“

 

1859

Unzeitgemäße Gedanken. In: Kladderadatsch. 22. Mai. Berlin.  Digitalisiert von Google

“[S. 95] Groß ist der Tod für einen guten Fürsten,
      Mit Zepter, Wag´ und Schwert in tugendhafter Hand,
     Wohl mag der Edeln Muth nach solchem Tode dürsten:
     Denn es ist Tod zugleich für Volk und Vaterland.

     Für blanke Majestät, und weiter nichts, verbluten,
     Wer das für groß, für schön und rührend hält, der irrt.
     Denn das ist Hundemuth, der eingepeitscht mit Ruthen
     Und eingefüttert mit des Hofmahls Brocken wird.

     Sich für Tyrannen gar hinab zur Hölle balgen,
     Das ist ein Tod, der nur der Hölle wohl gefällt.
     Wo solch ein Held erliegt, da werde Rad und Galgen
     Für Straßenräuber und für Mörder aufgestellt.
                           Gottfried August Bürger

 “

 

1859

Schücking, Levin. Die Feindin. In: Erzählungen und Novellen. Dritter Theil. Hannover. Digitalisiert von Google

“[S. 68] Am 15. Juni. Verlache mich nicht, mein theurer Max, aber ich bin unglücklich, vollständig unglücklich. Dies Mädchen hat eine Macht über mich erlangt, die ich nicht abschütteln kann, wie oft auch ich mir sage, daß ich ein Thor, ein Narr bin, ein jämmerlicher Sclave — was hilfts! Ich liege wie unter ihrem Banne. Kleinmüthig und unruhig kehrte ich von meiner letzten Unterredung mit ihr zurück. Meine Gedanken waren völlig von ihr und von dem, was sie mir gesagt, absorbirt. Meine Beschäftigungen hier, in die ich mich mit so großem Eifer gestürzt, waren mir gleichgültig, ja mehr als das, sie waren mir zuwider geworden. Ich fühlte, Sophie hatte mir in meine Pläne und Entwürfe einen Wurm gesetzt, ich hätte all die Arbeiter um mich her, denen ich so oft tagelang, von einem zum Andern wandelnd, zugeschaut, fortjagen mögen. Ich hütete mich Sparenberg zu begegnen, um seinem verkniffenen Augenblinzeln nicht ausgesetzt zu sein.
   Das ging einige Tage so fort. Endlich ermannte ich mich, und mit dem Ruf Karl's von Eichenhorst, des romantischen Ritters:
    Knapp', sattle mir mein Dänenroß,
    Daß ich mir Ruh' erreite,
    Es wird mir hier zu eng im Schloß,
    Ich will und muß in's Weite!
befahl ich Abdallah vorzuführen. Es liegt etwas unendlich Stählendes, Ermuthigendes in einem tüchtigen Ritt durch den frischen Wind — so hatte ich denn auch bald den Muth, das Haupt meines treuen Thieres den Zinnen oder besser dem weißgetünchten Giebel von Osterlohe zuzuwenden.

 

1859

Fritze, Ernst [d.i. Luise Reinhardt]. Ernest Octav. Zweiter Band. Prag. Digitalisiert von Google

“[S. 69] ´Aha, Du hast auch peurs--´ fuhr der Präsident auf ´Baue auf mich - Benno ist mein Gegengift für Madame, und Madame ist das niederschlagende Pulver für Benno. Reise mit Gott, mein Junker, laß Dir eilig ´Dein Dänenroß satteln, damit Du Ruh Dir erreitest´ -.´ Er streckte seine Hand aus, drückte und schüttelte herzhaft die feine schmale Hand des Neffen und wies dann zur Thür. “

 

1859

Anonym. Fränkischer Wald. Kronach. Digitalisiert von Google

“[S. 172] ´Knapp, sattle mir mein Dänenroß!´ ruft der Franzos dem Dänen zu, und mit Freuden sattelt's der dänische Knappe und zäumt's und führt's ihm zu. Manches tausend Gäule wird in Jütland, Seeland und auch Schleswig aufgekauft und von den Häfen Tönning, Husum usw. auf Dampfern hinüber nach Havre, Calais usw. geschafft. “

 

1859

Willkomm, Ernst. Der Siebeneck. In: Neue Novellen. Zweiter Band. Nordhausen. Digitalisiert von Google

“[S. 139] ´Kümmert uns auch nicht,´ sprach Hardeck. ´Ich habe meine eigenen Vermuthungen, will aber diesmal mich keiner abermaligen sogenannten Verrätherei schuldig machen.´
   Ernestine warf die schönen Lippen auf und fing mit Emphase an zu declamiren:
       ´Auf, sattle mir mein Dänenroß,
        Daß ich mir Ruh´ erreite!´
   ´Getroffen!´ rief Hardeck und klatschte in die Hände. “

 

1859

Rank, Josef. Ueber die volksthümliche Sprache und Charakterzeichnung in Schiller´s Dramen. In: Westermann´s Jahrbuch der Illustrirten Deutschen Monatshefte. Sechster Band. Braunschweig. Digitalisiert von Google

“[S. 81] Dies der Ausspruch unsers großen Dichters. Welche Anwendung er davon auf Bürger´s Gedichte machte, das ist aus der vorerwähnten Recension bekannt; - aber welche Anwendung sollen wir auf Schiller selbst davon machen? Es sei mir erlaubt, eine flüchtige Antwort auf diese Frage zu versuchen....
    Schiller ist der nationalste, populärste Dichter Deutschlands - wer hätte diesen Ausspruch nicht oft genug gehört und zum Theil schon selbst gethan?
  Aber Schiller - der populärste Dichter Deutschlands? - er, der nie darnach gestrebt hat, in dem engern Sinne ein volksthümlicher Dichter zu sein, wie es z. B. Bürger war? War es Schiller nicht stets nur darum zu thun, ohne Rücksicht auf das Publicum auf die höchsten Ziele eines schöpferischen Geistes loszugehen, die erhabensten Formen alter und neuer Zeit zum Muster zu nehmen, diese Formen mit dem gediegensten Inhalt der Wissenschaft und Erfahrung zu füllen - und schließlich in harmonischen Meisterwerken den schönsten Gefühlen des Herzens, den reinsten Forderungen der Vernunft und den blühendsten Gebilden der Phantasie gerecht zu werden?`

[S. 88] Man könnte nun fragen: warum Schiller in seinen classischen Tagen, wo er die Fehler und Schwächen seiner Jugendwerke ganz wohl einsah, nicht Hand anlegte und sie beseitigte? ... Aber ein productives Genie, wie er, blickt vorwärts, um Neues, Besseres zu schaffen, nicht rückwärts, um ewig an dem Alten, Ueberwundenen zu feilen: - ferner ist es grade großen Männern selten gegeben, ihre Fehler vor der Welt ängstlich zu verbergen; - und hätte Schiller sie dennoch ausgemerzt - wir wären nicht sicher, ob die bei Seite geworfenen Stellen nicht von geschäftigen Reliquiensammlern uns jetzt wieder mit langen, langen Commentaren aufgetischt würden!...
   Sei uns Schiller - wie er ist - : als jugendlicher Stürmer, als rastloser Kämpfer, als erhabener Denker und Mann - sei er uns als Schöpfer classischer Werke willkommen! Lieben, verehren wir ihn mit sammt seinen Schwächen und Tugenden und seien wir froh: daß er da war, daß er dem Vaterlande angehört - daß er neben Goethe in Erz - und als Liebling neben ihm in unsern Herzen steht!

  Der vollständige Beitrag in der ONLINE-BIBLIOTHEK

 

1859

Briefkasten. In: Kladderadatsch, 31. Juli. Berlin. Digitalisiert von Google

“S. S. und W. in Breslau: Herzlichen Gruß. Herr Baucke hätte sein weises ´Eingesandt´ in Nr. 335 der ´Schlesischen Zeitung´ vielleicht unterlassen, wenn die Bildung eines Preußischen Seminar-Directors die Güte hätte, sich bis zur Kenntniß der Gedichte des Deutschen Dichters Bürger zu erstrecken! “

 

1859

Jürgens, Karl. Neue Agitation für die Vorgeltung und Führung Preußens in Deutschland um die Zeit des Regierungswechsels in Preußen . In: Deutschland im französisch-sardinischen Kriege. Basel. Digitalisiert von Google

“[S. 201] Die ´Postzeitung´ verweist uns ganz gemüthlich auf den — ´deutschen Bund´. Wenn nur beide Großmächte dem Bunde mit unwandelbarer Treue sich hingeben, wenn besonders Preußen sein Streben nach einer gewissen politischen Führung und Vorgeltung im außerösterreichischen Deutschland ehrlich aufgibt, dann ist dem Bedürfnisse Deutschlands und des europäischen Gleichgewichts vollkommen Genüge geschehen, und wir bedürfen gar keiner weiteren Verständigungen und Abkommen zwischen Oesterreich und Preußen. Freilich! ´Wer das Wenn und das Aber erdacht, hat sicher aus Häckerling Gold schon gemacht!´ ´Wenn´ Preußen auf seinen deutschen Beruf verzichten, ´wenn´ Oesterreich niemals seine zugleich außerdeutschen Hausmachts-Interessen auf Kosten Deutschlands verfolgen, ´wenn´ die Mittelstaaten niemals wieder an eine Separat-Politik, wie in Rheinbundszeiten oder wie noch neuerlichst in Bamberg, denken wollten, ja, dann könnte der ´Bund´ vielleicht allein schon alles leisten, was unser patriotisches Herz begehrt.“

 

1859

Scholz, F. Der rechte Standpunkt. In: Der rationelle Bienenstock. Sagan und Sprottau. Digitalisiert von Google

“ [S. 5] In Rücksicht auf den Ton meines Liedes könnte mancher Isegrimm darüber mit mir rechten wollen, daß es den Gegenstand nicht mit Ein und demselben ernst gemessenen Takt abhandelt, sondern oftmals in ganz unvermittelten Sprüngen aus dem ernsten Adagio in das scherzende Allegretto übergeht. Diese Manier kommt auf Rechnung des ´guten Hans Bendix´ dem ich als Sekretair gedient habe, da er bekanntlich selber, wie der Dichter Bürger es in dem ´Anhange´ [d.i. Der Kaiser und der Abt] dieses Buches bezeugt hat, weder lesen noch schreiben kann. Hans Bendix, als nüchternes Naturkind, weiß Nichts von Consequenzen des strengen System's noch vom steifen Parademarsch des Schematismus. Er hat mir vielmehr die Lebensbilder so bunt und kraus, bald heiter, bald ernst, grade so übergeben, wie sich dieselben in dem Guckkasten des rationellen Bienenstockes, seinen guten hellen Augen und seinem gesunden Menschenverstande eben dargeboten. Und darum habe ich auch mein Lied ebenfalls so niedergeschrieben, wie es mir die Schalmei des alten markigen Hirten als eine freie, fröhliche Naturdichtung in die Feder geflötet hat.“

 

1859

Pohl, Richard. Liszt´s Lenore. In: Die Tonkünstler-Versammlung zu Leipzig am 1. bis 4. Juni 1859. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 33] Jetzt folgte Frau Franziska Ritter, welche durch das Theater-Concert bereits der entschiedene Liebling des Publikums geworden war, mit dem Vortrag von Bürger's ´Lenore´, zu welcher die melodramatische Clavier-Begleitung, von Liszt (Manuscript, zum ersten Male) componirt, durch H. v. Bronsart (ebenso wie das Accompagnement der übrigen Vorträge dieser zweiten Matineé) mit dankenswerther Bereitwilligkeit übernommen und mit feinstem künstlerischen Verständniß ausgeführt wurde. Frau Ritter's Vortrag war von hinreißender Gewalt, so durchaus dramatisch, im edelsten Style gehalten, daß die weltbekannte Bürger´sche Ballade mit kaum geahnter Größe vor uns hintrat. Hiermit das echt dämonische, geniale Colorit der Liszt´schen Composition (worüber später noch ausführlicher zu sprechen ist) verbunden - gab einen vollendeten Gesammteindruck von unbeschreiblicher, uns unvergeßlicher Wirkung, welche in dem Beifallssturm der Auditoriums seinen entsprechenden Ausdruck fand. Frau Ritter wurde nicht weniger als viermal gerufen.

[S. 61] Setzen wir aber auch noch hinzu: einen Componisten, welcher poetisches Gefühl genug besitzt, keine Fehler in der Wahl der Dichtungen zu machen, Werke aufzufinden, bei denen wirklich die eben besprochene Art der künstlerischen Behandlung zur Notwendigkeit wird und die, hinlänglich gehaltvoll, die Mühe der Arbeit zur Belohnung umwandeln.
   Solche Meister sehen wir in Schumann und Liszt vor uns. Der erste, eigentlicher Wiederbeleber des Melodramas, hat mit dem ´Haideknaben´ jedenfalls einen sehr glücklichen Griff gethan. Denn das Gedicht, obwol vielfach angegriffen wegen seines gräßlichen Vorwurfs, scheint uns mit Unrecht verketzert zu werden. Das andere Gedicht, ´Schön Hedwig´, erscheint nicht so glücklich in seiner Wahl. Zwar ist die Auffassung der Liebesfrage originell, wie von Hebbel zu erwarten, doch findet sich sonst eine Kälte und Nüchternheit in der Farbe, welche uns nicht zusagen will und Schumann wahrscheinlich veranlaßt hat, die Staffage des Festes so breit auszuführen, wie dies am Anfang und Schluß zu ersehen ist.
   Wie ausgezeichnet dagegen die Wahl der Bürger'schen ´Lenore´ zu nennen ist, brauchen wir wol unseren deutschen Lesern nicht erst zu sagen. Nach unserer Ueberzeugung zählt diese neue Schöpfung zu den meisterhaftesten Gebilden des großen Componisten. Hervorheben möchten wir an derselben hauptsächlich die große Zurückhaltung dem Werke des Poeten gegenüber, eine Eigenschaft, die alle Hörer und Leser zugestehen werden, und seltsam zu der angeblichen ´Maßlosigkeit´ ihres Schöpfers passen will. Mit sehr feinem Tacte hat nämlich Liszt in der ersten Hälfte des Werkes zu schweigen verstanden, — mit Ausnahme der Begrüßung, welche den heimkehrenden Soldaten zu Theil wird, nur ganz kurze, aus wenigen Tacten bestehende Abschnitte eingestreut, in denen das Seufzen und Stöhnen Lenorens, wie ihre allmälig ausbrechende, selbstvergessene, zur Gotteslästerung sich steigernde Wuth sich darstellen sollen. Erst mit dem Beginn der Unterredung (holla, holla! thu auf mein Kind), also mit dem Eingreifen des dämonischen Elementes, hört auch diese sporadische Betheiligung der Musik auf, fängt diese an, in langen Zügen, obwol immer mit weiser Mäßigung, und ohne je dem Declamator zu nahe zu treten, sich zu entfalten. Nur selten unterbrochen und in gewaltiger Steigerung schreitet sie nun neben dem unheimlichen Gedichte einher, charakteristisch jede grause Farbe wiedergebend, jedes einzelne Bild ausmalend, und doch nie einem hier nahe liegenden, schlimmen Realismus verfallend. Nur ein starker, plötzlich hereingeworfener Accord (mit schwanker Gert ein Schlag davor) möchte überfein Fühlenden vielleicht als unberechtigte Detailzeichnung erscheinen, wir aber würden nur dann mit jenen übereinstimmen, wenn die angeführte Stelle nicht mit in die dämonische Situation gehörte. Denn es ist etwas Anderes, ob von einem Geist nächtlicher Weile auf übernatürliche Art ein Thor gesprengt wird, oder ob diese Thatsache keinen ungewöhnlichen Charakter in sich trägt. Im ersteren, hier stattfindenden Falle hat unserer Meinung nach die Musik stets das Recht, auch als Detail-Malerei einzugreifen, ohne daß der idealistische Stempel des ganzen Werkes eine Vernichtung zu fürchten hätte. — Bewunderungswerth erscheint übrigens die Behandlung des im ganzen doch stets farblosen Claviers, welches hier, wie schon erwähnt, ein so eigenthümliches Colorit bekundet, daß sofort die Meisterhand Liszt's auch ohne Angabe seines Namens zu erkennen wäre. Stellen, wie die folgenden, ´Komm Küster´, ´Sassa, Gesindel´, ´des Reiters Koller´, ´Lenorens Herz mit Beben´ sind so wunderbar gefärbt, daß wir gern das Orchester, welches der sehr schwierigen Begleitung halber kaum zu substituiren wäre, vermissen wollen. Was die Objecte des Colorits, d. h, den eigentlichen musikalischen Inhalt betrifft, über welchen wir hier noch gar nicht gesprochen, so sind wir allerdings diesem noch einige Worte schuldig, wir sagen Worte, obwol Seiten über die originelle Schöpfung zu schreiben wären, wenn dadurch nicht der Raum für die Besprechung der Graner Messe zu sehr verkümmert werden würde. Daß die ´Lenore´ originell sei, brauchen wir unseren Lesern gegenüber wol nicht zu betonen, da wir uns allmälig gewöhnt haben bei Liszt's Werken diese Eigenschaft unbesehen vorauszusetzen. Aber daß sie hervorragend originell, werden auch die mit Liszt Vertrauten nach den ersten wenigen Tacten eingestehen müssen. Daß sie aber auch Einheit, formelle, thematische Einheit besitze, ist eine Thatsache, die sich bei dieser Art von Werken nicht so ohne weiteres versteht, obwol von Liszt's enormer Gestaltungskraft, wie wir sie in seinen symphonischen Werken zu bewundern genug Gelegenheit haben, etwas Derartiges gleichwol erwartet werden konnte. Lassen wir die oft wiederkehrenden Tacte, welche Lenorens Angst und Verzweiflung zeichnen, aus den Augen, - beginnen wir überhaupt mit der nächtlichen Erscheinung des Geliebten, so können wir in der erst unisono, nachher abwechselnd als Melodie oder als Baß erscheinenden kurzen Folge fis, his, cis,d das Material erkennen, aus welchem der Meister fast den ganzen folgenden Bau ausgeführt hat. Die verschiedenartigsten Stimmungen wechseln, aber immer klingt wieder durch der unheimlich düstere Grundton, ebensowol bei den grausig dunkeln Stellen: ´holla, holla, thu auf mein Kind´, ´des Reilers Koller Stück für Stück fiel ab´, als bei der luftig leichten Schilderung des körperlosen Gesindels, des grausenhaft hastigen Rittes Und die Wiederaufnahme des zuerst erwähnten Motives am Schlusse (bei den Worten: ´Gott sei der Seele gnädig´) sichert das Werk vor einer Zweitheiligkeit, befestigt durch Anknüpfung an den Anfang die Einheit der Form aufs Vollkommenste.“

 

1859

Wildermuth, Ottilie. Daheim. In: Die Heimath der Frau. Stuttgart. Digitalisiert von Google

“[S. 264] Weitere herzbewegliche Bilder hatte ihr die Großmutter gestiftet, als sie dem ungestümen Kind auf sein Drängen ein eigenes Zimmer verwilligte: Altäre mit Thränenkrügen, von Trauerweiden beschattet, darüber hingebeugt Jungfrauen mit aufgelösten Haaren, und eine haarsträubende Darstellung von Bürgers Leonore. Als Toilettenspiegel benützte Martha eine besondere Rarität, die sie bei der Großmutter aufgefunden, einen Spiegel, darauf ein Todtenkopf gemalt war und daneben eine entblätterte Rose.“

 

1859

Anonym. Zwickau, 22. November. In: Wissenchaftliche Beilage der Leipziger Zeitung, 27. November. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 399] Bedingte aber diese Composttion [R. Schumanns Oevertüre zu Genoveva] ihrem Wesen nach ein mehr beobachtendes Folgen seiten des Hörerkreises, so wurde Phantasie und Herz aufs mächtigste erregt durch den nächsten Vortrag: den der Bürger´schen Ballade ´Lenore´ (gesprochen von Frau Franziska Ritter geb. Wagner) mit Pianofortebegleitung von Fr. Liszt (gespielt von Frl. Martha von Sabinin, Hofpianistin ihrer kgl. Hoheit der Großherzogin von Sachsen-Weimar). Frau Ritter sprach die Lenore, ohne weitere declamatorische Beigabe, als die unwillkürliche der Mienen, aber sie gestaltete so treu dem markigen Dichter nach, sie machte die Dichtung so lebendig, daß sie fesselte, erschütterte, und daß Alles ihr folgte, nicht an sie, sondern an das, was sie sprach, verloren. Ihre Leistung war eine künstlerisch höchst bedeutende, überwältigende: selbst der Beifall, der sodann stürmisch losbrach und sich bis zum Hervorruf steigerte, wurde durch die Macht des Eindrucks auf Augenblicke zurückgehalten. Welcher Antheil an der Wirkung hierbei auf die in der Composition wie im Vortrage discret behandelte Pianofortebegleitung kam, läßt sich um so weniger bestimmen, je inniger sich die letztere an die Recitation anschloß und mit ihr zu einem Ganzen verschmolz.“

 

1859

Anonym. Ein Mährchen. In: Kladderadatsch, 28. August. Berlin. Digitalisiert von Google

“ Ich will euch erzählen ein Mährchen gar schnurrig,
  Es war ´mal ein Kaiser, der Kaiser war kurrig:
  Ein fliegendes Blättlein das ärgerte ihn,
  Und doch las er's jedes Mal wann es erschien.
          [...]
  Zum ersten sollt Ihr mir die Ursache finden,
  Den einen alleinigen Grund mir ergründen,
  Wie so ich bis heute so weit es gebracht,
  Daß mein in Europa allein ist die Macht.
          [...]
  Ihr habt all´ den Glanz und den Ruhm nicht erfahren
  Durch Euere Weisheit und kluges Gebahren;
  Im Reiche der Blinden da wird, wie bekannt,
  Der Einäug´ge immer zum Herrscher ernannt.
 “

Der vollständige Beitrag in der ONLINE-BIBLIOTHEK

 

1859

Curiosa. In: Zeitung für die elegante Welt. Erfurt. Digitalisiert von Google

“[S. 214] Bürger, der Dichter der ´Lenore´, freute sich bei einer Anwesenheit in Weimar, Goethe persönlich kennen zu lernen, da er ehemals mit ihm in vertrautem Briefwechsel gestanden. Er gedachte in dem herrlichen Dichter einen herrlichen Menschen zu genießen, und besuchte ihn nicht zu einer Zeit, wo etwa Staatsgeschäfte abzumachen gewesen wären, denn Goethe ließ sich eben von einem Musiker Compositionen seiner Lieder vorsingen. Bürger glaubte sogar in der Unschuld seines graden Sinnes, er könne zu keiner gelegeneren Zeit kommen, die Musik zn genießen, oder sie auf Erfordern zu beurtheilen. Er ward aber nicht in das Musikzimmer, sondern in das Audienzzimmer geführt und mußte da eine Viertelstunde warten, bis Se. Excellenz mit ernsthafter Amtsmiene seine Anrede mit einer herablassenden Verbeugung erwiderten, ihn auf Hochdero Sopha neben sich sitzen ließen, und sich mit gnädigem Wohlgefallen nach der Frequenz der Göttinger Universität erkundigten. Bürger kürzte die Audienz bald ab. versprach sich selbst, Goethe nie wieder zu sehen, und machte im Nachhausegehen folgende Verse:
   Mich drängt' es, in ein Haus zu geh'n,
   D'rin wohnt ein Künstler und Minister.
   Den edlen Künstler wollt' ich sehn,
   Und nicht das Alltagsstück Minister.
   Doch steif und kalt blieb der Minister
   Vor meinem trauten Künstler steh'n,
   Und vor dem hölzernen Minister
   Kriegt' ich den Künstler nicht zu seh'n.
   Hol' ihn der Kuckuk und sein Küster! “

 

1859

Nieuwenhuis, Ferdinand Jacobus. Vijfde Hoofdstuk. In: Leven en karakter van Am. des Amorie van der Hoeven Amsterdam. Digitalisiert von Google

“[S. 132] En in zijne aankondiging spreekt de toon van diepe verontwaardiging, terwijl hij aan het slot Burgers woorden herinnert:
    ´Wenn dich die Lasterzunge sticht,
    So lass dir dies zum Troste sagen;
    Die slechtsten Früchte sind es nicht,
    Woran die Wespen nagen.´

[S. 503] Miscellen. Erklärung.
Schließt man aber von solch einem gleichgültigen Dinge auf die ganze s. g. ´Gelehrsamkeit´ eines Mannes, wie der anonyme Referent, so verräth dies einen sehr kleinlichen kritischen Geist, und ich tröste mich mit dem bekannten Worte Bürgers:
  Die schlechtesten Früchte sind es nicht, an denen dle Wespe nagen. “

 

1859

Anonym. Mittheilungen aus Schubarts Lehrerzeit. In: Morgenblatt für gebildete Leser. 16. Januar. Stuttgart und München. Digitalisiert von Google

“[S. 50] Aber auch nach einer andern Seite hin erscheinen sie stark überzeugend. In der Regel wird als derjenige Dichter, der, nach der langen Dürre und Fadheit der Volkspoesie, frisches Leben, Fluß und Klang und Melodie in sie gebracht, G. A. Bürger genannt. Gewiß, er hat das gethan, es ist so bekannt, daß wir den Beweis nicht zu geben brauchen. Aber neben ihm ist, wenn er hierin auch nicht in dem Maß und in der Breite gewirkt hat wie Bürger, neben ihm ist Schubart zu nennen. Wie viele seiner Lieder werden gesungen! “

 

1859

Polko, Elise. Cypressenzweige. In: Musikalische Märchen, Phantasien und Skizzen, Zweite Reihe. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 238] Ein Lied hatte aber Aennchen doch von mir bekommen; ich hatte die Bürger'sche ´Lenore´ für sie componirt und that mir nicht wenig zu Gute auf die Stelle:
     ´Und hurre, hurre, hopp, hopp, hopp,
     Gings fort in sausendem Galopp!´
weil da die Begleitung ganz absonderlich wild in allerlei Triolen und Schnörkeln dahinraste. Meine künftige Frau hatte mir dafür einen Tabacksbeutel gestickt auf rothem Merino, und zwar einen dicken grünen Lorbeerkranz, sie klagte aber doch, daß mein Lied so schwer sei und ihr im Halse weh thäte, und fragte mich, welche Verse sie wohl auslassen dürfte. Auslassen! und es war so schön und kunstvoll durchcomponirt!. “

 

1859

Hartmann, Alfred. Über den Wolken. In: Hausblätter, Zweiter Band. Stuttgart. Digitalisiert von Google

“[S. 115] Gleich nach meiner Heimkehr werde ich mir einen Gaul anschaffen. Ich begleite Dich zu Deiner Landpraxis und
    Hurre, hurre, hopp hopp hopp!
geht's dann fort in sausendem Galopp; - das soll den ´Hypochonder´und ´unausstehlichen Pedanten´ aus mir herausrütteln, wenn er etwa wieder einziehen wollte, [...]. “

 

1859

Anonym. Der internationale Telegraph in London. In: Der Sammler, Beilage zur Augsburger Abendzeitung, 29. November. Augsburg. Digitalisiert von Google

“[S. 524] Das Mädchen weiß, daß es ihre gewöhnliche Korrespondentin ist, die von Glasgow spricht. Sie sieht es an dem Tempo, dem Takt, dem Temperament des Sprechens; sie kann nicht recht beschreiben, woran, aber sie ist ihrer Sache gewiß und weiß es jedesmal, wenn Jemand anderes die Stelle eingenommen. Ich möchte wissen, ob sie sich eine Vorstellung von der Persönlichkeit der andern macht, etwa wie der Leser von einem Schriftsteller, der ihn beschäftigt, oder ob sie die reine Idee der Telegraphistin festhält. Die Rolle, auf welche das Papier aufgewickelt ist, sieht wie ein kleines Spinnrad aus, der Streifen ist der Faden. Mir fiel Bürgers Spinnerlied ein, vor 80 Jahren gedichtet:
     Hurre, hurre, Hurre!
     Schnurre Rädchen, schnurre!
     Trille, Rädchen, lang und fein,
     Trille fein ein Fädelein.
     Mir zum Busenschleier.
Die 96 Insassen dieser Spinnstube spinnen sich auch ihren Busenschleier von dem Morseschen Rade, denn sie werden gut bezahlt. Am heimischen Heerde selbstgebauten Flachs verspinnen, sey es auch bei einem Kiehnspann anstatt des Gaslichtes und bei Haferbrei anstatt des Kugelthees, wäre besser, glücklicher, gäbe eine entwickeltere Persönlichkeit. Aber die Nadel führen wäre schlimmer. Wofür Bürger wohl die Anstalt ansehen würde, wenn er von den Todten auferstünde? und ob ihm gelingen würde, was bisher noch Niemandem, ein Gedicht auf die Morsesche Rolle oder die Dampfmaschine zu machen? Auch das Spinnrad war doch einmal ein ebenso neues, künstliches, maschinenhaftes Ding wie uns der Telegraph; und wenn erst Generationen an und mit ihm aufgewachsen, mögen sie auch poetische Vorstellungen damit verbinden, mögen sie zu sagen wissen, wie das Temperament an den Drähten entlang läuft. “

 

1859

Barack, K. A. Die Spinnstube. In: Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte, Band 4. Nürnberg. Digitalisiert von Google

“[S. 44] Erlach hat in seiner Volksliedersammlung mehrere Lieder verzeichnet, die beim Spinnen gesungen zu werden pflegen. Als Beispiel führe ich folgendes im 5. Band S. 52 verzeichnete an:
   Hurre, Hurre, hurre!
   Schnurre, Rädchen, schnurre!
   Trille Rädchen lang und fein,
   Trille fein ein Fädelein,
   Mir zum Busenschleier:
       [...]
   Hurre, hurre, hurre!
   Schnurre, Rädchen, schnurre!
   Außen blank und innen rein,
   Fleißig, fromm und sittsam seyn,
   Locket wackre Freier.
Derartige Unterhaltungen werden zuweilen durch Schäckereien mit den Spinnerinnen unterbrochen. “

 

1859

Ludwigh, Samuel. Streifzüge. In: Die Fackel, Saint Paul, Minnesota. Digitalisiert von Google

“[S. 101] So manches Lieutenantchen intriguirt gegen seinen Generalen und das Sprichwort ist im Allgemeinen wahr: ´die schlechtesten Früchte sind es nicht, woran die Wespen nagen.`
     Eine solche ´schlechte Frucht´ habe ich auch wieder in Washington gesehen: General-Major Fremont.

[S. 185] Es giebt der Charaktere unter den Menschen gar mancherlei und - `die schlechtesten Früchte sind es nicht, woran die Wespen nagen.´ Wer wird sich auch viel um Insekten kümmern, so lange ihre Bisse keine Skorpionsbisse sind, die tödtlich verwunden! “

 

1859

Anonym. Religionsschwärmerei und Mysticismus. In: Die Fackel, Saint Paul, Minnesota. Digitalisiert von Google

“[S. 143] Unser Gebet kann ich mir nichts denken als einen Durchbruch der Empfindungen von Gott und seiner Güte, das da wo das Herz spricht mit einem O Gott! am natürlichsten abgethan ist (es ist ungefähr wie das Lautreden in der Einsamkeit), folglich erscheinen lange Gebete reine gedankenlose Formeln. Gott gab uns so Vieles, daß wir ihn billig mit so vielen Bitten verschonen sollten, und in gewissen Umständen ist das Gebet sogar unmöglich und das Angstgebet vollends eine wahre Impertinenz. Die Mutter von Bürgers Leonore sagt zwar:
   Hilf, Gott, hilf! setz' uns gnädig an,
   Kind, bet' ein Vater Unser
   Was Gott thut, das ist wohl gethan,
   Gott! Gott! erbarmt sich unser!
Leonore meint aber:
   O Mutter! Mutter! was mich brennt
   Das lindert mir kein Sakrament,
   Kein Sakrament mag Leben
   Den Todten wieder geben. “

 

1859

Jung, Alexander. Festrede: Friedrich Schiller, der Dichter der deutschen Nation. Königsberg. Digitalisiert von Google

“[S. 13] Schiller, der Verfasser des ´Sonnenwirths,´ war der Sonnenpriester des Ideals, wie ein solcher, als bloßer Mensch, auf Erden noch nie gelebt hat, denn er glaubte an das Ideal, er feierte das Ideal, er schaute es, und stellte es selbst in classischer Form vor uns hin. Schiller war der reinste Dichter, der je gelebt hat. Solche Hoheit und Reinheit, sie treten uns so recht vor das Auge, wenn wir sie aus ihrem Gegensatz betrachten. Der eigentliche Gegensatz und Antipode Schiller's in unserer heutigen Literatur ist kein anderer wie Heine, der vielbesprochene Heine. Was würde Schiller zu einem Dichter wie Heine gesagt haben, wenn er ihn noch erlebt hätte! Er, der so feinfühlig und im Erhabenen eingewohnt war, daß er an des sonst trefflichen Bürger noch harmloser Plattheit und jeweiligen Niederländern solchen Anstoß nahm! Heine dagegen ist unlauter aus ästhetischem Princip bei aller außerordentlichen Bedeutendheit und Anmuth, die ihm sonst als Lyriker ohne Zweifel zukamen. “

 

1859

Ruge, Arnold. Idealismus und Realismus im Reich des Ideals. In: Deutsches Museum, 8. April. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 538] Schlosser, ein jüngerer Zeitgenosse dieser Wendung in der Geschichte des deutschen Bewußtseins, sagt darüber ungefähr Folgendes:
   ´Zu der Zeit, als Schiller's ´Don Carlos´ erschien und der Dichter für eine erbärmliche Besoldung nach Jena ging, hatte seine philosophische Lyrik schon Bürger, Klopstock und Gleim in den Schatten gesetzt. Niemand verstand es besser als Schiller, eine brave enthusiastische Nation in die ideale Sphäre zu erheben. Diese Thatsache ist von der größten Wichtigkeit für den Fortschritt der Nation zur Zeit der Französischen Republik und des Kaiserreichs. Denn durch Schiller's Dichtungen wurde das ganze Volk, wie wir aus unserer eigenen Erinnerung wissen, zu einer lebhaften Theilnahme für Philosophie und Idealismus aufgeregt, wovon früher unser Volk, gänzlich versunken in die Bedürfnisse des gemeinen Daseins und der materiellen Interessen, keinen Begriff hatte. Dies ist ausgemacht und ebenso ausgemacht ist es, daß dieser Geist mächtig dazu beitrug, die Ketten Bonaparte's und seiner Schergen abzuschütteln.´ “

 

1859

Anonym. Kleiner Correspondent für und von Europa. In: Kladderadatsch, 31, Juli. Berlin. Digitalisiert von Google

“[S. 139]
Augsburg. Die Allgemeine erscheint noch immer - lächerlich.
     [...]
Leipzig. Auch die hier durchgekommenen Französischen Soldaten wurden, wie vor mehreren Wochen die Oesterreicher, auf dem Bahnhofe mit Cigarren beschenkt, und kohlten die Blätter ganz ebenso wie damals.
Liegnitz. Man spricht hier wieder von einigen Sprachfehlern in gut unterrichteten Kreisen. Es läßt sich jedoch wohl annehmen, daß sie schlecht unterrichtet sind.
London. Thee und Palmerston noch immer an der Tagesordnung. Beide abgebrüht.
Morgenroth. So eben fuhr Leonore wieder hier herum und suchte ihren Wilhelm. Wann endlich werden unsere Zustände sittlicher werden?! “

 

1859

Anonym. Mittheilungen des historischen Vereines für Krain im November 1859, Laibach. Digitalisiert von Google
 

“[S. 86] Aus dem Deutschen übertrug unser gefeierter slov. Dichter Presern Bürgers Lenore in den ´Ubelice´ 1830, 1. Th.
[...]
Bürger's Lied vom braven Mann ´pesem od verliga moza´ brachten aus Koseski's Feder die ´Novice´1844 und dessen wilden Jäger ´Divji love´ aus derselben Feder der nämliche Jahrgang. Den Abt von übertrug der verstorbene Dr. Tusek in den ´Cbelice´III. B.”

 

1859

Herold, E. Von Prag nach Grünberg. In: Erinnerungen. Illustrirte Blätter für Ernst und Humor, Zweites Halbjahr. Band 78, Prag. Digitalisiert von Google

“[S. 332] Als ich nach Motol kam, trank ich ein sogenanntes Stehbier und berechnete während des Zuges die Höhe des Motoler Felsens, auf dem ein Kreuz steht, und fand es viel gemüthlicher, hier unten ein Malteserordensbier zu trinken, als auf hohem Rosse sitzend vom Felsen herabzuspringen, was ein von Oesterreichern verfolgter Preuße gethan hat, und zwar zur selben Zeit, als Lenore ums Morgenroth aus dem Bette fuhr.”

 

1859

Callot, Ed. Freiherr von. Deutsche Reime entgegen ausländischen Ungereimtheiten, No.1., Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 6] Deutsches Kriegslied.
      Melodie von Bürger's: Lenore fuhr um's Morgenroth
                       Empor aus schweren Träumen.

Ich will Euch ein Turtäus sein,
Ihr wackern deutschen Krieger,
Und zieh' mit Euch zum deutschen Rhein', —
   [...]”

 

1859

Anzeige. In: Augsburger Anzeigeblatt, 10.08.

“Erwiderung auf Briefkasten-Artikel Nr. 417.
Eingedenk des Sprüchworts: ´Wer Pech angreift, besudelt sich´ wollen wir dem Verfasser des fraglichen gemeinen Artikels nur einfach erwidern, daß die dicke Kellnerin ein Muster der Reinlichkeit ist, die Privat-Verhältnisse derselben kümmern ihn eben so wenig wie uns; der guten Dicken aber rufen wir den tröstenden Spruch zu:
  Und wenn dich auch die Lästerzunge sticht,
  So magst du dir zum Troste sagen:
  Die schlecht'sten Früchte sind es nicht,
  Woran gemeine Wespen nagen.”

 

1859

Anzeige. In: Kurier für Niederbayern, 06.10.

“     Obwohl ein Sprichwort lautet:
´Wenn dich die Lästerzunge sticht
Laß dir zum Troste sagen,
Die schlechtsten Früchte sind es nicht,
Woran die Wespen nagen,´
     so kann doch oft der Stachel der Verläumdung so empfindlich verletzen, daß obiger Trost nicht mehr ausreicht und man zu einer andern Hülfe greifen muß.
     Ich erkläre sonach denjenigen böswilligen und lügenhaften Menschen [...] so lange für einen gemeinen und boshaften Verläumder, als er nicht auch seine lügenhafte Behauptung beweisen kann.
(497)             J. R.”

 

1859

Die zwölfte Stunde hat geschlagen. In: Neueste Nachrichten aus dem Gebiete der Politik, 23.04.

“[S. 1327] München, 22. April. [...]
Mit dieser Appellation an das Urtheil der deutschen Nation schließen wir diesen Artikel mit dem Zurufe an den patriotischen
Verfasser: ´ex ungue leonem´, und mit dem Motto für uns:
      ´Wenn Dich die Lästerzunge sticht,
         So lass' Dir dies zum Troste sagen:
       Die schlechten Früchte sind es nicht,
         Woran die Wespen nagen!´ -     K. . .e.”

 

1859

Correspondenz. Paris. In: Über Land und Meer, 04.05.

“[S. 342] Die Brücke, ein elender Baumstamm, der über einen Abgrund liegt, wird zerschmettert, Dinorah in die Tiefe geschleudert. Noel, der zufällig zur rechten Zeit hinzukommt, stürzt seiner Geliebten nach, rettet sie und führt sie zum neuen
Leben zurück, denn
  Dinora fährt um's Morgenroth
  Empor aus schweren Träumen,
sie erkennt ihren Ungetreuen wieder, ihr Geist lichtet sich von Neuem, und das vergangene Jahr scheint für sie nur der Schatten eines Traumes gewesen zu sein, wie Pindar sagen möchte.”

 

1859

Das Sängerfest im Bellheimer Walde. In: Der Eilbote, 28.05.

“Fahret fort in Euerm erhabenen Streben und lasset Euch nicht irre machen! Wenn auch vielleicht hier und da Neid und Mißgunst Euch Euer Vorhaben erschweren, so denket: die schlechtesten Früchte sind es nicht, an denen die Wespen nagen! - -”
 

1859

Bitte um Erhörung. In: Dresdner Nachrichten 23.2.

“Schaffet, daß ihr seelig werdet, Geduld. In allem Kreuz und Unglück mein soll Hoffnung stets mein Anker sein, Geduld. Hoffnung, Hoffnung immer grün, wenn uns Armen Alles fehlet, wenn uns Kält' und Hunger gedult, Geduld. Geduld, Geduld, wenn's Herz auch bricht, mit Deinem Schöpfer hadre nicht, Geduld.
   Ein hiesiger Bürger bittet edle Menschenfreunde um ein Darlehn von nur 10 Thlr. zur Aufhilfe seiner Handthierung. Näheres bei Herr Kaufmann Schuster,Zahnsgasse Nr. 18 parterre."

 

1859

Anzeige. In: Kölnische Zeitung 14.06.

1859 Kölnische Zeitung 14.06.

1859

Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 21.02.

1859 Leipziger Tageblatt und Anzeiger  21.02.

1860

Viehoff, Heinrich. Goethes Leben. Zweiter Theil. Stuttgart.  Digitalisiert von Google

“[S. 163] In dem ´untreuen Knaben´ macht sich der Dichter, wie noch später im Todtentanz und in der wandelnden Glocke, mit der Darstellung des Schauerlichen einen Spaß. Er nahm das Stück in die Oper Claudine auf und legte es dort darauf an, die wieder erwachte Neigung für grausige, gespensterhafte Balladen, wozu eben Bürgers Lenore einen kräftigen Anstoß gegeben, damit ein wenig zu persifliren. Wie in der Sprache dieses Gedichtes, so athmet auch in dem Ausdruck der Ode ´An Schwager Kronos´ der Geist der Genie-Periode.

[S. 178] War aber Goethe in Offenbach, so flogen ihm die Stunden in geistreich heiterer Geselligkeit, in vertrautem Gespräche mit der Geliebten, im Anschauen der schönen Natur und in poetischen und musikalischen Kunstgenüssen dahin. Unter Anderem wurde Bürger's Lenore, welche damals eben erschienen war, abwechselnd von André nach eigener Composition und von Goethe in lebhafter Declamation vorgetragen.“

 

1860

Hartmann, Moritz. Bilder und Büsten. Frankfurt/Main.  Digitalisiert von Google

“[S. 270] Auf der Staffelei sehen wir ein großes Bild in der Arbeit: Der Sonnenwirth, nach Schiller's merkwürdiger, psychologischer Skizze. Wir erkennen den Maler der Wilden Jagd. Einen Vergleich, den man für gut und bezeichnend hält, darf man wohl zweimal brauchen. So nehmen wir keinen Anstand, Henneberg hier wieder, wie wir es schon einmal gethan haben, mit seinem Landsmanne Bürger zu vergleichen, mit dem Dichter der Leonore, der Wilden Jagd, der Entführung usw. Die Ballade Bürger's hat uns vielleicht zuerst auf dessen Aehnlichkeit mit dem Maler aufmerksam gemacht — aber es ist nicht die Behandlung desselben Stoffes, es ist der Charakter des Künstlers, der diese Vergleichung rechtfertigt. Gewaltige Bewegung, Lebhaftigkeit, Wildheit, eine gewisse Unheimlichkeit, wie sie nur der nordischen Ballade eigen ist: das sind die hervorstechendsten Eigenschaften Henneberg's. Nicht auch Bürger's? Sie sind ja beide demselben Lande, demselben germanischen Stamme entsprungen; warum sollten sie nicht eine Stammverwandtschaft in der Anschauung der Dinge bekunden? Vielleicht sind es die Schatten ihres heimischen Harzgebirges, die in ihren Seelen jene geheimnißvolle nordische Dämmerung verbreiteten, die eine so eigenthümliche, kräftige, etwas düstere Poesie erstehen ließ. — Ich möchte Henneberg, trotz der Formen, die man gewöhnlich historische nennt, nicht einen Historien-, sondern einen balladenhaften Maler nennen — und zwar einen nordischen Balladenmaler, einen durch und durch germanischen.“

 

1860

Deycks, Ferdinand. Ueber die Wechselwirkung des Dichters und seines Zeitalters, mit besonderer Rücksicht auf Göthe und Schiller : Vortrag, gehalten in einem wissenschaftlichen Vereine zu Münster, am 22. März 1860.

“[S. 27] In Göttingen entstand 1772 unter Klopstocks Einfluß der Hainbund durch Johann Heinrich Voß, dessen deutscher Homer (1781 und 1793) zugleich der Poesie und dem Verständniß des Alterthums neuen Aufschwung gab, und durch den gefeierten Sänger der Lenore und anderer Balladen, Gottfried August Bürger, der, wie Keiner, es verstand, die Herzen des Volkes zu rühren.“

 

1860

Marggraff, Hermann . Revue der Festreden und Festschriften zu Schiller´s Säcularfeier. Erster Artikel. In: Blätter für literarische Unterhaltung Nr.5  Februar:  Digitalisiert von Google

"[S. 87] Diesen anerkennenden Urtheilen [Schillers] stehen aber eine große Menge der abfälligsten gegenüber, freilich über Männer, die meist an seine geistige Höhe bei weitem nicht heranreichten. die aber zum Theil in der einen oder andern Beziehung große Verdienste hatten, und wenn er, von seinen Ausfällen gegen Herder, Tieck, Jean Paul, Alexander von Humboldt und von den "Xenien" ganz abgesehen, Friedrich Schlegel einen "Laffen", Fichte "incorrigibel", Engel und Ramler "armselige Hunde" nannte u.s.w., so läßt sich hieraus abnehmen, wie schlecht so manche heutigen Lobredner, falls er noch lebte, vor seinen Augen bestehen würden. Er war in seinen Urtheilen so scharf, auch gegen sich selbst, daß es fast zum Lobe gereichte, von ihm getadelt zu werden, weshalb auch Bürger, in welchem Schiller ja zum Theil seinen eigenen Jugendgeschmack geiselte, Schiller´s bekannte strenge Kritik sich nicht so zu Herzen hätte nehmen sollen, wie er gethan hat."

Revue der Festreden und Festschriften zu Schiller´s Säcularfeier. Zweiter Artikel. In: Blätter für literarische Unterhaltung. Nr.17 April

“[S. 306] Nein, Schiller, durch seine Verheirathung mit einem Edelfräulein und sein Adelsdiplom ohnehin der Aristokratie einverleibt, hat wenigstens während seiner letzten Lebensjahre nicht das Dasein eines verlassenen und verachteten armen deutschen Musterpoeten geführt, wie etwa der "Volksdichter" Bürger, über den auch Schiller selbst den Stab Wehe geschwungen hatte. Nun, die vornehme Kritik hat es in Deutschland immer geliebt, Unglücklichen in ihren Trunk Wasser statt süßen Weins Wermuth zu mischen. Schiller im berliner Theater, in der glänzenden Gesellschaft bei Iffland, an der Tafel eines königlichen Prinzen, und der Dichter der "Lenore" unter seiner rohen Umgebung zu Altengleichen und dann in seiner Elendskammer zu Göttingen, verlassen und einsam hinsiechend, den Stachel der Schiller´schen Kritik immer noch im Herzen - welch ein Gegensatz!

[S. 314] Man hat Schiller hauptsächlich als Freiheitsdichter, als Vaterlandsdichter, als Dichter der Jugend und der Frauen gepriesen. Schiller selbst würde gegen alle solche einseitigen Auffassungen protestiren; er würde seine Lebensaufgabe verfehlt gehalten haben, wenn man ihm bei seinen Lebzeiten unter den Volks- und Jugenddichtern, etwa neben Bürger und Gellert, seinen Platz angewiesen hätte. Nein, Schiller ist kein Dichter für das Volk, wenn auch einzelne seiner frühesten Dramen, wie die "Räuber" und "Kabale und Liebe", von großer volksthümlicher Wirkung sind und in die Herzen des Volkes einschlagen würden, selbst wenn sie in einer Scheune von den mittelmäßigsten Schauspielern dargestellt würden; aber Schiller selbst hat später diesen volksthümlichen Elementen den Abschied gegeben, und er würde auf seinem spätern Standpunkt vielleicht gern die "Räuber" vertilgt und im Gedächtniß der Menschen ausgelöscht haben, wenn dies nur möglich gewesen wäre. Im allgemeinen ist er aber nur ein Dichter für die Gebildeten; viele seiner philosophischen Dichtungen sind sogar nur den Höchstgebildeten verständlich und auch diesen nur mit Mühe, und daß er auch von den literarisch Gebildeten nicht immer verstanden wird, das beweisen die mancherlei schiefen und falschen Auffassungen, durch die man sein Wesen und Streben entstellt.”

 

1860

Lenz, Wilhelm von. Beethoven, Teile 5-6.

“[S. 357] c) 2 Lieder für eine Singstimme mit Pianoforte, Diabelli (nach dem Originalmanuscript, wie bemerkt ist). Seufzer eines Ungeliebten von G. A. Bürger, Moderato 4/4 C Moll, Andantino 3/4Es Dur, Allegretto 2/4 C Dur im Ganzen 182 Takte.
   Das Allegretto ist das Motiv des Chorsatzes aus der Phantasie für Pianoforte, Orchester und Chor (op. 80) und gewiß älter als diese Prophetin der Chorsymphonie (vergl. op 82, 125) in welche letztere ein Anklang des Motivs übergegangen ist. Das Lied hat traditionelle (zopfige) Wendungen; das Phantasiemotiv nicht, und was wird erst aus demselben in der 9. Symphonie! - Ueber diese Metamorphosen eines an sich unbedeutenden Themas, das ein läppischer Text in's Leben gerufen hatte (wüßt´ ich, daß Du mich lieb und werth ein Bischen (!) hieltest) schriebe man eine Monographie. Da die Phantasie bereits 1808 von Beethoven öffentlich vorgetragen wurde, so ist deren Embryo, das Lied, in's vorige Jahrhundert zu setzen. Wir z u erst wiesen die bescheidene Liedquelle des welthistorisch gewordenen Themas nach (Beethoven et ses trois styles) welches Buch im März 1852 in St. Petersburg ausgegeben wurde. “

 

1860

G. R. Die Deutsche Schaubühne. März . Juniheft.  Digitalisiert von Google.

“[S. 86] Magdeburg. Eröffnet wurde diese Bühne am 30. September mit "Freischütz" [...]. Am 19. Oct. "Ein deutsches Dichterleben, oder Bürger und Molly". Das Stück gefiel sehr und ging ausgezeichnet. Hr. Schönfeld (Bürger), Hr. Strantz (Kleim), Hr. von Rigéno (Christian), Frl. Eichenwald (Dora), Frl. Weinold (Molly) erhielten Beifall.”

 

1860

Hansen, Th. Rezension Des deutschen Knaben Wunderhorn 1860. In: Zeitschrift für das Gymnasialwesen. Erster Band. Digitalisiert von Google.

“[S, 797] Der sentimentale Tiedge ist nur ein Mal da; vielleicht liess sich eine passendere Beisteuer finden, als "Aennchen und Robert" (S. 377). Da "die Weiber von Winsperg" von Chamisso vorkommt, so wird sich Mancher nach dem alten "Weinsberg" von Bürger umsehen, das zwar leider so überaus derbe ist, dass es ganz unverändert im "Wunderhorn" keine Stelle finden konnte. Wagner hat sich (S. 108) dadurch zu helfen gesucht, dass er die 5te Strophe ganz weggelassen and am Schlusse der 3ten gesetzt hat: " - Soll hängen, was ein Mannsen ist." [original bei Bürger: was die Wand bepißt] Wenn er in der ersten Strophe für "fromm und klug gewiegt", das wenigstens in der 1789 bei Johann Christian Dieterich in Göttingen erschienenen Originalausgabe mit Kupfern (Thl. 2 S. 52) steht, geschrieben hat: "fromm und gut gewiegt", so scheint für diese Aenderung gar kein Grund vorhanden.”

 

1860

Lenz, Ludwig. Gottfried August Bürger. In: Deutsche Dichter und Denker aus der klassischen Zeit / hrsg. unter Mitw. der namhaftesten Schriftsteller und Künstler von Ludwig Lenz. Hamburg

„[S. 33] Ein solcher Liebling der deutschen Nation ist Gottfried August Bürger. Ein Mann von reicher poetischer Begabung, der durch herzinnige Lieder und herrliche Balladen, in denen er fast als unerreichter Meister dasteht, den Weg zu allen Herzen gefunden; ein Mann, dessen Leben zwar nicht fleckenlos ist, der aber den Leichtsinn und die Herzensschwäche seiner Jugend durch ein schweres Geschick gebüßt hat, dessen Tugenden und Fehler wir nicht mit dem Maßstabe des gewöhnlichen Lebens messen dürfen.

[S. 35] Die Lenore gehört in das Gebiet der Volkspoesie, zu diesem wunderbaren Schatz von Sagen, Märchen und Liedern, der, im Munde des Volkes erhalten und fortgepflanzt, von seiner Entstehung selbst nichts mehr weiß und durch seine Einfachheit ahnungsvolle Tiefe und Innigkeit sich so sehr auszeichnet. Diese bescheidenen Blumen sind gleichsam von selbst aus dem Herzen des Volkes hervorgewachsen und erquicken jedes empfängliche Gemüth mit ihren Farben und Düften. Einzelnen Dichtern ist es gelungen, unter den Deutschen namentlich Goethe und Bürger, in der Weise des Volks Neues zu schaffen, und was davon in den allgemeinen Nationalschatz des Volkes aufgenommen wurde, das gehört zu dem Besten und Vollendetsten, was sie gedichtet haben.“

Der vollständige Beitrag in der ONLINE-BIBLIOTHEK

 

1860

Neues Conversations-Lexikon. Staats- und Gesellschafts-Lexikon.

„[S. 671] Und so finden wir denn auch bei B. eine große Vorliebe zu glühendem Colorit, eine Behandlung der Sprache, eine malerische und vollendete Anmuth der Darstellung, die an und für sich hinreißend ist. [...] Seine „Lenore“ [...] hätte allein gereicht, dem Dichter, wie A.W. Schlegel sagt, Unsterblichkeit zu sichern. Außerdem lassen andere erzählende Gedichte, wie „Das Lied vom braven Manne; der wilde Jäger; Robert; das Lied von der Treue; der Kaiser und der Abt; Schön Suschen“, die große dichterische Begabung nicht verkennen; ja, sie sind Meisterstücke ihrer Art. In seinen rein lyrischen Gedichten finden sich zwar ebenfalls böse Auswüchse, hervorgegangen aus dem einseitigen Begriff von „volksmäßig“; in den Liebesgedichten sind meistens individuelle Empfindungen und die ganze Stärke aufgeregter Leidenschaft das vorwiegende Moment, und die innig scheinenden Lieder gewinnen ein ganz anderes Licht, wenn man an sein unsittliches Verhältniß denkt. Einige („Neues Leben; die Holde, die ich meine; Minnesold“) aber zeichnen sich durch Innigkeit und Tiefe der Empfindung aus, die wir auch in den lyrischen    Gedichten antreffen, in welchen er andere Stoffe, die er vollkommen beherrscht, poetisch gestaltet („das Dörfchen; Auch ein Lied an den lieben Mond; an die Hoffnung; Blümchen Wunderhold“). Von einer ganz besonderen Schönheit sind seine Sonette, welche, seit Flemming nicht gepflegt, er wieder in die deutsche Literatur eingeführt hat; sie gehören zu den vortrefflichsten, welche überhaupt gedichtet worden sind („an das Herz“). Schiller sagt von ihnen, die theils in Jamben, theils in Trochäen gedichtet sind, sie seien Muster ihrer Art, die sich auf den Lippen des Declamators in Gesang verwandeln.“    

Der vollständige Eintrag zu Bürger (Gottfried August) in der ONLINE-BIBLIOTHEK

 

1860

Grimm, Jacob. Rede auf Schiller. In: Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Aus dem Jahre 1859. Berlin 1860. S. 1-23. Hier nach Norbert Oeller:s. Schiller - Zeitgenosse aller Epochen, Frankfurt/Main 1970

“[S. 452] Nicht einmal drei volle Jahre vorher wurde Schillern der Adel zuteil und seitdem erscheint der einfache, schon dem Wortsinn nach Glanz streuende Name durch ein sprachwidrig vorgeschobnes ´von´ verderbt. Kann denn ein Dichter geadelt werden? Man möchte es im voraus verneinen, weil der dem die höchste Gabe des Genius verliehen ist, keiner geringeren Würde bedürfen wird, weil Talente sich nicht wie Adel oder Krankheiten fortpflanzen, alle Welt aber glaubt es steif und fest daß Dichter geboren werden und hier galt es einem als König im Reich der Gedanken waltenden. Schon 1788 hatte Bürger gesungen:
   Mit einem Adelsbrief muß nie der echte Sohn
   Minervens und Apolls begnadigt heißen sollen,
   Denn edel sind der Götter Söhne schon,
   Die muß kein Fürst erst adeln wollen,
was leicht besser und stärker ausgedrückt wäre. Dem unerbittlichen Zeitgeist scheinen solche Erhebungen längst unedel, geschmacklos, ja ohne Sinn. Denn ist der bürgerliche Stand so beschaffen, daß aus ihm in den Adel gehoben werden mag, müßte auch aus dem Bauerstand in den des Bürgers Erhöhung gelten.“

 

1860

Hartmann, Moritz. Von Frühling zu Frühling. In: Conversations-Blatt. (Beiblatt zum Regensburger Tageblatt.) 3. Februar. Regensburg. Digitalisiert von Google

“Sie lehnte sich, überwältigt, an die Wand, drückte beide Arme vor die Brust und hörte mit halbgeschlossenen Augen, wie Marson, tief aufathmend fortfuhr: Sehen Sie alle diese Bilder, alle diese Weiber, die Braut von Korinth, Leonore, des Pfarrers Tochter - ich habe sie alle geliebt, ich habe sie alle elend gemacht. Sie lagen auf dem Wege zu Ihnen, ich bin über ihr Herzen hingegangen. Sie müssen mir alles geben, was ich bis jetzt nur in Stücken gefunden habe - sonst bleibe ich, was ich bin, elend, ruhelos, zerstückt.“

 

1860

Frederich, Bertha. Ein hartes Herz. Hannover. Digitalisiert von Google

“ [S. 126] ´Und die anderen Herren,´ stotterte der alte Mann, offenbar in dem Irrthume befangen, als laste die Verantwortung über diese durchaus nicht herkömmliche Vereinzelung auf i hm, ´ja, Herr Graf, ich glaube, die sind nun wohl fertig mit dem Frühstück. Der Herr Baron haben mehre Male Kleinigkeiten im Garten servirt bekommen und schon Cigarren befohlen und der andere Herr, als ich vorhin ihm meldete, das Frühstück sei bereit, antwortete mir, ich solle ihm sein Dänenroß satteln, es würde ihm hier zu eng im Schlosse. Ich habe es natürlich dem Reitknecht gar nicht gesagt, gnädiger Herr; wir haben ja auch gar kein Dänenroß im Stalle und der Herr ist ja mit einem Miethwagen gekommen.´“

 

1860

Pamfili im Kloster. In: Der durch eine steinalte, boshaftige, drachenhäßliche Teufels-Hexe in allerlei Viecherln verzauberte, und durch einen Teufels- und G'waltsrausch wieder glücklich erlöste Pamfilius Frohmund Eulenspiegel, Erzkalfakter und einziger Sohn des weltberühmten Tyll Eulenspiegel: nebst Pamfili's ganz neuen höchst lustigen Abenteuern, lustigen Streichen und tollen Possen. Digitalisiert von Google

“ [S. 34] Meinen geehrten Lesern brauch ich nicht zu schwören, daß ich für zwei gegessen und für drei getrunken habe. Dem Prälaten gefiel mein Durst, und er sagte zu mir:
 ´Nur immer frisch darauf losgetrunken, deßhalb steht's da. Könnt ihr kein W einlied singen?´
 ´O ja; ich war Sänger auf dem Chor in der Kirche des Klosters Gottsgnad, wo ich singen lernte. Ich hab' auch selbst ein Trinklied gemacht, das ich dort dem hochwürdigsten Prälaten bisweilen vorsingen mußte. Er hatte eine besondere Freude an meiner Baßstimme, weil sie um zwei Töne tiefer geht, als ein Ochs singt.´ Alle Gäste lachten laut auf und der Herr Prälat sagte: ´Also heraus mit dem Trinkliede!´
Ich sang mit einer wirklich famosen Baßstimme:
  ´Ich will einst bei Ja und Nein
  Vor dem Zapfen sterben;
  Alles, meinen Wein nur nicht,
  Laß ich frohen Erben.
  Jedermann hat von Natur,
  Seine eigne Weise,
  Mir gelinget jedes Werk,
  Nur nach Wein und Speise.
  Speis' und Wein erhalten mich
  In dem rechten Gleise,
  Trinken will ich immerdar
  Auf der Lebensreise,
  Will auch einst bei Ja und Nein
  Vor dem Zapfen sterben,
  Und die Hefen sollen mich
  Nach dem Tod noch färben!´“

 

1860

Kinkel, Gottfried. Mit Bürger´s Gedichten. In: Gedichte. Zweite Sammlung. Stuttgart. Digitalisiert von Google

“[S. 191] Mit Bürger´s Gedichten.
   Wenn du in nächtlich stiller Feierstunde
   Gelöst die Seele von des Tages Mühn,
   Lustwandelst in des Thales dunkelm Grunde,
   Ringsum geschirmt vom heil´gen Waldesgrün;
   Da hörst du rings aus unsrer Sänger Munde
   Viel reiche Lieder wonnevoll erblühn.
   Es einet sich im Bund der deutschen Töne
   Von jedem Land und Volk das höchste Schöne.

   In festem Schritte wandeln Griechenklänge,
   Sie sendet Platen aus dem Römerland;
   Des hohen Nordlands alte Sittenstrenge
   Führt Fouqué her, das Schlachtschwert in der Hand;
   Des mittlern Alters holde Minnesänge
   Hat Uhland in die Saiten festgebannt.
   Italiens glüh´nden, Spaniens stolzen Maßen
   Hat Schlegel zu uns angebahnt die Straßen.

   Des tapfern Frankreichs junge Kraftgedanlen
   In fränk´schem Kleide führt Chamisso vor;
   Caschmirs Ghaselen, die sich üppig ranken,
   Arabischer Sprüche vielgereimten Chor,
   Der Blumen Duft, die am Hoangho schwanken,
   Sammt Indiens dichtumlaubtem Blüthenflor
   In buntem Kranze, voll und nie gestückert,
   Beut überreich der Völkerdolmetsch Rückert.

   Auch ist die Bardenharfe nicht entsaitet,
   Doch ach, sie klingt nicht minniglich und traut!
   Gleichwie den Kämpen, der zum Schlachtgraun schreitet,
   Umklirrt das Eisen schaurig wild und laut,
   So, zürnend mit der Zeit Bedrängniß, gleitet
   Das deutsche Lied, daß schier vor ihm uns graut.
   Es gilt den Kampf für Recht und Licht und Freiheit,
   Und eisern klingt das Lied für diese Dreiheit.

   Nie ist ein Land und Volk so reich erklungen,
   Als heut des deutschen Liedes Ernst und Scherz;
   Der deutsche Geist hat jedes Volk bezwungen,
   Er nahm die Brüder an das große Herz;
   Sie flüsterten ihm zu in ihren Zungen,
   Erzählten ihm des Lebens Lust und Schmerz;
   Drum schwelgen wir in des Gedankens Fülle,
   Der uns entzückt mit seiner bunten Hülle.

   Doch andre Zeiten nahn, wenn wir geschieden;
   Ich höre ihren segenvollen Schritt.
   Dann ruht Germania, mit sich selbst in Frieden,
   Errungen ist, um was sie feindlich stritt;
   Dem Sohn ist zum Genuß die Frucht beschieden,
   Um derentwillen schwer der Vater litt.
   Er wohnet still im Schatten jener Rechte,
   Die Kampfpreis sind dem lebenden Geschlechte.

   Nun sage mir: wenn Deutschland ganz sich fühlet,
   Und sich erkennt in seinem eignen Werth,
   Ob's dann wohl noch nach fremden Schätzen wühlet,
   Da reichre Dichtung blüht am eignen Herd?
   Wenn erst der heiße Freiheitstrieb gekühlet,
   Wer singt ein Lied noch, das ein schneidig Schwert?
   Wenn wir uns anschaun in dem eignen Volke,
   Deckt fremden Nachklang des Vergessens Wolke.

   Dann kehrt der Enkel zu den Männern wieder,
   Die deutsch zu sein alleinig sich bestrebt,
   Die nur in deutschen Weisen traut und bieder
   Gesungen, wie sie deutsch auch nur gelebt.
   Die felsenstarken, liebemilden Lieder,
   Bei denen manches Herz schon süß erbebt,
   Sie werden noch von Rosenlippen klingen,
   Noch Manchem glühend zu dem Herzen dringen!

   So bieten wir denn im prophetischen Sinne
   Dem deutschen Jüngling hier den deutschen Mann,
   Daß er aus ihm die Zuversicht gewinne:
   Einst brechen wir der fremden Völker Bann;
   Ein deutscher Haß und eine deutsche Minne
   Sind unsre höchsten Ehrenzeichen dann;
   Und frei von fremden Flitterputzes Glanze
   Verschlingt sich Geist und Weis´ in Einem Kranze! “

 

1860

Moleschott, Jac. Der Sturz der neuen Harnstoff-Religion durch ihre eigenen Jünger. In: Untersuchungen zur Naturlehre des Menschen und der Thiere. VII. Band, Giessen. Digitalisiert von Google

[S. 543] ´Kaum hatte der Hund Fleisch angesetzt, so vermehrte sich alsbald die Menge des Harnstoffes wieder, weil sich nun die sich umsetzende Körpermasse des Thieres vergrössert hatte.´
   Wer die drei Sätze mit einer Aufspeicherung von Kraft (Electricität=Kraft=Bewegung) zusammenreimen kann, hat wahrlich aus Häckerling Gold schon gemacht. “

 

1860

Heyse, Paul. Ueber italiänische Volkspoesie. In: Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft. Erster Band. Berlin. Digitalisiert von Google

“[S. 186] Tommaseo hatte einige schüchterne Vorgänger und fand an Marcoaldi, Tigri und Nigra sehr bald die eifrigsten Nachfolger. Beiläufig sei hier erwähnt, daß es diese Männer selbst dankbar anerkennen, die Anregung zu ihrem Unternehmen aus Deutschland empfangen zu haben. Wir begegnen den Namen Göthe, Herder, Uhland, Arnim, Brentano und Wackernagel, die als Succurs gegen die Angriffe und den Spott der Akademiker herbeigeholt werden. Diese Befreiung von einer altersschwachen Schultyrannei ist die jüngste Wohlthat unter den vielen, die das literarische Italien seit Göthe von Deutschland empfangen hat; die jüngste, aber wahrscheinlich die größte und folgenreichste. Wenn die Italiäner noch eine neue Blüte der Poesie zu hoffen haben, so wird sie durch die Befruchtung mit dem Geiste ihrer echten Volksdichtung heranreifen, wie wir selbst von Bürger´s Leonore und Göthe's Erlkönig eine neue Aera unserer Literatur datiren.“

 

1860

Nathusius, Maria. In: Tagebuch einer Reise nach der Provence, Italien und der Schweiz. Halle. Digitalisiert von Google

“[S. 362] Wir gingen nachher mit B. und G. in die neue Residenz, den (schon erwähnten) von diesem Könige neu erbauten Flügel des Schlosses. Die Zimmer sind alle (al Fresco) ausgemalt, meist pompejanisch und reich geschmückt, viele überladen. Unten drei Zimmer von Schnorr aus den Nibelungen. Der Kronsaal sehr schön, weiß und gold, die Stuckarbeit von Schwanthaler, der Thronhimmel und die Vorhänge von dunkelm Sammet. Eine Reihe Zimmer von den jungen Malern gemalt (je zu den Werken eines Dichters ein Zimmer.) Am besten gefiel mir das Zimmer von Voltz zu Bürgers Gedichten. Wir wurden durch diese Zimmer mit einem ganzen Heer (von andern Besuchern) geführt, es war amusant: als wir im Vorsaal eine Weile schweigend gewartet, uns angesehen, kamen zwei Leute, der eine ging vorn, der andere hinten, so wurden wir durchgetrieben.“

 

1860

Anonym. Rez. Leben und Dichten Günthers, von O. Roquette. In: Die Grenzboten. II. Semester. III. Band. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 284] Man hat Günther oft mit Bürger verglichen, und äußere Aehnlichkeiten springen in der That leicht in die Augen: aber auch die Verschiedenheit ist nicht klein. Bürgers Größe liegt in den Balladen, überhaupt in den Gedichten, welche nicht subjectiv sind, während die Mollylieder und Elegien mit Günthers Gedichten derselben Art nicht den geringsten Vergleich zulassen. Das ´Hohelied von der Einzigen´ gehört zu den langweiligsten und ledernsten Gedichten, die in deutscher Sprache geschrieben sind; nicht, wie Schiller meinte, weil der Gegenstand und die dazu gehörige Empfindung eine unmoralische oder eine unharmonisch gebildete war, sondern weil dem Dichter jener Spiegel fehlte, die Bewegungen seines Innern wiederzugeben. Bürger hatte eine sehr starke, ungezügelte Subjectivität, aber nicht das Talent der subjectiven Dichtung; Schiller hatte es ebensowenig: was er von seinem Innern erzählt, ist nicht der Rede werth; sein Talent liegt ganz in der Richtung Bürgers, während Goethe in höherm, geläutertem Sinn das war, was wir bei Günther nur in der schönen Anlage erblicken.“

 

1860

Wolfsohn, Wilhelm. Rez. Elisabeth Charlotte. Schauspiel von Paul Heyse. In: Wissenschaftliche Beilage der Leipziger Zeitung, 24. Mai. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 170] Da tritt Ludwig aus dem Hintergrunde, wo er mit Rose gestanden, in den Vordergrund und erkündigt Angesichts des schon vor ein paar Scenen aus der Bastille entlassenen Gesandten den Friedensabschluß mit der Pfalz. Frieden! Frieden! Alles macht Frieden, die Herzogin sogar mit der Maintenon, Monseigneur sogar mit der Kammerfrau seiner Gemahlin, einer Figur, welche den derben deutschen Volkshumor vertritt und dem Herzoge ganz im Geschmack der Bürger´schen Frau Schnips den Text gelesen.“

 

1860

Casper. Das Gespenst des sogenannten Brandstiftungstriebes. In: Die Kunstfehler der Ärzte. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 261] Nun was ist denn dort herausgekommen? wir haben es oben mitgetheilt, und nur die Geschwornen haben gut gemacht, was die gerichtliche Psychologie der Sachverständigen verderben wollte. Es erinnert dies an die Verse:
    ´Es war mal ein Abt, ein gar stattlicher Herr;
     Nur Schade: sein Schäfer war klüger als er.´ “

 

1860

Frenzel, Karl. Gaillat und de Biefve. In: Bremer Sonntagsblatt vom 19. Februar. Digitalisiert von Google

“[S. 58] Die Lieder, welche den Inhalt der Erzählung wiederholen, sind regelmäßig für die Drehorgel eigens angefertigt und herzlich schlecht. Syntax und Grammatik, Rhythmus und Reim, Deutlichkeit und Schönheit erleiden Schlag auf Schlag, und man begreift, wenn man ein solches Lied gelesen hat, mitunter nicht mehr, wie das Ding zu einem solchen Namen kommt.
      Zu diesen Novellen zähle ich 35 Nummern meiner Sammlung, darunter auch in zwei Drucken des Pfarrers Tochter zu Taubenhain mit einem noch etwas längeren Gerechtigkeit an dem Junker von Falkenstein übenden Anhange; der einzige mir bekannte Fall, daß ein erzählendes fliegendes Blatt ganz aus Versen besteht. “

 

1860

H. M. Die englische Uebersetzung der Briefe Alexander von Humboldt's. In: Blätter für literarische Unterhaltung Nr. 24 vom 14. Juni 1860 Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 443] Einige Anmerkungen bedürfen selbst einer kleinen Berichtigung: Theodor Mundt z. B. war nicht, wie hier erzählt wird, an der königlichen Bibliothek, sondern an der Universitätsbibliothek in Berlin als Bibliothekar angestellt, und hat diese Function schon seit längerer Zeit niedergelegt. Humboldt bemerkt einmal scherzend: ´Des Pfarrers Tochter von Taubenheim (Charlotte Diede) hat vielleicht einige krankhafte Anfälle von Prüderie gehabt.´ Hierzu wird in einer Note bemerkt: ´The title of a well known ballad of Burger's which has passed into a designation of girlish timidity and prudery.´ In diesem Sinne ist des Pfarrers Tochter von Taubenhain (nicht Taubenheim) wol nicht sprichwörtlich, noch hier von Humboldt so aufgefaßt worden; wenn Humboldt die Freundin seines Bruders des ´Pfarrers Tochter von Taubenheim´ nennt und darüber spöttelt, daß sie in ihrem Alter ´Anfälle von Prüderie´ gehabt, so geht die Pointe auf ganz etwas anderes als auf ´girlish timidity and prudery´. “

 

1860

Heine, Heinrich. A. Scheffer. In: Der Salon, Erster Band. Hamburg. Digitalisiert von Google

“[S. 19] Scheffers ´Leonore´ ist, in Hinsicht der Farbengebung weit ausgezeichneter als seine übrigen Stücke. Die Geschichte ist in die Zeit der Kreuzzüge verlegt und der Maler gewann dadurch Gelegenheit zu brillanteren Costümen und überhaupt zu einem romantischen Colorit. Das heimkehrende Heer zieht vorüber, und die arme Leonore vermißt darunter ihren Geliebten. Es herrscht in dem ganzen Bilde eine sanfte Melancholie, nichts läßt den Spuk der künftigen Nacht vorausahnen. Aber ich glaube eben,weil der Maler die Scene in die fromme Zeit der Kreuzzüge verlegt hat, wird die verlassene Leonore nicht die Gottheit lästern und der todte Reuter wird sie nicht abholen. Die Bürgersche Leonore lebte in einer protestantischen, skeptischen Periode, und ihr Geliebter zog in den siebenjährigen Krieg, um Schlesien für den Freund Voltaires zu erkämpfen. Die Scheffersche Leonore lebte hingegen in einem katholischen gläubigen Zeitalter, wo Hunderttausende, begeistert von einem religiösen Gedanken, sich ein rothes Kreuz auf den Rock nähten, und als Pilgerkrieger nach dem Morgenlande wanderten, um dort ein Grab zu erobern. Sonderbare Zeit! Aber, wir Menschen, sind wir nicht alle Kreuzritter, die wir, mit allen unseren mühseligen Kämpfen, am Ende nur ein Grab erobern? Diesen Gedanken lese ich auf dem edlen Gesichte des Ritters, der, von seinem hohen Pferde herab, so mitleidig auf die trauernde Leonore niederschaut. Diese lehnt ihr Haupt an die Schulter der Mutter. Sie ist eine trauernde Blume, sie wird welken aber nicht lästern. Das Scheffersche Gemälde ist eine schöne, musikalische Composition; die Farben klingen darin so heiter trübe, wie ein wehmüthiges Frühlingslied.“

 

1860

Rezension Julius Lammers, Op. 6. Zehn Gesänge für eine Mezzo-Sopran- oder Bariton-Stimme mit Begleitung des Pianoforte. In: Neue Zeitschrift für Musik, 1. Januar. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 5] ´Aus meinen Thränen sprießen´ von Heine, ´Gute Nacht mein Herz´ von Geibel und ´Das Blümchen Wunderhold´ von Bürger sind im besten Sinne volksthümlich. “

 

1860

d. R. Berlin. Revue. In: Neue Berliner Musikzeitung, 4. April, Berlin. Digitalisiert von Google

[S. 106] Die Königl. Oper brachte uns wohlvorbereitet eine interessante Novität, nämlich die dreiactige komisch-romantische Oper ´Weibertreue oder Kaiser Conrad vor Weinsberg´ von Gust. Schmidt, die wir im besten Sinne des Worts Volksoper nennen können, da der Stoff wie die Musik sich im Allgemeinen auf populärem Gebiete bewegen. Der Stoff behandelt einestheils jene bekannte Volkssage, welcher gewiss ein historisches Factum zu Grunde liegt, die jener joviale alte Holzschnitt verewigt hat mit der naiven Unterschrift: ´Nichts geht wohl über Weiberlist, ein Beispiel hier von Weinsberg ist!´ Bürger hat diese hübsche Sage (romantisch, wie alles was die Hohenstaufen betrifft), deutsch grobkörnig versificirt, und ihm schliesst sich zunächst der Operndichter, welcher wahrscheinlich mit dem Componisten identisch ist, an. [...] Die Oper schliesst mit einer Strophe des Bürger'schen Liedes auch musikalisch populär ab. - Die hiesige Darstellung war in allen äusseren Einrichtungen eine vorzügliche, namentlich rief das sinnige Schlussbild einen humoristischen Eindruck in schönster Weise hervor.“

 

1860

Erfurt. In: Neue Berliner Musikzeitung, 26. December Berlin. Digitalisiert von Google

[S. 414] Der vorzüglich gebildete dramatische Rhetor, Hr. Hofschauspieler Gram aus Weimar, erfreute uns mit einigen Vorträgen, unter denen besonders Bürger's ´Lenore,´ mit Pianoforte-Begleitung von Liszt, sehr treffend in allen Momenten gezeichnet, hervortrat.“

 

1860

Anonym. Berlin, 22. Jan. In: Augsburger Postzeitung, 27. Januar. Augsburg. Digitalisiert von Google

“[S. 136] Daß dieselbe, wie früher, so auch jetzt der in den Händen der Juden nnd Protestanten befindlichen Presse zur Zielscheibe der Verdächtigungen und Angriffe dient, gereicht ihr zur Ehre, und findet auf sie mit Recht das Sprichwort seine Anwendung: ´Es sind die schlechtesten Früchte nicht, an denen die Wespen nagen.´ Doch zur Sache. “

 

1860

Balladen, Gesänge und Lieder für eine Singstimme mit Pianoforte. In: Verzeichnis des Musikalien-Verlages von Breitkopf& Härtel  December. Digitalisiert von Google

“[S. 139] Reissiger, C. G., Op. 13. 6 deutsche Lieder
No. 1. Der Gärtner. Mit dem frühsten Morgen.
 -  2. Der Schäfer. ln den Schatten jener Bäume.
 -  3. Röslein. Wohl ein einsam Röslein stand.
 -  4. Das neue Leben. Eia! wie so wach und froh.
 -  5. Schwanenlíed. Mir thuts so weh im Herzen.
 -  6. Das Heimweh. Oft, in einsam stillen Stunden. “

 

1860

Müller-Samswegen, Emil. Aeltere Lesart einer Gellert'schen Fabel. In: Blätter für literarische Unterhaltung, 29. November. Digitalisiert von Google

“[S. 885] Oft gerade die einfachsten, natürlichsten Lieder der größten Dichter sind nicht Eingebungen des Moments, sondern erst in vielfachen Ueberarbeitungen und Wiederüberarbeitungen gereift. Dafür bieten nicht aus der Neuzeit allein Heine und Nikolaus Lenau die schlagendsten Beispiele, sondern auch aus früherer Zeit Goethe und Schiller. Ganz besonders gilt dies aber von den Liedern, die den wahrhaft volksthümlichen, und für eine lange Dauer volksthümlichsten, Ton anschlugen. Bürger's ´Lenore´ hört sich an, als wäre sie in einem Zuge vom Dichter niedergeschrieben, als könne und müsse jeder auf das ´Lenore fuhr ums Morgenroth, empor aus schweren Träumen´ wie von selbst fallen. Und doch weiß man, mit welcher Langsamkeit Bürger Strophe für Strophe oft in tage-, nein mehr, in wochenlangen Pausen dichtete. Doch das war noch Bürger, dem man gern das Genie abspräche, wenn es nur ginge. Aber auch ein Gellert, der zwar nicht für ein großes Genie gelten kann, aber doch bei seiner Harmlosigkeit mit fast grenzenloser Leichtigkeit gedichtet zu haben scheint, mußte sich sehr dazuhalten, wollte er den rechten Ton treffen.”
 

1860

Groth, Klaus. Trina, Kiel. Digitalisiert von Google

“[S. 171] As se man eerst enige Mal dar wen weer, les de Broder se geern sülbn wat voer. Vel wuß he uten Kopp, ok vun sin egen Saken, un so hör Trina dat am leefsten, besunners in Düstern, wenn man sik man kum mehr seeg. He much geern de gresigen Stücken herseggn, un harr ok recht en Stimm darto, as Lenore fuhr ums Morgenroth, des Pfarrers Tochter zu Taubenhein, de weern al so as en Musik de ünner de Eer rut kumt. Dar weer Trina nich all unbekannt, awer dat keem er nu op eenmal bet anne Seel. Darto wuß he jümmer vun de Dichters to vertelln as harr he se kennt un mit se levt, un dat war Een all dütli. Vun Bürger vertell he besunners vel, ok vun den kranken Hölty, de Üb' immer Treu un Redlichkeit dicht harr, aewerhaupt am leefsten vun de de vel Unglück un Trurigs belevt harrn, un dat weer bi de meisten Dichter, gewöhnli weer de Lev mit daran Schuld, un he vergeet ni dat recht antodüden. - Dat weer doch ganz anners as blot lesen! Wa keem he awer all darbi? Dat weer doch ganz anners in Möldorp.”
 

1860

Flachsland, Hermann. Zweites Bild. In: Moderne Odyssee, Darmstadt. Digitalisiert von Google

“[S. 8] Zweites Bild.

Gar herrlich ist es doch am Rhein,
Da wächst der allerbeste Wein;
Drum sucht' ich auch nicht weit davon
Mir eine neue Condition.

Ich kam nach Landau und nach Lahr,
Nach Rastadt und nach Bretten gar,
Woselbst Melanchton, wie Ihr wißt,
Einst auf die Welt gekommen ist.

Und als in Lahr — man denke nur —
Um's Morgenroth Lenore fuhr,
Verzapfte ich den Wallheim auch
Mit einem angeschnallten Bauch.”

 

1860

Lampert, L. Im Tauernhaus. In: Unterhaltungen am häuslichen Herd, Nr. 31. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 485] Die Betten freilich - da schienen die Herren vom Reisehandbuch recht zu haben - die sahen nicht danach aus, als ob sie in sehr vertrautem Umgang mit dem Wasser, das hier oben doch wohlfeiler als ´Brombeeren´ ist, stünden; die Zimmer waren so niedrig, daß Leonore, wenn sie hier ´ums Morgenroth aus ihren Träumen emporgefahren wäre´, sich sicherlich den Schädel eingestoßen haben, dadurch freilich aber auch ihrem Unglück entgangen sein würde; [...].”

 

1860

Anonym. In: Nationalzeitung, 29.08.

“Schon Bürger hat es in seinem Märchen vom Kaiser und Abt verrathen:
   ´Der Mann, der das Wenn und das Aber erdacht,
   Hat sicher aus Häckerling Gold schon gemacht.´
Das ´Wenn´ ist das mächtige Wort. Man braucht nur die Beweisgründe als das, was sie sind, als Voraussetzungen aufzufassen, und - die Sache ist gemacht!”

 

1860

Anonym. Wien, 24. Oktober. In: Warschauer Zeitung, (17.10.1860) 29.10.

“Vielleicht war es auch ein Jurist, dem die Worte galten: ´Ein Kaiserwort soll man nicht drehn noch deuteln!´ Hoffen wir,daß der freie Wille des Kaisers in der angemessenen Weise sich diese tüchtigen Kräfte erhalte, deren das Vaterland doch in kurzer Frist benöthigt sein wird.”

 

1860

Aichinger, Georg. Frechheit und kein Ende. In: Bayerisches Volksblatt (Regensburger Morgenblatt), 26.04.

“[S. 158] All das Gift, das im nämlichen Artikel der ehrenwerthen ´Blätter für literar. Unterhaltung´ auf Wittmanns Biographen gespritzt ist, geht mich nichts an. Derselbe mag sich von den Weisen solche Menschen zu behandeln, die ihm am meisten zusagende auswählen, und sich mit Lessings [!] Worten trösten:
      Wenn Dich die Lästerzunge sticht,
      So laß dir das zum Troste sagen,
      Die schlechtsten Früchte sind es nicht,
      Woran die Wespen nagen.”

 

1860

Aus dem Anhaltinischen Harze. In: Magdeburgische Zeitung, 10.11.

“In Bezug auf den Hrn. Minister v. Schätzell aber erlauben wir uns gleichfalls mit den Worten eines großen Dichters und von den Zeloten seiner Zeit vielfach geschmähten Staatsmannes zu schließen:
     Wenn Dich die Lästerzunge sticht,
     So laß Dir dies zum Troste sagen:
     Die schlechten Früchte sind es nicht,
     Woran die Wespen nagen.”

 

1860

Mannigfaltigkeiten. In: Erheiterungen (Aschaffenburger Zeitung), Erheiterungen 09.12.

“[S. 1180] Den Besuchern des thüringer Waldes [...]. ´Wag es keiner, der nicht Schaden nehmen will, näher zu kommen, denn es sind unserer sechs! Nun fahr' zu Schwager!´ und im sausenden Galopp geht es den Berg hinab, daß Roß und Reiter schnoben und Wind und Funken stoben.”
 

1860

Dresdner Nachrichten 24.10.

"Zweites Theater.Im Altstädt. Gewandhaus)
  Mittwoch, den 24. Oktober:
Lenore. oder: Die Braut im Wahn. Vaterländisches Schauspiel mit Gesang in 3 Abtheilungen nach Bürgers gleichnamigem Gedicht von K. v. Holtey. Musik von K. Eberwein."
 

1860

Anzeige. In: Dresdner Nachrichten 09.10.

1860 Dresdner Nachrichten 09.10.

1861

Minckwitz, Johannes. Gottfried August Bürger. In: Der neuhochdeutsche Parnaß 1740 bis 1860. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 62] Der Kummer über dieses Mißverhältniß [dritte Ehe] während eines so langen Zeitraums, die ununterbrochene geistige Anstrengung bei hartem Arbeiten und die fortdauernde Qual, welche ihm die Unsicherheit seines Auskommens aufbürdete, erschöpfte endlich die letzten Kräfte des Mannes, den die Nation unter ihre Lieblingsdichter rechnete, aber durch die gemeine Denkart ihrer Vertreter im Stiche ließ. Selbst die Freude über den gewonnenen Ruhm vergällte ihm ein neidisches Verhängniß. Der um elf Jahre jüngere Schiller, dessen Ansehen schon damals nicht gering war, focht die Verdienste desselben im Jahre 1791 durch eine einseitige Recension an, deren Forderungen zwar im Princip großentheils richtig, aber zu hochgespannt waren. Die Unterschätzung dessen, was er wirklich geleistet hatte, verletzte den körperlich und geistig leidenden Bürger auf das empfindlichste und mußte sein Selbstvertrauen um so mehr untergraben, als die Hoffnung auf Besserung seiner äußerlichen Lage, deren schlimme Beschaffenheit der edle Schiller wahrscheinlich nicht kannte, durch einen rücksichtslosen und theilweise ungerechten Angriff von Seiten eines Fachgenossen nicht gesteigert werden konnte. Wie aber durfte er vollends in solcher Lage und ohne einen Mäcen hoffen, jene Schiller'schen Ideale zu erreichen? Bekümmert nnd gebrochen, doch geduldig in sein Schicksal ergeben, verschied er am 8, Juni 1794.
     Bürger's Leben bildet von seiner Jugend an bis zu seinem Tode einen fortwährenden Kampf. An jeden Fehler, den er beging, an jede Schwäche, die er sich zu Schulden kommen ließ, knüpfte gleichsam ein zürnender Dämon mehrfache Unfälle. Dies rechtfertigt seinen Charakter gegen kleinlichen Tadelspruch, während wir ihm für sein Ringen dankbar sein müssen. Einer der Ersten, die seit der Wiedergeburt unserer Litteratur auftraten, war er der Erneuerer der deutschen Ballade in naturwahrem und vollsthümlichem Style, der Bahnbrecher auf diesem Gebiete für alle nachfolgenden Dichter. Wenn seine Darstellung nicht frei von rohen Schlacken ist, einzelne Wendungen niedrig oder gemein und schlüpfrig erscheinen, so ist das keineswegs ein Mangel, der mit der Persönlichkeit des Dichters selbst in Verbindung zu bringen wäre, sondern eine Folge seines Strebens nach möglichster Popularität der Ausdrucksweise, wofür er noch keine Muster vorfand. In einer Zeit, wo Goethe und Schiller unsere poetische Sprache durch ihren glänzenden Flug noch nicht gehoben hatten, konnte Bürger leicht bisweilen gegen den Geschmack fehlgreifen und der späteren Kritik Blößen geben, die seiner Individualität (wie schon Schiller unbedachtsam that) zur Last gelegt wurden. Durch reiche Produktivität nicht hervorragend, hat sich Bürger doch den besten Lorbeerkranz unter den Mitgliedern des Göttinger Dichterkreises verdient.“

Der vollständige Beitrag in der ONLINE-BIBLIOTHEK

 

1861

Ludwig, G. Handbuch der Universalgeschichte, Band 2 

“[S. 874] Nicht der Geringste im Kreise dieser wahrhaft berufenen Dichte war Gottfried August Bürger (1748-1794). Die Energie seines Genius erwies sich hinlänglich darin, daß er in einem Leben voll meistens selbstgeschaffener Leiden, voll Noth und Bedrängniß, nicht unterging und sich frisch erhielt zum dichterischen Schaffen. Er bildete sich fort durch sorgfältige Prüfung italienischer, spanischer, mehr aber noch englischer Vorbilder. Die Kenntnißnahme altenglischer und schottischer Volkslieder befruchtete seinen empfänglichen Geist. Er wurde echter Volksdichter, ausgezeichnet durch Klarheit, Frische und rege Kraft. “

 

1861

Müller-Samswegen, Emil. [Rez.] Johann Christian Günther von Otto Roquette. In: Blätter für literarische Unterhaltung.  Digitalisiert von Google

[S. 302] Auf dem Gebiete der Geschichtschreibung stehen sich bekanntlich zwei Weisen ziemlich schroff gegenüber. Die eine legt an das Geschehene nur und immer nur den strengen sittlichen Maßstab an; sie weiß sehr viel davon zu sagen, wie viel an den und den Ereignissen, an den und den Leistungen eines großen Mannes fehle, damit sie gewissen Idealen entsprächen. Die andere dagegen läßt die Thatsachen als solche gelten; sie darf nicht umsonst eine vorzugsweise diplomatische genannt werden, indem sie stets das eigentliche Behagen an dem Tatsächlichen an und für sich in den Vordergrund stellt. In der Literaturgeschichte kennen wir bis jetzt fast nur jene erste Methode. Worin besteht sie? Nachträglich kommen wir da mit dem sittlichen Princip und deduciren vielleicht recht gut und schön, wie es im Leben dieses und jenes Dichters hätte sein müssen. Die Theorie von dem eigenen Verdienste oder dem alles bewältigenden Genie, wie man mystischer spricht, durch das ein Schiller und Goethe als einzig dastehen, und andererseits die Theorie von der eigenen Schuld, durch die ein Günther, Bürger, Lenz, neuerdings ein Nikolaus Lenau untergegangen, klingt gut, aber sie klingt meist nur gut. Der gegenüber wird sich sicherlich über lang oder kurz (und vielleicht nach entgegengesetzter Seite etwas zu einseitig) eine Methode, jener diplomatischen Geschichtschreibung analog, geltend machen und möglicherweise aus Anlaß des übertriebenen Schiller-Cultus, der, wenn er vollständig berechtigt ist, für einen heruntergekommenen Menschen wie Günther gar nichts übrig läßt. Und noch mehr als das! Was für eine Bedeutung hat es der Thatsache vom 10. November 1859 gegenüber, wenn wir nun plötzlich einen Günther wieder ans Licht ziehen! Wie gesagt, vielleicht ist es nur die liebe deutsche Redseligkeit und Gründlichkeit, die ihr Gefallen daran hat.
   Wir sprachen von geistigem Feudalismus. Unsere Literarhistoriker werden den Vorwurf von sich weisen. Sie werden sagen, eben um einem geistigen Feudalismus nicht das Wort zu reden, betonen wir die Theorie vom eigenen Verdienste und dem alles bewältigenden Genie. So ? Aus den Verdiensten wie vieler anderer Leute mußte denn aber erst ein Schiller Nutzen ziehen, ehe er das werden konnte, was er geworden? Mußten nicht ein Gottsched, ein Bürger, die göttinger Dichter, ein Leisewitz, ein Lessing, mußte nicht auch ein Günther voraufgehen, mußten diese es nicht theilweise schlecht machen, damit er es besser machte! O gewiß, es hat auch sein Gutes, wenn der Spieß einmal umgedreht, ja wenn betont wird: die Verhältnisse zumeist bestimmen den Erfolg oder Nichterfolg der menschlichen Bestrebungen. Wenigstens in einer Lebenssphäre wir der des Dichters, die so unendlich viel des Unberechenbaren in sich schließt, sollten wir diesen Factor nicht unerwähnt lassen, da sowol, wo wir ein Leben des größten Erfolgs, als auch da, wo wir ein Leben des schmählichen Falles vor uns haben. Sonst finden wir auf dem schwierigen Gebiete der schöngeistigen und literarischen Thätigleit die notwendige Ausgleichung zwischen den Glücklichen und minder Glücklichen nicht; sonst erscheint uns das gesammte schöngeistige und literarische Thun und Treiben nur ähnlich den Kampfspielen, bei denen es sich um die Bekränzung eines Siegers und die wegwerfende Zurücksetzung der Zurückgebliebenen handelt.
   Und das ist es eben, die Hast, mit der wir nach geistigen Kampfspielen verlangen, mit der wir einen einzelnen oder einzelne zur Demüthigung anderer und vieler anderer krönen; die Rücksichtslosigkeit, mit der wir recht sehr vielen vorwerfen, daß sie uns, die wir nur als thatlose Zuschauer dabeistehen, durch ihre Werke nicht denselben Nimbus verleihen wie einige klassische Koryphäen: das ist es, was wir die Hege und Pflege des geistigen Feudalismus nennen.
   Nicht weiter! Es wird uns schon manches unserer Worte verdacht, uns vielleicht sogar eine Gereiztheit gegen den Schiller-Cultus vorgeworfen werden, während wir doch nur die Literatur als eine Ruhmesquelle nicht für einzelne Erwählte, sondern für jedes ehrliche Verdienst ausgelegt wissen möchten.“

Der vollständige Beitrag in der ONLINE-BIBLIOTHEK

 

1861

Düringsfeld, Ida von. Anzeige. In: Norbert Dujardin. Breslau.  Digitalisiert von Google

“[o.S.] Im Verlage von Joh. Urban Kern in Breslau sind erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben:
Leonhard, Emil. Gottfried August Bürger; ein deutscher Poet. Dichtung. geh. 12 1/2 Sgr. geb. 22 1/2 Sgr.
Drastische Scenen aus dem wechselvollen Leben des Dichters, in episch-lyrischer Form, auf die wir das gebildete Publikum, welches Bürger als Volksdichter hochschätzt, aufmerkam machen. “

 

1861

Germanus, Hermann. Die Männer und Ereignisse der letzten achtzig Jahre. 13. Hölty, die beiden Stolberg und Bürger. Digitalisiert von Google

“[S. 172] Bekannter und wegen seines volksthümlichen Tones in weitern Kreisen beliebt, als die Vorigen ist Gottfried August Bürger, eins jener verloderten, zu nichts Nützlichem anstelligen, in jedem Koth sich wälzenden Dichtergenies, wie sie die frühere Zeit öfter, die neueste nur noch seltner hervorbrachte.

[S. 173] Obgleich er in den Rechtswissenschaften der vollendetste Laie geblieben war, ernannten ihn dennoch, in Folge der Fürbitten Boie's, die Herren von Uslar zu ihrem Justizbeamten zu Altengleichen bei Göttingen.

[S. 174] Selbst von Andern erborgte Manuscripte verkaufte er zu seinem Besten, so die "Wunderbaren Reisen und Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen", welche von einem Göttinger, Namens Johann Georg Scharff, einem wegen seines Humors damals allgemein geliebten und mit dem Freiherrn Hieronymus Karl Friedrich von Münchhausen innig befreundeten Manne geschrieben, aber keineswegs zum Druck bestimmt waren.

[S. 175] Es sind nur wenige Gedichte, durch welche Bürger seinen Ruf als Volksdichter erlangt hat. Leonore, des Pfarrers Tochter von Taubenhain, der wilde Jäger, das Lied vom braven Manne und einige andere. Die meisten würden dagegen besser vernichtet, indem sie von dem Schmutz starren, in welchen Bürgers Leben versenkt war. Schiller sprach ihm geradezu die Gabe des Idealisirens ab und sagte: "seine Muse trage einen zu sinnlichen, oft gemeinsinnlichen Charakter, Liebe sei ihm selten etwas anderes, als Genuß oder sinnliche Augenweide, Schönheit oft nur Jugend, Gesundheit, Glückseligkeit nur Wohlleben. Schlegel war zwar milder, wies aber doch darauf hin, daß Bürger in seinen Nachbildungen englischer Balladen Alles in das Gröbere und Derbere herabgezogen und den Stoss unnütz in die Breite gedehnt hätte.”

 

1861

Pröhle, Heinrich. Rezension: Deutsche Dichter, Erläutert von Götzinger. In: Zeitschrift für das Gymnasialwesen: im Auftrage und Mitwirkung des Berlinischen Gymnasiallehrer-Vereins, Band 15.

“[S. 275] Das Bedeutendste in dem Werke sind die Erläuterungen zu Klopstock, Schiller, Bürger und Uhland. Bei Schiller ist da, wo es sich um die reine Deutung der Worte handelt, das Richtige wohl nicht immer getroffen. Von Bürger wird zuerst die Lenore abgedruckt und erläutert. Wie Wilhelm Wackernagel, so war also auch schon vor langen Jahren Götzinger der Ansicht, dass dieselbe zur Erläuterung in Schulen sehr wohl geeignet sei. Ref. begreift zwar die Lehrer an Töchterschulen nicht recht, welche versichern, dass selbst sie dies Gedicht ganz unbedenklich in der Schule vorlesen. Allein wie überhaupt in neuerer Zeit ein Bedenken hat ausgesprochen werden können, ob dies Gedicht in Schulen zu erläutern sei, ist nicht minder unbegreiflich, da alle etwa anstössige Stellen sich in schauerliche Bilder auflösen, welche nichts als Tod und Grab bezeichnen sollen. Bedenklicher steht es mit den gleichfalls von Götzinger aufgenommenen Weibern von Weinsberg. Dass der Kraftausdruck [was die Wand bepißt] in der 3. Strophe biblisch ist, ändert nichts: denn durch die veränderten Zeiten wird er in Bürger's Munde von selbst frivol. Ueberhaupt aber wollen wir nicht verhehlen, dass wir bei dem Gebrauche solcher Dichter wie Bürger trotz ihrer classischen Form die grösste Vorsicht anwenden zu müssen glauben. Mögen immerhin mit Ruhm bedeckte Lyriker unserer Tage mit der Linken die Gedichte eines Johann Christian Günther verändern und beschneiden, um ihn mit der Rechten als literarhistorische Schönfärber gleichzeitig auf den erhöhten Sitz zu heben, auf dem sie den so Herausgeputzten nun gegen einen Gervinus glauben vertheidigen zu können! Wer von Bürger die ungedruckten Briefe lesen muss und mehr und mehr aus denselben eine üble Persönlichkeit herausliest, wird Schiller beistimmen müssen, welcher, vielleicht zufällig misstrauisch gemacht gegen die Persönlichkeit des Zeitgenossen, gerade Bürger gegenüber verlangte, dass die Person des Dichters es werth sein solle, vor Mit- und Nachwelt ausgestellt zu werden.”

 

1861

Scherr, Johannes. Deutschland. In: Allgemeine Geschichte der Literatur: Ein Handbuch 1861

“[S. 442] Gottfried August Bürger (geb. am 1. Jan 1747 zu Molmerswende bei Harzgerode, gest. am 8. Juni 1794 zu Göttingen), dessen unglückliche Lebensverhältnisse alle Nachtseiten eines deutschen Dichterlebens aufzeigen, ist weitaus das bedeutendste Talent des Göttingischen Dichterkreises. Bürger hat in seinem ganzen Wesen die größte Wahlverwandtschaft mit Schubart, auch darin diesem gleich, daß er seinen Dichtungen die höhere Weihe der Kunst nicht zu geben vermochte. Durch sein Dichten geht ein volksmäßiger, frisch lyrischer Grundton, mit welchem das anempfundene und angelernte teutonische Bardenthum nicht stimmen wollte, weßhalb wir auch bei Bürger dasselbe nicht treffen. Aber es waltet in ihm ein Freiheitsdrang, der an Wahrheit und intensiver Kraft die Freiheitsstürmerei der Hainbündler weit hinter sich läßt, und Bürgers in eine einzige Strophe gefaßter "Mannestrotz" wiegt hunderte hohlbrüstiger Bardenlieder auf. Sein wesentlichstes poetisches Verdienst, seine nachhaltigste Wirksamkeit entspringt aus der Wiederaufnahme der lange verstummt gewesenen Balladendichtung, wobei ihn Percy's Sammlung englischer Volksballaden auf die rechte Spur brachte. Er wählte seine Stoffe mit glücklichem Takt und behandelte sie mit dramatischer Lebendigkeit, malerischer Anschaulichkeit und sprachlicher Virtuosität. "Lenore" (1773), das "Lied vom braven Mann" und "die wilde Jagd" sind seine Meisterstücke.“

 

1861

Eichendorff, Joseph Freiherr von. Die Poesie der modernen Religionsphilosophie. In: Geschichte der poetischen Literatur Deutschlands.  Digitalisiert von Google.

“[S. 303] Nur Bürger blieb sein Leben lang ein Student: unordentlich im Leben, Lieben und Dichten, bald hinter dem Schreibtische fleißig den Homer übersetzend, bald als stattlicher Ritter mit seinem "Karl von Eichenhorst" hoch auf dem Dänenroß, bald wieder sein Bündel schnürend und auf lustiger Wanderschaft in den Kneipen seines "Dörfchens" oder bei "Frau Schnips" einkehrend. Bürger war ein echter Sangesmund, der melodischste Klang war ihm eingeboren und hat z.B. in seiner unsterblichen "Lenore" Wunder gethan. Das machte ihn so populär vor allen seinen Zeitgenossen, daß er Lust und Schmerz, den Dämon und den Engel in der eigenen Brust, überall sich selber ganz und unverhohlen gab. Aber seine Popularität hat eben deshalb häufig etwas Renommistisches, Forcirtes, ja widrig Gemeines. Denn ihm fehlte zum Volksdichter, wonach er strebte, nichts als die sittliche Haltung und Würde, deren Mangel sich aber unter dem leichten durchsichtigen Gewande des Volksliedes nicht wie in der vornehmen Gelehrtenpoesie mit verschnörkelter Rhetorik verhüllen oder gar verschönern läßt.”

 

1861

Bölte, Amely. Julia von Krüdener und Kaiser Alexander. Berlin. Digitalisiert von Google

“[S. 98] Bin ich mich einer Schuld bewußt, so ist es die, zu sehr für diese Welt gelebt und mein ganzes Glück schon hier gefunden zu haben! Das soll man nicht! Ich weiß wie sündlich es von mir war und dennoch hätte ich mit Bürgers Leonore ausrufen können: ´Bei ihm allein ist Seligkeit und ohne ihn ist Hölle!´ Die Strafe wird nicht ausbleiben und ich bin darauf gefaßt und bete, sie möge auf mein Haupt allein fallen und meine Lieben Alle verschont lassen; dann, dann will ich auch Alles hinnehmen. Alles tragen! “

 

1861

Boegekamp, H. Justus Möser. In: Morgenblatt für gebildete Leser. 20. August. Stuttgart. Digitalisiert von Google

“[S. 809] Eine Consequenz von Mösers Vorliebe für das Volk ist auch seine Vorliebe für die Volkspoesie. In einer Zeit, die im gesammten Mittelalter nichts als Raubritterthum sah, meint er, daß auch unsere Vorfahren gesungen hätten, und zwar gut gesungen hätten. Er kennt und schätzt sogar die Minnelieder aus dem Zeitalter der Hohenstaufen, von welchen er mehrere dem geheimen Kriegsrath Ursinus in Berlin mittheilt. Bei dieser Gelegenheit kommt er auch auf das Mährchen zu reden, das er zwar nicht nach seiner poetischen Tiefe, sondern nur nach seinem moralischen Werthe schätzt. ´Oft,´ schreibt er an Ursinus, ´habe ich gewünscht, daß ein Bürger unsere alten Volkserzählungen, die zuweilen so kräftig sind und immer noch den Mann ergötzen, wenn er die Freuden der Jünglinge geschmacklos findet, behandeln möchte. Oft habe ich den heiligen Petrus mit dem gedoppelten Schlüssel und andere Maschinen der christlichen Mythologie, welche in diesen Erzählungen, so wie überhaupt alle Götter in dem ersten Fortgange der Dichtkunst, so gute Dienste thun, bewundert.´ “

 

1861

Koseritz, Kurt von. Zur Geschichte von Schillers literarischem Streite mit Bürger. In: Morgenblatt für gebildete Leser. 17. December. Stuttgart. Digitalisiert von Google

“[S. 1213] Die berühmte Recenssion von Bürgers Gedichten, welche Schiller im Jahre 1791 in der Allgemeinen Literaturzeitung veröffentlichte, hatte ihm damals sogleich ein Heer von Widersachern erweckt und ihn in eine heftige literarische Fehde verwickelt, deren gehässige Wendung ihm manche Stunde verbittern sollte. Denn die Begeisterung, welche Bürgers originelle Erscheinung zuerst hervorgerufen, war so groß, daß er in kurzer Zeit eine Schaar von Jüngern um sich versammelt sah, welche, trotz seiner eigenen, und zwar etwas anmaßenden Warnungen, aus dem von ihm eingeschlagenen Wege der Populärdichtung, wie er selbst sie zu nennen pflegte, blindlings nachfolgten und, im Verein mit der Menge seiner Anbeter, eifersüchtig über den Ruhm ihres Meisters wachten. Dem gerechten Tadel, welchen Schiller über so manches Anstößige und Verfehlte in Bürgers Dichtungsart nicht zurückhalten konnte, legte ihre gehässige Anschauungsweise sogleich das Motiv des Neides unter, und bis auf den heutigen Tag hat sich diese irrige Ansicht noch immer nicht ganz verlieren wollen. Es heißt danach, Schiller habe durch seine bittern Worte dem armen Bürger noch die letzten Jahre seines ohnehin freudelosen Lebens vergällt, und diese kleinliche Eifersucht auf den Dichter des Volkes sey ein schwarzer Fleck in seinem Charakter. Aber mit Recht dürfen wir behaupten, daß diejenigen, welche dieser Tradition huldigen, dieß eben nur blindlings thun; denn wer sich mit Bürgers Gedichten und der Recension derselben ernstlich vertraut gemacht hat, wird bestimmt die letztere ohne Zaudern unterschreiben.

[S. 1239] Das ist nach Bürgers Sinn ein deutsches Volkslied; aber trotz der genauen Copirung aller Situationen, wie unendlich verschieden vom englischen! Es ist wirklich ein grausames Armuthszeugniß, welches der deutsche Dichter, der stolz sich selbst Volkssänger nennt, eben diesem seinem Volke dadurch ausstellt; denn er scheint dasselbe jeder feineren natürlichen Empfindung für unfähig zu halten, indem er gerade da, wo uns die treue Zeichnung des Originals durch ihre Zartheit und kindliche Naivetät am meisten fesselt und rührt, mit grobem Mauerpinsel die grellsten Farben aufträgt.

[S. 1241] Das Resultat einer solchen sichtenden Zusammenstellung von Original und Bearbeitung [Die Entführung] muß, wie wir sehen, hier unter allen Umständen höchst unvortheilhaft für Bürger ausfallen, denn sie liefert uns den Beweis, daß der Dichter die rechte Bedeutung der Volkspoesie verkannt habe; und gewiß würde Schiller, wären ihm zu der Zeit, wo er seine Recension schrieb, diese Vorbilder gegenwärtig gewesen, keineswegs unterlassen haben, dieselben an das Licht zu ziehen, um dasjenige, was ihm schon sein richtiges Gefühl eingegeben, mit den bündigen Beweisen zu unterstützen, auf eben welche er in dem oben angeführten, später beigefügten Zusatze anspielt.

[S. 1242] Daß diese schottische Ballade [Sweet Williams ghost] Bürgers Vorbild bei der Dichtung seiner Leonore gewesen sey, liegt außer Zweifel; aber schwerlich wird ihm hieraus jemand einen Vorwurf machen wollen, sondern jeder Deutsche wird dein Dichter dankbar seyn, der unsere Literatur um ein so schönes, ächt volksthümliches Gedicht bereichert hat. Doch um so mehr müssen wir auf der andern Seite bedauern, daß er sein Ziel so oft aus dem Auge verloren und seine großen Gaben häufig so unwürdig verwerthet hat. Zwar haben an diesem Mangel die äußern, höchst unglücklichen Lebensumstände Bürgers großen Theil, was er selbst auch oft so rührend in seinen Gedichten ausspricht; aber, wie Schiller sagt, wenn es auch noch so sehr in des Dichters Busen stürmt, muß Sonnenklarheit seine Stirn umfließen.
   Hätte Bürger doch das erkannt, als es noch Zeit war, und dem wohlmeinenden Rathe seines großen Recensenten nicht voll Unwillen und beleidigten Stolze das Ohr verschlossen, der so theilnehmend als wahr am Schlusse seiner Recension sagt: ´Wenn indessen irgend einer unserer Dichter es werth ist [...]´ “

 

1861

Pott, August Friedrich. Gründung der Etymologie auf Bedeutung der Laute. In: Etymologische Forschungen auf dem Gebiete der Indo-Germanischen Sprachen. Lemgo und Detmold. Digitalisiert von Google

“[S. 261] Uebrigens mißkenne ich gewiß nicht, das sei noch erinnert, die oftmals tiefe Bedeutsamkeit und Symbolik, die sogar in den bloßen Laut gelegt ist. Z. B. Hu hu, ein gräßlich Wunder. Oder ebenfalls bei Bürger: Es flimmert und flammert so traurig. Das zweite, vom Dichter selbstgeschaffene Wort sagt mit seinem volleren a (aus: flammen; vgl. Flitter und flattern) noch etwas mehr und Anderes, als der hörbare Vertreter des Lichts, das helle i im ersten. Beide zusammen malen durch die Verschiedenheit in der Wiederholung! “

 

1861

Büchner, Luise. Mein Onkel, oder die Stufenleiter der Leidenschaften. In: Aus dem Leben. Leipzig. Digitalisiert von Google

[S. 434] Alle Entführungsgeschichten gleichen sich auf ein Haar; es ist darum unnöthig, daß ich diese ausführlicher erzähle. Ein ´Dänenroß´ konnte der Onkel sich natürlich nicht satteln lassen, denn er hatte keines, aber Romeo's Strickleiter wird auch ihm gute Dienste geleistet haben. ´Erwischt werden, oder nicht erwischt werden´ - dies ist allein die Frage, und in diesem Falle wurde sie für die Liebenden glücklich gelöst. “

 

1861

Anonym. Die alten englischen und schottischen Balladen. In: Morgenblatt für gebildete Leser, 5. Februar. Stuttgart und München. Digitalisiert von Google

“ [S. 125] Alle diese altenglischen Liebesballaden sind sehr lang und deßhalb ungeeignet, citirt zu werden; nur eine kurze Probe will ich aus einer derselben geben, um die Innigkeit des Tons, die Unschuld der Sprache fühlbar zu machen. Zu dieser Innigkeit des Tons, zu diesem im besten Sinne Rührenden pflegt sich in vielen Fällen noch eine Feinheit des Ausdrucks, ein ästhetisches Maßhalten zu gesellen, das mit Rücksicht auf die Zeit, in der diese Dichtungen geboren wurden, den Leser in Erstaunen setzen muß.
     Bürger - seine Manen mögen mir das verzeihen - hatte nur ausnahmsweise ein Gefühl für diese Vorzüge, und glaubte durch jene Kraftsprache, worin er nur allzusehr Meister war, nachhelfen zu müssen. Es sey mir gestattet, als Beleg für diesen Ausspruch eine Parallele zu ziehen zwischen den ersten Strophen der alten Ballade ´the Child of Elle´ und dem, was Bürger in seinem ´Karl von Eichenhorst´ daraus gemacht hat. Bürger beginnt:
  ´Knapp´ sattle mir mein Dänenroß,
  Daß ich mir Ruh erreite.
  Es wird mir hier zu eng im Schloß;
  Ich will und muß in's Weite!´
  So rief der Ritter Karl in Hast,
  Voll Angst und Ahnung, sonder Rast.
  Es schien ihn fast zu plagen,
  Als hab´ er wen erschlagen.

  Er sprengte, daß es Funken stob,
  Hinunter von dem Hofe,
  Und als er kaum den Blick erhob,
  Sieh da! Gertrudens Zofe!
  Zusammenschrack der Rittersmann,
  Es packt ihn wie mit Krallen an
  Und schüttelt ihn wie Fieber
  Hinüber und herüber.

  ´Gott grüß Euch, edler junger Herr,
   Gott geb´ Euch Heil und Frieden!
   Mein armes Fräulein hat mich her
   Zum letzten mal beschieden,
   Verloren ist Euch Trudchens Hand;
   Dem Junker Plump von Pommerland
   Hat sie, vor aller Ohren,
   Ihr Vater zugeschworen.´

[...]

Das sind die ersten fünf Strophen der Bürgerschen Bearbeitung. Ohne den unsterblichen Verdiensten unseres großen Balladendichters zu nahe zu treten, darf doch dieß alles (unter Anerkennung einzelner Schönheiten) eine völlige Renommirsprache nennen, und einfach innig klingen im Vergleich damit die Worte des Originals!

  Jung-Willy streifte durch Wald und Feld,
  Es war noch früh am Tag,
  Da sah er Schön-Ellens Pagen
  Her kommen über den Hag.

  Jung-Willy ging entgegen ihm
  Und reicht ihm seine Hand;
  Es war auf einem Hügel,
  Wo blühender Ginster stand.

  ´Nun grüß dich Gott, lieber Page mein,
  Und sey willkommen allhier!
  Was macht meine liebe Lady,
  Und welch Zeichen sendet sie mir?´ -

  ´Deine Lady sitzet im Kämmerlein
  Und weinet Tag ein, Tag aus,
  Sie weinet ob der Feindschaft
  Zwischen ihrem und deinem Haus.

  ´Und sie schickt dir dieses seidene Tuch,
   Und viel Grüße nebenher,
   Und bittet dich ihrer zu denken,
   Die dich geliebt so sehr.

[...]

Diese wenigen Strophen, die überhaupt als eine Probe für den einfachen und innigen Klang dieser Liebesballaden dienen mögen, werden zur Genüge zeigen, wie sehr die Bürger´sche Hyperkraft darauf aus war, von der schönen Simplicität des Originals abzuweichen. “

Der vollständige Beitrag in der ONLINE-BIBLIOTHEK

 

1861

Kittlitz, F.H. v. Die deutschen Singvögel. In: Die Natur. Halle 19. Juli. Digitalisiert von Google

“[S. 228] Wer hätte sich noch nicht an den kräftigen Locktönen erfreut, die den Silben: Fink! Fink! so ähnlich klingen, und an der gewandten Dreistigkeit des Vogels selbst, der zumal im Frühjahr so gern den Menschen auffallend nahe kommt; wie denn auch der Dichter Bürger sagt:
       ´Nicht selten hüpft, dem Finken gleich im Haine,
       Der Flattersinn mir keck vor's Angesicht´“

 

1861

Corvin, Otto von. Drittes Capitel. In: Aus dem Leben eines Volkskämpfers. Erster Band. Amsterdam. Digitalisiert von Google

“[S. 21] Auch Malers waren sehr achtbare, fromme Leute, welche sich mehr um Literatur bekümmerten wie mein Vater. Wenigstens fanden sie Geschmack an der Poesie und hatten eine Bibel und Bürger's Gedichte, während meines Vaters ganze Bibliothek aus sechs Bänden Veterinärschriften, einem kleinen Taschenbuch mit einem Theil des dreißigjährigen Krieges nebst Kupfern, und einem Theil von Kotzebues Luftspielen - Pachter Feldkümmel - bestand.“

 

1861

Düntzer, Heinrich. Goethe und Karl August. Studien zu Goethes Leben. Erster Theil, Leipzig. Digitalisiert von Google

[S. 116] Ueber Ringleben, wo er noch einiges, wahrscheinlich bei den Wasserbauten, zu sehn hatte, kehrte Goethe am 15. März allein nach Weimar zurück. Am 16. ist er bei Hofe. Der Herzog ging nach Göttingen und Kassel. In Göttingen besuchte er einige Professoren, unter ihnen Lichtenberg, eilte aber sodann nach dem zu Appenrode wohnenden Dichter und Amtmann Bürger; nachdem er einige Zeit bei ihm geweilt, nöthigte er ihn, nach Heiligenstadt ihn zu begleiten, wo sie die Nacht zusammen verbrachten. Es trieb ihn, den Mann kennen zu lernen, von dessen dichterischer Begabung vor allen seine Lenore glänzend zeugte, dessen erwartete Uebersetzung des Homer von Weimar aus unterstützt worden war. Freilich war an seine Berufung nach Weimar, wovon bald ganz Göttingen träumte, nicht zu denken, da der Herzog nur zu sehr seine innere Verworrenheit erkannte. Bekanntlich wandte sich Bürger im folgenden Jahre wegen einer Anstellung an Friedrich den Großen, wo er abschläglich beschieden ward.“

 

1861

Kröger, Johann Christoph. Das Unhaltbare und Gefährliche der materialistischen Naturanschauung. Zweite vermehrte Auflage. Hamburg. Digitalisiert von Google

“[S. 7] ´Der Geist muß denken; ohne Denken gleicht der Mensch dem Ochs und Eselein im Stalle; sein Herz muß lieben: Gott und den Nächsten wie sich selbst; ohne Liebe gleicht er dem tönenden Erz und der klingenden Schelle, und verfehlt den Zweck seines Daseins.´ — In diesen Aussprüchen, geehrte Anwesende, stimmen Dichter und Theologen, Vernunft und Bibel, Philosophie und Offenbarung mit einander überein.“

 

1861

Müller, J. Geschichte von Böhmen von Einwanderung der Bojer bis auf unsere Tage. Prag. Digitalisiert von Google

“[S. 174] Zwar drang ein zweites preußisches Heer in den Leitmeritzer Kreis, allein Laudon hatte bei Münchengrätz eine so treffliche Stellung genommen, dass jedes weitere Vordringen der Preußen verhindert ward. Nach manchen Gefechten und Eroberungen einzelner Städte empfanden Maria Theresia und ihr Gegner Friedrich das Bedürfnis des Friedens. In Teschen, in Oberschlesien, ward am 13. Mai 1779 der Frieden geschlossen. —
      ´Und jedes Heer mit Sing und Sang,
      Mit Paukenschall und Jubelklang.
      Geschmückt mit grünen Reisern —
      Zog heim zu seinen Häusern.´ “

 

1861

Löbell, Johann Wilhelm. Zwölfter Brief. In: Historische Briefe. Frankfurt a. M. und Erlangen. Digitalisiert von Google

“[S. 86] Gegebene Verheißungen unter allerlei Vorwänden und Ausflüchten nicht zu erfüllen, ließ er sich immer leicht überreden. Das vollste Gegentheil des Ausspruchs ´Ein Kaiserwort soll man nicht drehn noch deuteln´ geht durch seine ganze Regierung. “

 

1861

Rapp, Moriz. Schiller. In: Das goldne Alter der deutschen Poesie. Zweiter Band. Tübingen. Digitalisiert von Google

“[S. 185] Die schwächste Seite von Schiller's Aesthetik kommt bei seiner ästhetischen Critik zu Tage; er war viel zu sehr in Principalsätzen befangen, um sie auf's Concrete mit einiger Sicherheit anzuwenden. So hat er einigen Zeitgenossen bittres Unrecht gethan. Der erste war Bürger, dessen bedeutendes lyrisches Talent ihn darum anwiderte, weil darin die wilde Kraft seiner eignen Jugendperiode zu erkennen war und Bürger doch nicht die Kraft hatte gleich Schiller sich zum Idealismus der Bildung zu erheben; da es ihm am guten Willen gewiß nicht fehlte, so war der Vorwurf ebenso grausam als ungerecht. Ebenso ungerecht war er gegen seinen großen Nachfolger Jean Paul, wo er sich dem vornehm ablehnenden Göthe anschloß, den dabei vorzugsweise politische Sympathieen leiteten; der alte Wieland war hierin viel gerechter und überhaupt der unbestechliche Anerkenner jeder wahrhaften Kraft. Auch gegen Holberg war Schiller ungerecht, während er Gozzi, villeicht um Goldoni zu erniedrigen, über alles Verdienst schätzte. Dagegen ließ sich Schiller bei andern Erscheinungen der Literatur durch den bloßen Nimbus der Tradizion blenden und hat oft das Verkehrte, Schwächliche und Manierierte als bedeutend anerkannt, ja construiert. So fiel es ihm nie ein an dem elenden falschen Ossian zu zweifeln weil die Engländer und alle Welt ihn priesen; aus demselben Grund hat er den schwächlichen Richardson'schen Roman bewundert und nachgeahmt; an Göthe's Egmont wagte er einige harte Ausstellungen, aber über die Schwächen des Wilhelm Meister war er blind, weil ihm der energische Freund persönlich imponierte; die sehr manierierte Mosaik der Mathisson'schen Lyrik, die Schlegel richtig erkannte, hat er weit über ihr Maß erhoben. “

 

1861

Anonym. Spät, doch nicht zu spät. In: Unterhaltungsblatt der Neustadter Zeitung, 2. November, Neustadt a. d. H. Digitalisiert von Google

“[S. 526] Der Trotz des Mannes beleidigte den König und erzürnte ihn auf's Heftigste. Wie das gekommen, erfuhr er nicht. Der Abschied erfolgte in kühlen Ausdrücken für den Rittmeister Heumar — ohne Pension! — Von da an erfuhr Niemand mehr etwas von dem wackern Manne. Der Krieg nahm endlich ein Ende, wie der Dichter mit den Worten sagt:
   ´Der König und die Kaiserin,
   Des langen Haders müde,
   Erweichten ihren harten Sinn
   Und machten endlich Friede.´
Es war nach dem Frieden viel Zeit zerronnen. Seydlitz lag in Garnison. Seine Gemahlin, mit der er in sehr betrübten Verhältnissen lebte, vergnügte sich, abgesondert von ihrem Manne, in allerlei Lust und Kurzweil, wozu rauschende Bälle besonders gehörten.”

 

1861

Fraas, K. Theorie der Liebe. In: Westermann's Illustrirte Deutsche Monatshefte, März, Braunschweig. Digitalisiert von Google

“[S. 586] Schon beim Eintritt fand er Joli, den Mops, vor Frost zitternd und wimmernd an der untersten Stufe kauernd - aus der Küchenthür quollen die Augen Jakob's, der schnell mit der Hand vor sie fuhr, wie wenn er ihr Herausfallen durch das Thürzumachen fürchtete, oben auf dem Gang schwebte Lisette, wie Lenore ´früh um's Morgenroth' und die Thür in's Boudoir Ludmillens öffnete ihm die Tante, deren Augenwinkel so scharf wie ein Bratspieß geworden waren.”

 

1861

Anonym. Die alten Eichen von Haßbrook. In: Morgenblatt für gebildete Leser (Morgenblatt für gebildete Stände), 17.12.

“[S. 1209] Hans Jürgen faßte Muth, wagte es zurückzukehren, lauschte wieder, und da glaubte er die leibhaftige Stimme seiner eigenen Braunen zu vernehmen. Endlich blickte er in den hohlen Baum hinein, und siehe, da erblickte er - er war so froh, wie Frau Magdalis - sein armes Thier in modrigen Holze eingeklemmt, und - leider in verkehrter Richtung - nach Freiheit zappelnd.”

 

1861

G- Die belgischen Maler. In: Süddeutsche Zeitung, Morgenblatt 08.10.

“Joseph Lies gleicht nicht nur dem Namen nach Hrn. Leys, sondern er ist auch Fleisch von seinem Fleisch; auch er ornirt mit glänzendem Farbenteig mittelalterliche Holzschnitte. ´Balduin VII. übt Gerechtigkeit´ wider die frechen Junker und läßt einen derselben, welcher der Frau Magdalis ihre Kuh genommen hatte, am Thore seines Schlosses aufhängen. Im Jahre 1450 wäre das ein sehenswertes Bild gewesen, aber wissen wir 1861 nichts weiter darzustellen? Und dennoch muß man sagen, daß der an einen Pfeiler gebundene Junker mehr Leben im Leibe hat als der ganze Leys.”
 

1861

Briefkasten-Revue. In: Augsburger Tagblatt, 15.09.

“Den anonymen Briefschreibern vom 11. ds. Mts. Unser Trost:
  Wenn Dich des Lasters Zunge sticht,
  Laß Dir zum Troste sagen:
  Die schlechsten Früchte sind es nicht,
  Woran die Wespen nagen!      A. G. u. A. St”

 

1861

Anzeige. In: Neue Augsburger Zeitung, 16. Juni

“Das überall mit sehr vielem Beifall aufgenommene und heute hier zur Aufführung kommende Volks-Drama ´die Pfarrerstochter von Taubenheim´ wird der eben hier anwesende Verfasser, Volksdichter Ferdinand Fränkel, selbst in Scene setzen.”
 

1861

Vermischtes. In: Weißeritz-Zeitung 12.02.

“Bei dieser Gelegenheit wollen wir bemerken, daß jüngst eingezogenen Erkundigungen nach, jetzt mit dem Drucke des Auszuges aus dem Kataloge begonnen ist, der die großen Gewinne bis zu 2 Thlr. Werth herab enthält. Diese Arbeit wird in 4—6 Wochen beendet sein, zu welcher Zeit auch erst die Einsicht in den Hauptkatalog gestaltet sein wird.
   Geduld, Geduld, wenn's Herz auch bricht,
   Mit Major Serre hadre nicht!"

 

1861

Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 04.07.

1861 Leipziger Tageblatt und Anzeiger 04.07.

1861

Anzeige. In: Wöchentlicher Anzeiger für Lauban und ihre Umgegend 17.04.

1861 Wöchentlicher Anzeiger für die Königl. Preuss. Kreisstadt Lauban und ihre Umgegend 17.04.

1861

Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 07.07.

1861 Leipziger Tageblatt und Anzeiger 07.07.

1861

Anzeige. In: 1861 Wöchentlicher Anzeiger für die Königl. Preuss. Kreisstadt Lauban und ihre Umgegend 17.04.

1861 Wöchentlicher Anzeiger für die Königl. Preuss. Kreisstadt Lauban und ihre Umgegend 17.04.

   bis 1789    1790-1799    1800-1806    1807-1815    1816-1821    1822-1825    1826-1828    1829-1831

 1832-1836    1837-1840    1841-1845    1846-1850    1851-1855    1856-1858    1859-1861    1862-1865

  1866-1868    1869-1870    1871-1880    1881-1897    1898-1915    1916-1949    ab 1950
nach oben

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

29012023-129